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Chinas Präsident Xi Jinping hat in seinem Land mit vielen Problemen zu tun – unter anderem mit Bevölkerungsrückgang.

© AFP/Wang Zhao

Einfluss in Asien: Warum China mit den USA nicht mithalten kann

Der sogenannte Asia Power Index zeigt: Chinas Macht hat durch die selbstgewählte Isolation abgenommen, die USA gewinnen an Einfluss – und auch andere Länder überraschen.

Der Aufstieg Chinas, die Neuordnung der Welt – in den vergangenen Jahren wurde viel über das Reich der Mitte und seinen enormen wirtschaftlichen Erfolg geschrieben. Auf Wikipedia ist „chinesisches Jahrhundert“ bereits ein eingetragener Begriff und bezeichnet „die Vorstellung, dass das 21. Jahrhundert geopolitisch und wirtschaftlich von der Volksrepublik China als Supermacht dominiert sein wird“.

Doch der aktuelle Asia Power Index, der zum fünften Mal vom Lowy Institut, einem in Sydney ansässigen Thinktank, herausgegeben wird, liefert ein überraschendes Ergebnis. Demnach rächten sich Chinas selbst auferlegte Isolation und die Null-Covid-Politik, heißt es in dem Bericht. „Angetrieben von Chinas Konnektivitätsverlust haben die Vereinigten Staaten den ersten Platz in der Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurückerobert.“

Auch insgesamt geht der erste Platz in diesem Jahr erneut an die USA, deren Präsenz in Asien ebenfalls Teil der Betrachtungen ist. „Seit der Einführung des Power-Index im Jahr 2018 stehen die USA jedes Jahr an der Spitze des Index“, sagte Susannah Patton, die Projektleiterin des Index. „Ich denke, das überrascht viele Leute, weil sie davon ausgegangen sind, dass China die Vereinigten Staaten bereits überholt hat.“

Doch die Wirklichkeit sieht nach Angaben von Patton anders aus: Demnach haben die Vereinigten Staaten in Asien immer noch viele Vorteile. Die militärischen Fähigkeiten der USA würden die von China immer noch übertreffen, sagte Patton. „Die US-Verteidigungsnetzwerke, ihre Beziehungen zu Verbündeten und Partnern gehen immer noch weit über das hinaus, was China aufweisen kann.“

Für Taiwan gibt es keine Entwarnung

Dessen Vorteil liege vielmehr im Bereich der wirtschaftlichen Beziehungen mit der Region, bei Handel und Investitionen. „Das ist sicherlich ein Vorteil, aber nicht genug, um China insgesamt vor die USA zu bringen“, sagte Patton. Allerdings glaube sie nicht, dass man aus den Ergebnissen des Machtindex schließen dürfe, dass China nicht alles tun werde, um seine Interessen in Taiwan zu schützen.

Trotzdem zeigt der Machtindex laut Patton, dass China in Asien nicht so dominant sein wird, wie vielleicht einige einst befürchtet haben. Die Idee, dass das Land weiterhin um sieben Prozent pro Jahr wachsen und eine Wirtschaftskraft entwickeln würde, die größer sei als die der Vereinigten Staaten, Europas und deren Verbündeter zusammen, dieser „Mythos“ könne zerstreut werden. „Chinas Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, es steht vor einigen sehr grundlegenden strukturellen Herausforderungen“, sagte Patton. Zu diesen Herausforderungen gehören der Bevölkerungsrückgang, aber auch eine geringere Produktivität und eine weniger günstige Demografie als die USA sie beispielsweise haben.

Auch Indien und Japan enttäuschen

Der Asia Power Index wurde erstmals 2018 veröffentlicht. Er bewertet das Machtgleichgewicht in Asien anhand von 133 Indikatoren in acht thematischen Punkten: Militärische Fähigkeiten und Verteidigungsnetzwerke, wirtschaftliche Fähigkeiten und Beziehungen, diplomatischer und kultureller Einfluss sowie Resilienz und zukünftige Ressourcen.

Es (Indien) ist diplomatisch einflussreich und hat günstige demografische Aussichten.

Bericht zum Asia Power Index

Neben dem unerwarteten Machtverlust Chinas kam der Index auch zu dem Ergebnis, dass Indien „einen lückenhaften Beitrag zum regionalen Gleichgewicht“ leistet. „Es ist diplomatisch einflussreich und hat günstige demografische Aussichten“, hieß es in einem Bericht zum Index. Der Einfluss des Landes konzentriere sich jedoch auf seine unmittelbare Nachbarschaft, die Wirtschaftsbeziehungen zum Rest Asiens seien dagegen schwach.

Auch Japans „Smart Power“-Einfluss nimmt demnach rapide ab, da strukturelle Faktoren den relativen regionalen wirtschaftlichen Einfluss des Landes sowohl in Bezug auf Handel als auch auf Investitionen untergraben. Deswegen würde sich Japan deutlich langsamer als gedacht zu einem wichtigen Verteidigungs- und Sicherheitsakteur in Asien entwickeln.

Indonesien als aktivster diplomatischer Akteur

Die Covid-19-Pandemie hat fast allen Ländern in der Region einen schweren Schlag versetzt, wie die Auswertung des Lowy Instituts ergab. Die Mittelmacht Australien sei als eines der wenigen Länder relativ „unbeschadet aus den drei Pandemiejahren“ hervorgegangen. Auch Südostasien ist – mit Ausnahme des von Konflikten zerrissenen Myanmars – laut Index „dynamischer als je zuvor“.

Indonesien, das zuletzt Gastgeber des G20-Gipfels war und sich auch als Friedensstifter im Ukrainekrieg versucht hat, würde zu den aktivsten diplomatischen Akteuren der Region gehören, hieß es. Auch kleinere Länder wie Kambodscha und Brunei würden durch den erfolgreichen ASEAN-Vorsitz – letzteres ist der Verband südostasiatischer Nationen – ein verbessertes Ansehen genießen.

Überraschend ist vielleicht, dass Russland nach wie vor als fünftwichtigste Macht Asiens im Index rangiert. Allerdings sind hier – aufgrund des Angriffskrieges in der Ukraine – sieben von acht Indexmesswerte rückläufig, insbesondere in der Kategorie „Diplomatischer Einfluss“. Deswegen kommen die Experten des Lowy Instituts zu dem Schluss, dass Russland trotz seiner alten Verteidigungsbeziehungen mit Asien riskiert, in den kommenden Jahren in zunehmende Bedeutungslosigkeit zu verfallen.

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