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Allein 80.000 Syrer leben im Flüchtlingscamp Zaatari. Aber die meisten sind in jordanischen Städten und Dörfern untergekommen.

© AFP/KHALIL MAZRAAWI

Jordanien, die Flüchtlinge und internationale Hilfe: „Einem großen Teil der Syrer droht absolute Armut“

Hunderttausende Syrer leben in Jordanien. Doch die internationale Hilfe könnte schwinden, auch wegen Gaza. Das UN-Flüchtlingshilfswerk warnt vor einer humanitären Krise im Königreich.

Als die Syrer vor Gewalt, Krieg und Diktator Baschar al Assad zu Tausenden ins benachbarte Jordanien flohen, hofften die meisten, schon sehr bald ihr Gastland wieder verlassen zu können. Seitdem sind mehr als zwölf Jahre vergangen – und so gut wie keiner Familie war es bisher möglich, in die Heimat zurückzukehren.

Für Jordanien sind die rund 650.000 registrierten syrischen Flüchtlinge, einige Schätzungen gehen sogar von einer weit höheren Zahl aus, – eine große Herausforderung. Vergleicht man allein die offizielle Zahl der Schutzsuchenden mit der Einwohnerzahl, kommt eine von 15 Personen aus dem kriegsgeplagten Nachbarland.

Das hat erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen. Was sich vor allem auf dem umkämpften Miet- und Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Günstiger Wohnraum – die große Mehrheit der Syrer lebt nicht in den beiden großen Flüchtlingslagern Zaatari und Al Azraq, sondern in Städten oder Dörfern – und Jobs sind rar. Jordanier und Syrer konkurrieren um beides.

Im Gazastreifen herrschen Not, Tod und Leid.

© AFP/SAID KHATIB

Viele Jahre habe die internationale Gemeinschaft die Geflüchteten im Königreich großzügig unterstützt, sagt Dominik Bartsch, Leiter des Jordanien-Programms des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Und: Das Land sei sehr gastfreundlich, die Beziehungen zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Syrern konstruktiv.

„Die Geflüchteten haben zum Beispiel rasch die Erlaubnis bekommen, im Bausektor und der Landwirtschaft zu arbeiten. Doch die Frage lautet: Wird es dabeibleiben, wenn mit dem Gaza-Krieg in der Region eine andere humanitäre Krise entstanden ist?“

Dominik Bartsch ist Repräsentant des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Jordanien. Zuvor war er Vertreter der Organisation in Deutschland.

© PR

Bartsch befürchtet, dass angesichts der vielen Konflikte die Hilfe für Jordanien weiter verringert wird. Schon heute müssten die dortigen Programme mit zehn Prozent weniger Geld auskommen. Und viele Geber verringerten gleichzeitig ihr finanzielles Engagement.

650.000
syrische Flüchtlinge haben in Jordanien Schutz vor dem Krieg gefunden.

Für die in Jordanien lebenden syrischen Flüchtlinge hätte dies vermutlich massive Folgen. Das könne einen großen Teil der Menschen in absolute Armut stoßen, sagt Bartsch. Es drohe nach zwölf Jahren erfolgreicher Arbeit ein bedrückendes Szenario: „Jordanien läuft Gefahr, in eine neue humanitäre Krise abzurutschen.“

Viele syrische Flüchtlingsfamilien seien schon heute hoch verschuldet, oft mit mehr als 2000 Dollar – für jordanische Verhältnisse eine enorme Summe, sagt Bartsch. „Die Menschen haben kaum eine Chance, noch mehr Geld aufzunehmen.“ So könnte es ihnen zum Beispiel passieren, dass sie ihre Wohnungen verlieren, weil Vermieter sie auf die Straße setzen.

In diesem Jahr haben bereits 5000 Menschen Jordanien verlassen.

Dominik Bartsch, Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerks in Jordanien.

Die derzeitige Lage erinnert Bartsch an die Jahre 2015/16, als sich viele Syrer wegen des Kriegs in ihrer Heimat auf den Weg nach Europa gemacht haben. „In diesem Jahr haben bereits 5000 Menschen Jordanien verlassen. Wenn die Hilfe ausbleibt, werden es sicherlich noch mehr.“

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