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Eine Drel-Gleitbombe wird auf dem 2. internationalen Militär- und Technikforum ARMY-2016 im Patriot Park ausgestellt (Symbolfoto).

© imago/ITAR-TASS

Mehr Reichweite, schwer abzufangen: Russland setzt offenbar häufiger Gleitbomben ein – was das für die Ukraine bedeutet

Laut einem Bericht setzt Russland immer häufiger Gleitbomben ein. Für das ukrainische Abwehrsystem stellen sie eine ernste Bedrohung dar.

Eine neue russische Waffe könnte den weiteren Verlauf im anhaltenden Ukrainekrieg maßgeblich beeinflussen. Das berichten hochrangige Militärexperten der britischen Tageszeitung „The Daily Telegraph“.

Demnach soll Russland aktuell vermehrt auf den Einsatz sogenannter Gleitbomben setzen. Mindestens 20 dieser Sprengkörper sollen nach Schätzungen der ukrainischen Behörden täglich über den Kampfgebieten abgeworfen werden.

Die Gleitbomben stellen aktuell eine „sehr ernste Bedrohung“ dar, erklärte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Oberst Jurij Ihnat, gegenüber dem „Telegraph“.

„Der Feind nutzt für Kampfeinsätze entlang der russischen Grenze, an der Frontlinie und an der Küstenlinie die taktische Luftwaffe. In all diesen Regionen setzt der Angreifer seit etwa einem Monat intensiv Gleitbomben ein“, fügte der Oberst hinzu. 

Russlands Gleitbomben gerieten den Berichten zufolge bereits vor zwei Wochen in die Schlagzeilen, als ein Kampfjet versehentlich eine Bombe über der russischen Grenzstadt Belgorod abwarf, wodurch einige Gebäude beschädigt und mindestens drei Menschen verletzt wurden.

Dem Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, zufolge habe der Sprengkörper auf der Hauptstraße in Belgorod einen „riesigen Krater mit einem Radius von 20 Metern“ verursacht.

In der Grenzstadt Belgorod verursachte ein Sprengkörper am 20. April 2023 einen großen Krater.

© IMAGO/ITAR-TASS

Was zeichnet die Gleitbombe aus?

Die Gleitbomben sind westlichen Militärexperten zufolge mit Tragflächen ausgestattet, die ihnen zusätzliche Reichweite verleihen. Dadurch müssen russische Kampfjets nicht mehr in direkter Nähe zur Frontlinie operieren und werden entsprechend auch weniger häufig abgeschossen.

Zudem sollen Gleitbomben extrem niedrig fliegen können, weshalb sie von ukrainischen Radarsystemen schlechter erfasst werden können als beispielsweise konventionelle Langstreckenwaffen.

Weil Russland darüber hinaus elektronische Störsender und Anti-Radar-Techniken einsetze, habe die ukrainische Luftabwehr nur ein sehr begrenztes Zeitfenster, um die Geschosse aufzuspüren und anzuvisieren, berichtet der „Telegraph“ weiter.

Den Experten zufolge sollen die Gleitbomben unkomplizierter und vor allem billiger hergestellt werden können als beispielsweise ballistische Raketen oder Marschflugkörper.

Mit dem fortschreitenden Kriegsverlauf geht Russland die Präzisionsmunition aus. Auch deshalb sollen die Flügelbomben mittlerweile zur bevorzugten Waffe des Angreifers geworden sein.

Gleitbomben sind kostengünstig und einfach herzustellen

Um die Gleitbomben herzustellen, nutzt das russische Militär vor allem alte sowjetische FAB-500-Luftbomben, die mithilfe eines Bausatzes aufgerüstet werden, berichten westliche Militärexperten.

In der Hoffnung, die ukrainischen Bestände an Luftabwehrraketen zu erschöpfen, hatten russische Streitkräfte in letzter Zeit wieder vermehrt auf Angriffe mit Langstreckenraketen gesetzt. Dabei sollen bislang vornehmlich ballistische Raketen, Marschflugkörper und sogenannte Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion sein.

Nun wurde das russische Waffenarsenal augenscheinlich um die weitaus effektiven Gleitbomben erweitert. „Warum sollten sie knappe ballistische Marschflugkörper einsetzen, von denen sie nicht mehr viele haben?“, fragt Oberst Ihnat, wo doch Gleitbomben eine weitaus kostengünstigere Option seien.

Wie reagiert die Ukraine auf die neuen Gleitbomben?

In Anbetracht der zeitnah erwarteten ukrainischen Großoffensive stellt sich die Frage, ob die Ukraine infolge des massiven Einsatzes von russischen Gleitbomben seine Strategie ändern könnte.

Führenden Militärexperten zufolge könnte Kiew seine Luftabwehrsysteme künftig von den Bevölkerungszentren weg verlegen. Eine weitere Lösung bestünde darin, die Gleitbomben mit Patriot- oder anderen Luftabwehrraketensystemen zu bekämpfen.

Die beste Lösung wären Oberst Ihnat zufolge moderne westliche Kampfjets. Aus logistischen Gründen bevorzugt das ukrainische Militär Kampfjets des Typs F-16, die über weitreichendere Radarsysteme und Luft-Luft-Raketen verfügen.

„Schon ein oder zwei dieser Kampfjets würden zur Abschreckung ausreichen. Die russischen Streitkräfte würden ein paar dieser Flugzeuge bemerken und weitere Angriffe direkt vermeiden“, prognostiziert Luftwaffen-Oberst Ihnat.

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