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Chinas starker Mann Xi Jinping im Kreise hoher Militärs.

© dpa/AP/Xinhua/Li Gang

China als „tickende Zeitbombe“?: Pekings Probleme sind die Probleme der Welt

Die chinesische Wirtschaft schwächelt, der Pakt des Regimes mit dem Volk ist bedroht. Als Mittel dagegen setzt Xi Jinping auf Nationalismus. Das kann global gefährlich werden.

Ein Kommentar von Viktoria Bräuner

Scharfe Worte von Joe Biden: Kürzlich bezeichnete der US-Präsident China als „tickende Zeitbombe“. Er wolle der Volksrepublik „nicht schaden“, aber das Land befinde sich in einer „wirtschaftlich schwierigen Situation“. Das sei „nicht gut“, analysierte Biden, „denn wenn schlechte Menschen Probleme haben, tun sie schlechte Dinge.“

Ein Sprecher Bidens konkretisierte später, der Präsident habe sich auf die innenpolitischen Herausforderungen Chinas bezogen – wirtschaftlich, sozial und kulturell. Diese Spannungen hätten Auswirkungen darauf, wie Peking mit der Welt interagiere. 

Ob Bidens Äußerung politisch klug war, mag dahinstehen. Doch was die US-Regierung sagt, ist nicht falsch. Das Wirtschaftswachstum der Volksrepublik schwächelt; nun rutscht das Land in eine Deflation.

Die Preise sinken, was zwar kurzfristig den Konsum ankurbeln und einen stabilisierenden Effekt haben kann. Doch Ökonomen halten eine solche Entwicklung langfristig für gefährlich, da sie Unternehmensgewinne drückt. Die Folge: Gehaltskürzungen und Entlassungen.

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Erst im vergangenen Jahr warnten Experten davor, dass der riesige chinesische Immobilienmarkt kollabieren könnte – auch mit Folgen für die Weltwirtschaft. Der Baugigant Evergrande war ins Straucheln geraten, was auch im Land Unruhe verursachte. Viele Chinesinnen und Chinesen, die Jahrzehnte auf eine eigene Wohnung gespart hatten, verloren durch Evergrande ihr Geld.

Das Land vergreist, junge Uniabsolventen werden Kellner

Zudem hat das Land dank der jahrzehntelangen Ein-Kind-Politik ein selbstgemachtes Demografie-Problem: Die Gesellschaft vergreist. Während die Arbeitslosenquote insgesamt mit nur vier Prozent relativ niedrig ist, stieg die Jugendarbeitslosigkeit in diesem Jahr auf über 20 Prozent.

Immer mehr junge Menschen haben in China einen Universitätsabschluss, die Zahl qualifizierter Jobs reicht jedoch nicht. Corona und Mega-Lockdowns wie in Shanghai haben Chinas Unternehmen einen Dämpfer versetzt. Viele zögern noch immer mit Neueinstellungen.

Und so nehmen immer mehr gut ausgebildete Mittzwanziger Kellner- oder Kurierjobs an, um zu überleben. Viele bezweifeln, ob sie sich ein Kind leisten können. All das macht unzufrieden. Und genau hier liegt auch das Risiko, das Biden wohl fürchtet. Ihr lasst uns regieren, wir sorgen für euren Wohlstand – das ist der Deal, den Chinas Kommunistische Partei (KP) mit der Bevölkerung geschlossen hat. Doch was, wenn die Rechnung nicht mehr aufgeht?

Partei- und Staatschef Xi Jinping und seine Führungsclique haben bereits einen Plan B – und der heißt Nationalismus. Schon Grundschüler lernen, dass ihr Land von 1,43 Milliarden Menschen anderen überlegen ist. Sie werden zu Patrioten erzogen und bekommen ab der weiterführenden Schule Militärtraining. Immer öfter zeichnen die staatlich kontrollierten Medien ein Bild des Westens, der China unterdrücke.

China will mehr als Handel – es will politisch dominieren

Schon jetzt tobt ein Systemkampf, der nicht zu unterschätzen ist. China baut seinen Einfluss in internationalen Organisationen aus. Es macht andere Länder von sich wirtschaftlich abhängig, um dies für politische Zwecke zu nutzen.

Mit internationalen Initiativen wie dem Seidenstraßen-Projekt will die Diktatur auch ihre eigenen, zweifelhaften Werte in der Welt etablieren. Was China von Menschenrechten hält, zeigt sich unter anderem in der systematischen Unterdrückung in Xinjiang und Tibet. Peking sieht unser demokratisches System und Meinungsvielfalt als Schwäche.

Nun gilt es, die Vereinigten Staaten abzuhängen. Eskalieren könnte der Konflikt um Taiwan. China erhebt Anspruch auf die Insel, obwohl sie nie zur 1949 gegründeten Volksrepublik gehört hat. Doch erst nach einem Anschluss kann sich, so behauptet die KP, ihre Vision von China als dominierender Weltmacht erfüllen.

Die Vorbereitungen für dieses gigantische Patriotismus-Projekt laufen bereits: Bis 2049 will Xi das modernste und schlagkräftigste Militär der Welt kommandieren. Gegen die wachsende Unzufriedenheit im Volk ist eine aggressive Außenpolitik noch immer das Mittel von Diktaturen gewesen.

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