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Ehemalige russische Häftlinge, die von der Wagner-Gruppe für die Kämpfe in der Ukraine rekrutiert wurden, begehen nach ihrer Rückkehr offenbar teilweise schwere Straftaten. 

© IMAGO/SNA

Von Wagner rekrutiert: Begnadigte Ex-Häftlinge begehen in Russland offenbar Morde und andere Straftaten

Rund 50.000 Gefängnisinsassen wurden schätzungsweise von der Söldner-Gruppe Wagner rekrutiert. Viele von ihnen fallen nach der Rückkehr wohl in alte Muster zurück.

Ehemalige russische Häftlinge, die von der Wagner-Gruppe für die Kämpfe in der Ukraine rekrutiert wurden, begehen nach ihrer Rückkehr offenbar teils schwere Straftaten. Das berichtet die Nachrichtenagentur „AP“, das oppositionelle Medium „verstka“ sowie das russische Exilmedium „meduza“.

Nachdem Russland zu Beginn des Kriegs hohe Verluste erlitten hatte, griff die Söldner-Gruppe vermehrt auf Häftlinge zurück. Um die Insassen zu überzeugen, stellte man ihnen Amnestie in Aussicht, sollten sie ihren sechsmonatigen Kampfeinsatz überleben. Das Vorgehen ist unter anderem durch Videoaufnahmen aus russischen Haftanstalten dokumentiert.

Zurück in Russland, werden einige der Ex-Häftlinge jedoch wohl schnell wieder rückfällig.

Journalisten von „verstka“ analysierten Gerichtsakten, um zu erfahren, welche neuen Strafverfahren in den letzten Monaten gegen ehemalige Häftlinge eingeleitet wurden. Sie berichten von zahlreichen schweren Straftaten wie Mord, sexuellem Missbrauch oder Pädophilie, die von begnadigten Ex-Häftlingen nach ihrer Rückkehr in Russland begangen wurden.

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Demnach wurden im Frühjahr 2023 mehrere begnadigte Kämpfer der Wagner-Gruppe wegen Mordes angeklagt. Im März ermordete ein 28-jähriger nach Angaben von „meduza“ eine 85-jährige Frau in der Region Kirov. Im April soll ein 31-Jähriger in der Region Krasnodar zwei Menschen getötet haben.

Hätte es die Rekrutierungsaktion nicht gegeben, würden beide Männer wohl noch immer ihre Haftstrafen verbüßen, da sie wegen Raubes und Mordes verurteilt worden waren.

Ein weiteres Verbrechen im Zusammenhang mit einem begnadigten Ex-Söldner ereignete sich laut den Recherchen in Nowosibirsk, wo ein 42-jähriger Mann im Mai des sexuellen Missbrauchs zweier Kinder angeklagt wurde. Weitere Vorfälle waren laut amerikanischen Presseagentur „AP“ ein Raubüberfall auf ein Geschäft, bei dem ein Mann eine Verkäuferin mit einem Messer bedrohte, ein Autodiebstahl durch drei ehemalige Sträflinge, ein sexueller Übergriff auf zwei Schülerinnen sowie weitere Morde.

50.000
Häftlinge rekrutierte die Wagner-Gruppe offenbar

Die Recherchen sollen außerdem zeigen, dass die Ex-Kämpfer nach ihren erneuten Straftaten von der Justiz milde behandelt werden.

Laut „AP“ werden in Russland nach Begnadigungen frühere Verurteilungen aus dem Strafregister gelöscht. Das bedeutet: Sie können nicht mehr als erschwerende Umstände geltend gemacht werden. Härtere Strafen sind so oft nicht möglich.

Russland hat über den Kriegsverlauf außerordentliche Anstrengungen unternommen, um seine Truppen in der Ukraine aufzustocken. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin sagte, er habe 50.000 Sträflinge für die Ukraine rekrutiert, eine Schätzung, die von Olga Romanowa, der Leiterin der Gefangenenrechtsgruppe „Russia Behind Bars“, gegenüber „AP“ geteilt wird. Nach Angaben westlicher Militärs bildeten Sträflinge den Großteil der Söldner-Truppen in der Ukraine.

32.000 ehemalige Häftlinge sollen von der Front nach Russland zurückgekehrt sein

Etwa 32.000 von ihnen sollen aus der Ukraine zurückgekehrt sein, erklärte Prigoschin noch vor seinem gescheiterten Aufstand gegen das Verteidigungsministerium. Romanova schätzte die Zahl eher auf etwa 15.000.

Ihre Rückkehr hat teils schlimmen Folgen für die russische Zivilbevölkerung und die Sicherheit im Land. Die Rückfallquote unter begnadigten Ex-Häftlingen und Kämpfern betrage nur 0,4 Prozent, erklärte der russische Präsident Wladimir Putin Mitte Juni bei einem Treffen mit Militärbloggern. Laut Prigoschin liegt sie gar nur bei 0,25 Prozent. „Meduza“ berichtet in Berufung auf die Recherche und Menschenrechtsorganisationen jedoch von deutlich höheren Zahlen.

Auch das britische Verteidigungsministerium hatte bereits im März prognostiziert: „Der plötzliche Zustrom von oft gewalttätigen Straftätern mit kürzlicher und oft traumatischer Kampferfahrung wird für die russische Kriegsgesellschaft wahrscheinlich eine große Herausforderung darstellen.“

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