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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ eingestuft (Symbolbild).

© dpa/Hendrik Schmidt

WHO warnt vor Krebsrisiko: Verbraucher sollen Süßstoff Aspartam nur in Maßen konsumieren

Die Weltgesundheitsorganisation stuft Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein. Trotzdem ändert sie ihre Empfehlung zur erlaubten Tagesdosis nicht.

Die Nachricht schlug ungewöhnlich hohe Wellen in den Medien. Am Freitagmorgen teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit, dass sie den synthetischen Süßstoff Aspartam ab sofort als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ einstuft.

Der Stoff ist weit verbreitet. Schätzungen zufolge wird Aspartam von 200 Millionen Menschen weltweit regelmäßig konsumiert. Der Zusatzstoff hat in der EU den Code E 951.

Aufgrund seiner hohen Süßkraft – Aspartam ist rund 200-mal so süß wie Zucker – und der sehr geringen Kalorienzahl findet Aspartam mittlerweile Verwendung in zahlreichen Lebensmitteln, etwa in Light-Getränken, Kaugummis, Backwaren und Joghurts. Hersteller nutzen den Süßstoff vor allem, um die Gesamtkalorien eines Lebensmittels im Vergleich zu zuckerhaltigen Alternativen zu senken und damit das Risiko der Gewichtszunahme zu reduzieren. In der Wissenschaft ist dieser Effekt jedoch durchaus umstritten.

WHO empfiehlt keinen Verzicht, aber „Mäßigung“

Grundlage für die Einstufung als „möglicherweise krebserregend“ ist eine Studienauswertung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), eines Gremiums der WHO. Ihre Ergebnisse veröffentlichte die IARC am Freitag in der Fachzeitschrift „The Lancet Oncology“. Demnach sah sie in drei Studien mit Menschen und drei weiteren mit Tieren Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer bestimmten Form von Leberkrebs, dem sogenannten hepatozellulären Karzinom.

200 Millionen
Menschen weltweit konsumieren regelmäßig den Süßstoff Aspartam.

Aufgrund begrenzter Aussagekraft der Studien wurde Aspartam der Gefahren-Kategorie 2B zugeordnet. „Die Informationen, die die WHO für ihre Entscheidung zugrunde legt, sind nicht ganz neu“, sagt Mathias Fasshauer, Ernährungsmediziner und Professor für Ernährung des Menschen an der Universität Gießen. „Dennoch handelt es sich hier eher um eine vorsichtige Einstufung. Stoffe, die beim Menschen gesichert oder wahrscheinlich krebserregend sind, sind in den Kategorien 1 und 2A gelistet.“

In Kategorie 2B finden sich insgesamt rund 320 Substanzen, unter anderen auch Aloe-Vera-Extrakt, Diesel und Kimchi. Wichtig zu wissen: Die IARC betrachtet in ihren Untersuchungen nur, ob ein Stoff grundsätzlich krebserregend wirken kann. Wie hoch die Dosis ist, die beim Menschen dafür erforderlich wäre, und ob diese realistisch erreicht werden kann, spielt dabei keine Rolle.

In der Praxis hat die veränderte Einstufung deshalb vorerst nur geringe Auswirkungen. Darauf verwies die WHO auch umgehend selbst. Francesco Branca, Direktor für Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit bei der WHO, sagte am Freitag: „Wir raten Unternehmen nicht dazu, ihre Produkte zurückzurufen, und wir raten Verbrauchern auch nicht, den Konsum komplett einzustellen.“ Stattdessen empfehle die WHO bezüglich des Aspartam-Konsums lediglich „etwas Mäßigung“.

Bei Einhaltung der Tagesdosis sei Aspartam sicher

Dazu passt: Der für die Risikoanalyse zuständige Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA), gebildet von Vertretern der WHO und der UN-Lebensmittelbehörde FAO, ändert seine Empfehlung für die maximale Dosis Aspartam trotz der neuen Daten nicht.

Diese zulässige Tagesdosis liegt seit 1981 bei 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht. Bis zu dieser Grenze ist der Konsum laut WHO sicher. Um den Maximalwert zu erreichen, so rechnet es die WHO selbst vor, müsste eine 70 Kilogramm schwere Person mehr als neun Dosen eines mit Aspartam gesüßten Softdrinks trinken. „In den üblichen Dosen ist Krebsgefahr daher nicht das größte Problem beim Aspartam-Konsum“, sagt Fasshauer. „Problematisch ist eher, dass Aspartam genau wie andere Süßstoffe entgegen der Erwartung vieler Menschen nicht beim Abnehmen hilft. Auch das hat die WHO erst kürzlich festgestellt.“

Die Internationale Süßstoff-Vereinigung ISA begrüßte die Entscheidung des JECFA und wertete die Entscheidung zur Beibehaltung der bisherigen Grenzwerte für die Tageszufuhr als „erneute Bestätigung der Sicherheit von Aspartam“. Die WHO verweist derweil darauf, dass es weitere und vor allem bessere Studien braucht, um Erkenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen Aspartam und Krebs zu gewinnen. (mit AFP)

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