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Ukrainische Soldaten und Rettungskräfte tragen am 6. September eine Leiche aus einem Gebäude auf den Marktplatz von Kostjantyniwka. 

© Ukrainian Police Press Office/AP/dpa

Update

„Tragisches Missgeschick“: Ukrainische Rakete soll Tragödie in Kostjantyniwka verursacht haben

Auf einem ukrainischen Marktplatz kam es Anfang September zu einer tödlichen Explosion. Die Ukraine macht weiterhin Russland verantwortlich. Doch US-Recherchen ergeben etwas anderes.

| Update:

Rund zwei Wochen nach dem tödlichen Raketeneinschlag auf einem Marktplatz in Kostjantyniwka in der Ostukraine ergeben Recherchen der „New York Times“, dass die Explosion vom ukrainischen Militär verursacht wurde.

Die Explosion am 6. September war eine der tödlichsten seit Monaten. Mindestens 15 Zivilist:innen starben; mehr als 30 weitere wurden verletzt.

„Die von der New York Times gesammelten und analysierten Beweise, darunter Raketenfragmente, Satellitenbilder, Zeugenberichte und Social-Media-Beiträge, deuten stark darauf hin, dass der katastrophale Angriff das Ergebnis einer fehlerhaften ukrainischen Luftverteidigungsrakete war, die von einem Buk-Abschusssystem abgefeuert wurde“, melden die US-Journalist:innen. 

Der Angriff scheint ein tragisches Missgeschick gewesen zu sein.

„New York Times“

Aufnahmen von Überwachungskameras sollen zeigen, dass die Rakete aus Richtung des von der Ukraine kontrollierten Territoriums nach Kostjantyniwka flog.

Fußgänger blickten in Richtung des ukrainischen Territoriums

Während die sich nähernde Rakete zu hören sei, drehten mindestens vier Fußgänger gleichzeitig ihre Köpfe in Richtung des herannahenden Geräusches. „Sie blicken in die Kamera – in Richtung ukrainisches Territorium“, schreibt die „New York Times“.

Außerdem sei kurz vor dem Einschlag eine Reflexion auf Autodächern sichtbar – aus Nordwesten. 

Ukrainische Soldaten und Rettungskräfte löschen auf dem Marktplatz in Kostiantynivka einen Brand.

© Imago

Das ist relevant, weil es laut „New York Times“ Beweise gibt, dass das ukrainische Militär Minuten vor dem Angriff zwei Raketen von der Stadt Druschkiwka, zehn Meilen nordwestlich von Kostjantyniwka, in Richtung der russischen Frontlinie abfeuerte. 

Selenskyj beschuldigt Russland als Urheber der Explosion

Weniger als zwei Stunden nach der Explosion am 6. September machte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland für den Angriff verantwortlich. Viele Medien übernahmen diese Behauptung.

Das russische Militär hatte wiederholt und systematisch Zivilist:innen angegriffen, sowie Schulen, Märkte und Wohnhäuser beschossen. In Kostjantyniwka bombardierten sie im April Häuser und einen Kindergarten und töteten sechs Menschen.

Selenskyj-Berater kritisiert ausländische Berichterstattung

Die Explosion ereignete sich in einem stark umkämpfen Gebiet. Russische Streitkräfte hatten Kostjantyniwka in der Nacht zuvor beschossen. 

Die Stadt liegt nur knapp 20 Kilometer südwestlich von Bachmut, das die Russen im Zuge ihres Angriffskriegs besetzen.

Laut „New York Times“ können Raketen wie die, die auf den ukrainischen Markt einschlug, aus verschiedenen Gründen vom Kurs abweichen – etwa aufgrund elektronischer Fehler oder beschädigter Abschussgeräte.

Kiew bekräftigte hingegen, dass der Beschuss von russischer Seite gekommen sei. „Den Angaben der Ermittler zufolge hat der Feind auf dieses zivile Objekt eine S-300-Rakete abgefeuert“, zitierte das Internetportal „Ukrajinska Prawda“ am Dienstag den ukrainischen Geheimdienst SBU. Belegt sei dies durch die am Einschlagsort gefundene Raketentrümmer. 

Einen Tag nach Veröffentlichung der „New York Times“-Recherchen brachte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak die Berichterstattung ausländischer Medien zu Kostjantyniwka mit einer Zunahme von Verschwörungstheorien in Verbindung.

Am Dienstagmittag schrieb er auf X (ehemals Twitter): „Das Auftauchen von Veröffentlichungen in ausländischen Medien, in denen Zweifel an der Beteiligung Russlands an dem Angriff auf Kostiantyniwka geäußert werden, führt zweifellos zu einer Zunahme von Verschwörungstheorien.“

Podoljak verspach eine juristische Aufarbeitung des Falls. Die Gesellschaft werde „sicherlich eine Antwort auf die Frage erhalten, was genau in Kostiantynivka geschehen ist.“ Die Umstände des Angriffs sollen derzeit untersucht werden. 

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