zum Hauptinhalt
„Die Schwäche Russlands ist offensichtlich“, schrieb Wolodymyr Selenskyj am Samstag beim Kurznachrichtendienst Twitter.

© Imago/Action Press/Ruslan Kaniuka/Sipa

Update

„In Russland fängt alles gerade erst an“: Ukraine wertet Wagner-Aufstand als klares Zeichen für Putins Schwäche

Der ukrainische Präsident Selenskyj und sein Stab sprechen von Chaos in Russland – und halten die nächsten 48 Stunden für entscheidend für das Land.

| Update:

Wird die Ukraine von dem bewaffneten Aufstand der Söldnerarmee Wagner von Jewgeni Prigoschin profitieren? Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht in dem bewaffneten Aufstand jedenfalls ein klares Zeichen der Schwäche von Kremlchef Wladimir Putin. „Die Schwäche Russlands ist offensichtlich“, schrieb Selenskyj am Samstag beim Kurznachrichtendienst Twitter.

„Eine umfassende Schwäche.“ Je länger Russland Truppen und Söldner in der Ukraine halte, „desto mehr Chaos, Schmerz und Probleme wird es später für sich selbst haben“. Weiter schrieb Selenskyj: „Lange Zeit bediente sich Russland der Propaganda, um seine Schwäche und die Dummheit seiner Regierung zu verschleiern. Und jetzt ist das Chaos so groß, dass keine Lüge es verbergen kann.“

Mit Blick auf Putins Angriffskrieg gegen sein Land teilte er mit: „Jeder, der den Weg des Bösen wählt, zerstört sich selbst.“ Der Kremlchef verachte Menschen und habe Hunderttausende in den Krieg geworfen, „um sich schließlich in der Region Moskau vor denen zu verbarrikadieren, die er selbst bewaffnet hat“.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak hält das Schicksal von Putin für offen. „Die nächsten 48 Stunden werden über den neuen Status von Russland entscheiden“, schrieb er bei Twitter.

Möglich seien ein „ausgewachsener Bürgerkrieg“, ein „ausgehandelter Machtübergang“ oder auch eine „vorübergehende Atempause vor der nächsten Phase des Sturzes des Putin-Regimes“.

Weiter schrieb er: „Alle potenziellen Akteure entscheiden jetzt, auf welcher Seite sie stehen.“ In Russland herrsche gerade ein „ohrenbetäubendes Schweigen der „Elite“.

Den Vorstoß Prigoschins nannte er eine „Antiterror-Operation“. Einer müsse auf jeden Fall verlieren, entweder Prigoschin oder seine Gegner. „In Russland fängt alles gerade erst an.“

Russland führt seit 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Neben der russischen Berufsarmee waren dabei aus Kreml-Sicht auch die Wagner-Söldner bislang eine wichtige Einheit.

Selenskyj-Berater spricht von „Antiterror-Operation“

Die zu einem beträchtlichen Teil aus russischen Gefängnissen rekrutierten Wagner-Söldner spielten in den vergangenen Monaten eine wichtige Rolle im Ukraine-Krieg, vor allem bei dem langwierigen und verlustreichen Kampf um die ostukrainische Stadt Bachmut.

Zuletzt entwickelte sich Söldner-Chef Prigoschin – frustriert über Nachschubprobleme und nach seinen Angaben mangelnde Unterstützung durch Moskau – zu einem der vehementesten Kritiker der militärischen Führung Russlands. Immer wieder attackierte er Verteidigungsminister Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow.

Er unterlief sogar Putins Begründung für die Offensive im Nachbarland: „Weshalb hat die militärische Spezialoperation angefangen?“, fragte Prigoschin und antwortete sich selbst: „Der Krieg wurde für die Selbstdarstellung eines Haufens Bastarde gebraucht.“

Die Wagner-Rebellion bedeutet nichts anderes als eine wahre Götterdämmerung für Putin und sein barbarisches Regime.

Andrij Melnyk, ukrainischer Vizeaußenminister und ehemaliger Botschafter in Deutschland

Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk sieht in dem offenen Machtkampf in Russland eine „einmalige Chance“ für die laufende Gegenoffensive der ukrainischen Armee. „Die Wagner-Rebellion bedeutet nichts anderes als eine wahre Götterdämmerung für (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin und sein barbarisches Regime“, sagte Melnyk dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Samstag.

„Der Prigoschin-Aufstand, und zwar egal, wie er ausgeht, bietet eine einmalige Chance für die ukrainische Armee, unsere Gegenoffensive mit neuem Elan voranzutreiben. Aber dieser neue Kampfgeist allein wird für die Befreiung all der besetzten Gebiete leider nicht ausreichen.“

Die Ukraine müsse die Schwäche nutzen, „ungeachtet davon, ob es Putin gelingt, den Wagner-Chef und seinen einstigen Kumpel Prigoschin sowie seine Truppen physisch zu eliminieren“ und einen Staatsstreich in Moskau zu verhindern, sagte Melnyk den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Ukraine fordert weitere deutsche Waffensysteme

Die ukrainische Armee müsse die Gegenoffensive verstärken und versuchen, die feindlichen Linien zu durchbrechen. „Eine schnelle Befreiung aller Gebiete, einschließlich der Krim“, so der Vize-Außenminister, „scheint heute zum Greifen nah. Diese einmalige Chance müssten wir ergreifen“.

Melnyk, der bis zum vergangenen Jahr Botschafter der Ukraine in Berlin war, forderte deswegen erneut erheblich mehr Waffenlieferungen von Verbündeten wie Deutschland.

„Die Ukrainer rufen unsere Partner im Westen, zuallererst Deutschland, dazu auf, ausgerechnet jetzt, wo Russland im Chaos versinkt und seine Schwäche offenlegt, die erforderlichen Militärhilfen massiv zu erhöhen“, sagte er dem RND weiter.

Die Ukraine brauche nicht nur die von westlichen Verbündeten bereits in Aussicht gestellten F-16-Kampfjets, betonte der Vize-Außenminister. Für den Kampfeinsatz würden außerdem deutsche Eurofighter benötigt.

Weiter sagte Melnyk mit Blick auf deutsche Waffensysteme: „Wir brauchen dringend Marschflugkörper Taurus, wir brauchen Kampfhubschrauber Tiger, um russische Truppen in die Flucht zu treiben. Die Bundesregierung sollte ihre letzten roten Linien endlich überschreiten.“ (lem)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false