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Alexej Nawalny im August 2013 in Moskau.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Russische Experten zu Nawalny: „Ich bin schockiert, aber nicht überrascht“

Die Meldung staatlicher Stellen Moskaus über den Tod von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat zahlreiche internationale Reaktionen hervorgerufen. Was russische Experten dazu sagen.

Mehr als drei Jahre saß der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in Haft - zuletzt war er in ein Straflager hinter dem Polarkreis verlegt worden. Nun meldete die russische Justiz dessen Tod. Wir haben Reaktionen russischer Experten dazu gesammelt - und was Nawalnys Mutter sagt.

1 Die Politikwissenschaftlerin Ekaterina Shulman auf Telegram

„Am vergangenen Dienstag hörte ich mir eine Tonaufnahme von ihm an, die während einer Gerichtsverhandlung am Vortag, also am Montag, aufgenommen worden war. Es war die Stimme eines gesunden, energiegeladenen, unermüdlichen Mannes. Wenn ein Mensch einen Bänderriss, eine Lungenentzündung, eine Herzschwäche oder Hunger hat, kann man das an der Stimme hören - glauben Sie das. Vor einer Woche war er noch gesund und voller Kraft. Es gibt keine andere Spur außer Mord.“

2 Der Politikwissenschaftler Wladimir Pastuchow

„Ich bin schockiert, aber nicht überrascht. Dies ist der am meisten erwartete Ausgang der Konfrontation zwischen Putin und Nawalny. Es ist ein vorsätzlicher Mord. Wir müssen nicht nur über den Tod Nawalnys sprechen, sondern auch, was er bewirkt. Der Tod des Kremlkritikers ist schwierig für das System, denn ein toter Nawalny schadet dem Kreml mehr als ein lebender. Die Bedrohung für das Regime liegt darin, dass sein Tod dazu beitragen wird, die Opposition zu einen.

Der Kreml wird den Tod Nawalnys vermutlich ähnlich begründen wie den von Sergei Magnitski, der 2009 in einem Moskauer Untersuchungsgefängnis unter verschärften Haftbedingungen starb. Es wird eine inofizielle und eine offizielle Version geben. Die inoffizielle wird auf Unfall lauten, die offizielle, er sei von den „Feinden Russlands“ vergiftet worden.

Dann wird eine Untersuchung eingeleitet, wie Nawalny von diesen Gegnern etwa mithilfe der CIA oder des MI6 getötet worden sei. Es wird behauptet werden, dass der Kreml kein Motiv für eine Tötung Nawalnys hatte, also gab es auch kein Verbrechen. Und natürlich werden alle Propaganda-Kanäle helfen, die Version des Kremls zu unterstützen - ganz nach dem Motto: Sie werden nie etwas beweisen können.

3 Die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Eva Merkacheva

Einzelhaft ist eine sehr schwierige Haftform. Eine Person friert dort meistens, oft hungert sie sogar. Deshalb gibt es strenge Auflagen, dass sie nicht länger als eine bestimmte Anzahl von Tagen auferlegt werden darf. Aber es gibt keine Beschränkungen, wie oft jemand in Einzelhaft gesteckt werden darf. Das heißt: Wenn die Anzahl der zulässigen Tage um ist, wird der Gefangene sofort wieder vorgeladen und wegen eines neuen Verstoßes direkt wieder in Einzelhaft gesteckt. Das ist ungeheuerlich, verstehen Sie?“

4 Ljudmila Nawalnaja, die Mutter von Alexej Nawalny laut Radio Svoboda:

„Ich will keine Beileidsbekundungen hören.“ Sie habe ihren Sohn am 12. Februar in der Strafkolonie besucht. „Er war lebendig, gesund und fröhlich.“

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