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Roger Waters, Sänger, Komponist und Mitbegründer der Rockgruppe Pink Floyd bei einem Konzert in LA.

© dpa / Foto: Chris Pizzello

Unerwünschter Auftritt: Warum Roger Waters nicht in München singen soll

Die Stadt München versucht, ein Konzert des Pink-Floyd-Gründers zu verhindern. Er steht nicht nur unter Antisemitismus-Verdacht, sondern bekennt sich auch als Putin-Anhänger

Roger Waters wird häufig wegen seiner politischen Äußerungen und Aktionen kritisiert. Wie Israel die Palästinenser behandelt, vergleicht er mal mit dem früheren südafrikanischen Apartheid-Regime, mal mit den Nazis und ihren jüdischen Opfern. Der 78-jährige Musiker, der einst Pink Floyd mit formte, ist für die BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) aktiv. Diese ruft dazu auf, Israel wirtschaftlich, politisch und kulturell zu boykottieren. Auch zum Krieg in der Ukraine hat er eine klare Meinung: US-Präsident Joe Biden sei ein „Kriegsverbrecher“, sagte er unlängst. Die Nato sei durch ihre Osterweiterung schuld an dem Konflikt.

Die Münchner Stadtspitze hatte sich schon 2018 mit Roger Waters angelegt, weil sie seinen Auftritt in der Olympiahalle ablehnte – er spielte aber dennoch. Umso schockierter waren Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und seine zwei Bürgermeisterinnen, als sie erfuhren, dass die städtische Betreibergesellschaft des Olympiageländes die Halle im Mai 2023 erneut an Waters vermietet hat.

„Ich hatte davon keine Kenntnis“, sagt Reiter in einem Statement. Dass das Konzert auf städtischem Grund stattfinden soll, „irritiert mich sehr“. Ähnlich äußern sich Katrin Habenschaden (zweite Bürgermeisterin, Grüne) sowie Verena Dietl (dritte Bürgermeisterin, SPD), die meint: „Es hat keiner gewusst, es wurde nicht thematisiert.“ Dabei ist Dietl Vorsitzende des Aufsichtsrats der Parkgesellschaft.

Intern kracht es nun heftigst. Nils Hoch, Vize-Geschäftsführer der Olympiapark-Gesellschaft, sagte dem Tagesspiegel nur, dass das gelte, was er schon zu Wochenbeginn gesagt habe. Das Thema werde aber „weiter besprochen“. Laut Hoch ist die Rechtsabteilung der Gesellschaft zu dem Ergebnis gekommen, dass man sich der Anfrage der Waters-Konzertveranstalter nicht verweigern könne. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Anfang dieses Jahres in einem Rechtsstreit zwischen einem BDS-Vertreter und der Stadt München entschieden, dass die Kommune einen Saal für eine BDS-Veranstaltung zur Verfügung stellen muss.

Zukünftig müssen sensible Konzerte im Aufsichtsrat besprochen werden

Verena Dietl, SPD, 3. Bürgermeisterin und Aufsichtsratschefin der Oplympiaparkgesellschaft

Gilt das aber auch für ein Konzert vor 15.000 Menschen, auf dem vermutlich auch BDS-Propaganda betrieben wird, das aber vor allem eine künstlerische und kommerzielle Angelegenheit ist? Dazu will derzeit niemand eine Einschätzung geben. Schweigen herrscht auch zur Frage, warum die Gesellschaft niemandem vorher Bescheid gesagt hat. „Zukünftig müssen sensible Konzerte im Aufsichtsrat besprochen werden“, sagt Bürgermeisterin Dietl dem Tagesspiegel.

„Wish You Were Here“, „Shine On You Crazy Diamond“, „Comfortably Numb“ – Pink Floyd hat mit Roger Waters und seinem Kollegen und Gegenspieler David Gilmour Rock-Klassik für die Ewigkeit geschrieben. Doch immer wieder stellt sich die Frage, wie man mit Künstlern umgehen soll, die nicht nur krude, sondern auch gefährliche Ansichten vertreten. Im März setzte man in München den Philharmoniker-Chefdirigenten Valery Gergiev vor die Tür, weil dieser sich als Putin-Freund nicht vom russischen Angriff auf die Ukraine distanzierte.

Pink Floyd’s David Gilmour bei einem Konzert in London im Jahr 2005.
Pink Floyd’s David Gilmour bei einem Konzert in London im Jahr 2005.

© AFP / JOHN D MCHUGH

Der Fall Waters ist für die Miriam Heigl klar. Sie leitet in München die „Fachstelle für Demokratie“, welche über Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit aufklärt. „Roger Waters bespielt immer wieder die Klaviatur antisemitischer Stereotype.“ Seine Äußerungen zum russischen Angriffskrieg seien „durchzogen von Verschwörungsmythen“. Es sei „unerträglich“, wenn er diese auf einer städtischen Bühne verkünde.

Roger Waters’ Konzertveranstalter FKP Scorpio Konzertproduktionen teilt mit: „Wir verurteilen die BDS sowie den schrecklichen Angriffskrieg Russlands klar.“ Darüber stehe man auch „im engen Dialog mit dem Management, das über den berechtigten Diskurs informiert ist und unsere Ansichten kennt“.

Waters’ Konterpart David Gilmour zeigte im April, wie man es auch machen kann: Er brachte die übrig gebliebenen Pink-Floyd-Mitglieder zusammen, und sie spielten mit einem ukrainischen Musiker einen Solidaritätssong für die Ukraine ein – die erste Pink-Floyd-Veröffentlichung seit fast 30 Jahren.

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