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Ron DeSantis.

© AFP/CHENEY ORR

Bidens Ukrainepolitik in der Kritik: Ron DeSantis nennt Russlands Krieg einen „territorialen Disput“

Die Ukrainepolitik von Joe Biden gerät in den Sog des Wahlkampfes. Floridas Gouverneur Ron DeSantis hat den US-Präsidenten jetzt hart attackiert.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Das war kein Ausrutscher, kein Versehen, keine unbedachte Bemerkung. Nein, seine Worte waren sorgfältig gewählt, der Rahmen seiner Botschaft entsprang raffiniertem Kalkül. Ron DeSantis ist Gouverneur von Florida. Er will Präsident der USA werden, hat seine Kandidatur aber noch nicht offiziell verkündet. Dass er es bald tun wird, gilt als sicher.

Nun hat der 44-jährige DeSantis schriftlich auf eine Frage geantwortet, die ihm und anderen möglichen republikanischen Bewerbern um die Präsidentschaftskandidatur in der vergangenen Woche von Tucker Carlson gestellt worden war.

Carlson arbeitet für den rechtspopulistischen TV-Sender FoxNews. Er ist strikt gegen die amerikanische Unterstützung der Ukraine. Den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nennt er einen „korrupten Antihelden“.

Abschied von der Freiheitsrhetorik Ronald Reagans

Liegt die Unterstützung der Ukraine im vitalen nationalen Interesse der USA? Diese Antwort gab DeSantis: „Die USA haben viele vitalen nationalen Interessen – die Sicherheit unserer Grenzen, die Krise der Einsatzbereitschaft unseres Militärs, die Sicherheit und Unabhängigkeit unserer Energieversorgung, die Herausforderung durch die ökonomische, kulturelle und militärische Macht der chinesischen Kommunistischen Partei. Aber sich weiter in einen territorialen Disput zwischen der Ukraine und Russland einzumischen, gehört nicht dazu.“

Kein vitales amerikanisches Interesse, der Krieg in der Ukraine ein „territorialer Disput“: Das Statement lässt keinen Raum für Interpretationen. Das gilt auch für die Zusatzbemerkung von DeSantis, aktiv auf einen Regierungswechsel in Moskau hinzuarbeiten, würde die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Atomwaffen erhöhen. Außerdem wäre jeder Nachfolger Wladimir Putins wahrscheinlich noch rücksichtsloser als der amtierende russische Präsident.

Immer tiefer gerät die Ukrainepolitik von US-Präsident Joe Biden in den Sog des amerikanischen Wahlkampfes. Die Frontalkritik von DeSantis und Donald Trump spiegelt das wachsende Unbehagen vieler Republikaner über die Unterstützung der Ukraine wider. Alle Umfragen bestätigen: Der überparteiliche Konsens ist vorbei.

Hinzu kommt ein zunehmender Polarisierungsdruck in Wahlkampfzeiten

Der interventionistische Flügel der GOP, rhetorisch in der Tradition von Ronald Reagan, wird schwächer. Der isolationistische Flügel, der an die republikanische Tradition in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg anknüpft, wird stärker. America first.

Trump und DeSantis sind politische Schwergewichte. An ihnen kommt keiner vorbei. In der Popularitätsskala liegen sie weit vor jenen Republikanern, die Bidens Ukrainepolitik im Namen der Verteidigung der Freiheit mittragen – Nikki Haley, Trumps ehemalige UN-Botschafterin, Mike Pence, Ex-Vizepräsident, Mike Pompeo, Ex-Außenminister. Der Polarisierungs- und Profilierungsdruck in Wahlkampfzeiten spielt den Hardcore-Isolationisten zusätzlich in die Hände.

Diese Dynamik wird sich unweigerlich auf den Kriegsverlauf und die Debatte über weitere Waffenlieferungen und die Notwendigkeit eines Waffenstillstands auswirken. Der Westen muss den Zeitfaktor noch stärker als bisher berücksichtigen. Das Risiko, dass sich seine Ukrainepolitik nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl radikal ändern muss, ist real.

Bidens Versprechen, die Ukraine „so lange es nötig ist“ zu unterstützen, hat womöglich ein Verfallsdatum – am 5. November 2024 wird gewählt.

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