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Tai (Anh Khoa Trần, l.) hat vorgesorgt, aber wird Jannik (Lorenzo Germeno) einverstanden sein, den Direktor nicht wieder freizulassen?

© SWR/Studio.tv.film/Oliver Feist

Serie „Nackt über Berlin“: Hier spricht Gott

Was passiert, wenn zwei Schüler den Schulleiter in ihre Gewalt bekommen: Coming of Age, Coming-out, Erwachsenenverzweiflung.

Die Chance ist einmalig: Tai (Anh Khoa Trần) sieht, wie Schulleiter Lamprecht (Thorsten Merten) sturzbesoffen durch die Gegend torkelt. Er informiert seinen Kumpel Jannik (Lorenzo Germeno). Zusammen schließen die beiden Schüler Lamprecht in dessen hochmodernes Apartment ein. Wasser und Strom werden abgestellt, über Bluetooth und Computer wird kommuniziert.

Der totalüberwachte Schulleiter ahnt nicht, wer ihn gefangen hält, der sich nur „Gott“ nennt. Lamprecht verzweifelt mehr und mehr, in seinem Seelenstriptease blättert sich ein Leben auf, das in seinen familiären Grundfesten ruiniert ist. Wenn er gegen andere wütet, wütet er immer gegen sich selbst. Aber auch die 17-jährigen Außenseiter werden mehr und mehr herausgefordert. Von der Gefängniswärter-Situation, von ihren Familien, von sich selbst, voneinander.

Die sechsteilige Serie „Nackt über Berlin“ (arte.tv, ARD Mediathek, 12. Oktober ab 20 Uhr 15 Uhr auf Arte, 13. Oktober ab 22 Uhr 20 im Ersten) von Axel Ranisch und Koautor Sönke Andresen auf der Basis seines gleichnamigen Romans erstreckt sich in vielerlei Gefühlsebenen. Coming of Age, Coming-out, Erwachsenenverzweiflung, Existenzen an Zwischen- und Endpunkten. Axel Ranisch erzählt nicht im Schweinsgalopp, trotz Lamprechts wiederholter Schreierei liegt eine große zärtliche Verzweiflung über der Szenerie. Menschen suchen ihre Wege, ihre Auswege.

Die Geschichte ist bis in die Nebenrollen mit Alwara Höfels und Devid Striesow adäquat besetzt; Anh Khoa Trần, Lorenzo Germeno und Thorsten Merten zeigen eine Leistung, die im Trio Infernal aus Hochgefühl, Ingrimm und Stress aufgeht – getragen und befördert von Janniks Lebenselixier, der Musik: vor allem von Tschaikowsky, dem unglücklichsten aller großen Komponisten.

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