zum Hauptinhalt
„Putin ist das größte Hindernis für jeden Fortschritt“, sagt der ehemalige US-Beamte (Symbolbild).

© dpa/AP/Sputnik/Alexander Kazakov

„Putin ist das größte Hindernis“: USA und Russland führen wohl Geheimgespräche über Kriegsende

Wie die „Moscow Times“ berichtet, haben die USA und Russland ein Gesprächsformat eingerichtet. Einer der Teilnehmer äußerte sich jetzt gegenüber der Zeitung.

| Update:

Ehemalige US-Verteidigungsbeamte und hochrangige Mitglieder der russischen Regierung haben offenbar einen Kanal für geheime diplomatische Gespräche aufgebaut. Unter Wahrung seiner Anonymität hat ein US-Teilnehmer mit der unabhängigen „Moscow Times“ über die Inhalte dieser Gespräche gesprochen. Die Angaben der „Moscow Times“ lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Allerdings berichtete zuvor schon der US-TV-Snder NBC über mögliche Gespräche, die die Grundlage für Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew schaffen sollen.

Die Gespräche, von denen die „Moscow Times“ berichtet, folgen dem sogenannten 1.5-Format, das beiden Seiten ermöglichen soll, die jeweiligen roten Linien zu erkennen und mögliche Eskalationsrisiken zu senken. Daneben gibt es in der Krisendiplomatie unter anderem die offiziellen diplomatischen Kanäle („track one diplomacy“ im Englischen) und inoffizielle Gesprächsrunden zwischen Fachleuten („track two diplomacy“).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Den US-Gesandten werde bei diesen Gesprächen nicht mit so viel Offenheit begegnet, wie es sich der ehemalige Beamte wünschen würde. Ein Grundproblem der Russen sei es, dass sie selbst nicht wüssten, „wie sie Sieg oder Niederlage definieren sollen“. Einige der russischen Gesprächspartner „hatten den Krieg von vornherein nicht gewollt und sagten sogar, er sei ein völliger Fehler gewesen.“

Putin ist das größte Hindernis für jeden Fortschritt.

Ein ehemaliger hochrangiger US-Verteidigungsbeamter

„Aber jetzt sind sie im Krieg – eine demütigende Niederlage zu erleiden, ist für diese Leute keine Option“, zitiert die „Moscow Times“ den ehemaligen US-Beamten. Daher müsse man konstruktiv zusammenarbeiten. „Ein Versuch, Russland zu isolieren und zu verkrüppeln, bis es gedemütigt wird oder zusammenbricht, würde Verhandlungen fast unmöglich machen.“

Zudem brauche man Russland. „Russische Macht ist nicht unbedingt etwas Schlechtes“, sagt der Ex-Beamte. Ein starkes Russland würde für „Stabilität an seiner Peripherie“ sorgen. „Die USA wollen ein Russland mit strategischer Autonomie, damit die USA ihre diplomatischen Möglichkeiten in Zentralasien nutzen können“, wird er zitiert.

Der ehemalige Verteidigungsbeamte widerspricht damit der offiziellen Linie der US-Regierung. „Wir in den USA müssen erkennen, dass ein vollständiger Sieg in Europa unseren Interessen in anderen Regionen der Welt schaden könnte“, appelliert er.

Das bedeute aber nicht, „dass wir die Ukraine oder Europa im Stich lassen“, betont der ehemalige Beamte. Vielmehr wolle man Wege finden, die Unabhängigkeit der Ukraine zu garantieren und gleichzeitig Russland als „kreativen Akteur in die europäische Sicherheit zurückzubringen“. Die US-Regierung hätten den Beziehungen zu Moskau zu lange keine Priorität eingeräumt. Das müsse nun aufgeholt werden.

Russland wird die Krim nicht aufgeben

Die Hoffnung der Ukrainer, alle besetzten Gebiete zurückzuerhalten, erscheint dem Ex-Beamten unrealistisch. Weder durch Kämpfe noch über Verhandlungen, die seiner Meinung nach früher oder später stattfinden müssen. „Wenn Russland glaubt, dass es die Krim verlieren könnte, würde es mit ziemlicher Sicherheit auf taktische Atomwaffen zurückgreifen, warnt er.

Die US-Delegation würde sich mindestens zweimal pro Monat mit ihren russischen Gesprächspartnern treffen, erläutert der ehemalige US-Beamte – oft online. Aber teilweise auch vor Ort. „Ich habe Moskau mindestens alle drei Monate besucht.“ Dabei habe er das Gefühl entwickelt, dass die Gespräche teilweise in eine Sackgasse geraten sind.

Grund seien jedoch nicht seine Gegenüber, sondern vielmehr der Kremlchef selbst. „Putin ist das größte Hindernis für jeden Fortschritt“, zitiert die „Moscow Times“ den Ex-Beamten. Daher sollte die US-Regierung „auf die russische Anti-Kriegs-Elite zuzugehen“. Wenn Washington sich deren Unterstützung sichern könnte, „wäre es nicht unmöglich, Putin zu stürzen“.

Kritik am Bericht der „Moscow Times“

Der Bericht der „Moscow Times“ wurde nach dem Erscheinen von Beobachtern und Experten kritisiert. Manche forderten eine Klarstellung der US-Regierung, andere sagten unter Berufung auf Diplomatenkreise, dass geschilderten Verhandlungen so nicht stattfinden. Die US-Regierung machte zuletzt mehrmals klar, dass auch eine Befreiung der Krim legitimes Ziel der Ukraine sein könne, da es sich um ukrainisches Staatsgebiet handele.

Bekannt war bisher, dass es Gesprächskanäle zwischen Russland und den USA in Form von Treffen und Telefonaten zwischen CIA-Chef William Burns und dem Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergei Naryschkin, gab.

Zu Beginn des Krieges hatte die russische Seite, vor allem die Militärs, wohl alle Kontaktversuche der Amerikaner ins Leere laufen lassen, was zur Furcht vor einer unkontrollierten militärischen Eskalation zwischen den Atommächten führte. In den Monaten darauf etablierten die USA laut Aussagen von hochrangigen Mitarbeitern mehrere Gesprächskanäle in die russische Führung, vor allem um den Kreml vor einer Nutzung von Atombomben zu warnen. (Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false