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Jewgeni Prigoschin, Leiter der Wagner-Gruppe.

© dpa/Uncredited

Ukraine-Invasion Tag 393: Wagner-Chef will angeblich Einsätze in der Ukraine reduzieren

Medwedew droht Deutschland + Spaniens Premier will in China für Frieden werben+ Der Ukraine-Überblick am Abend.

Es ist die nächste Episode im Streit zwischen Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin und der Militärführung in Moskau: Laut einem Bericht des Nachrichtenportals „Bloomberg“ will der Geschäftsmann seine militärischen Aktivitäten in der Ukraine reduzieren. Der Grund: Die Militärs in Moskau schneiden seine Truppen angeblich seit Wochen von der Munitionsversorgung ab. Bloomberg bezieht sich auf nicht namentlich genannte Insider (Quelle hier). 

Laut dem Bericht will der Wagner-Chef sich nun verstärkt Einsätzen in Afrika zuwenden. Wirtschaftlich würde das durchaus Sinn ergeben, denn Prigoschin mischt überall dort, wo seine Truppen im Einsatz sind, auch wirtschaftlich mit. Er übernimmt Minen oder schaltet sich in das Rohstoffgeschäft ein. Mehr als 200 Millionen Dollar soll der Wagner-Chef damit in den vergangenen Jahren, von Sanktionen weitgehend unberührt, gescheffelt haben (hier lesen Sie den entsprechenden Bericht der „Financial Times“ zum Thema). In der Ukraine ist bisher wirtschaftlich wenig zu holen. 

Freilich: So politisch bedeutsam wie sein Einsatz in der Ukraine sind die Afrikamissionen für Kremlchef Wladimir Putin nicht. Der wiederum braucht die Wagner-Selbstmordkommandos, um überhaupt so etwas wie einen militärischen Erfolg in der Ukraine zu erreichen. Das gibt Prigoschin auch politische Macht. Was wiederum den Militärs in Moskau nicht schmeckt. Zur Frage der angeblich zurückgehaltenen Munition berichteten russische Soldaten zuletzt, dass Wagner jetzt nur noch bekomme, was reguläre Einheiten auch bekämen. 

Spannend in dem Bloomberg-Bericht außerdem: Prigoschin-kritische Einflüsterer im Kreml sollen gegenüber Putin die militärische Unfähigkeit der Wagner-Truppen betont haben. Zehntausende Tote und Verletzte, monatelange Kämpfe für Landgewinne von einigen wenigen Kilometern – keine gute Bilanz. Ob Putin den Einflüsterern geantwortet hat, dass die Bilanz des regulären Militärs nicht besser ist, schreibt Bloomberg nicht. In den aktuellen Ausschreibungen von Wagner jedenfalls werden immer noch Einsätze in der Ukraine und in Afrika beworben.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Reaktion auf Haftbefehl gegen den Kremlherrscher: Medwedew droht mit Raketenangriff auf Berlin – bei Festnahme Putins in Deutschland. Mehr hier
  • Forderung nach Verhandlungen völlig irreal“: Dieter Nuhr erklärt, warum er seine Meinung zum Ukrainekrieg geändert hat. Mehr hier.
  • Die Ukraine bereitet nach eigenen Angaben nahe der seit Monaten heftig umkämpften Stadt Bachmut im Osten des Landes einen Gegenangriff auf die russischen Streitkräfte vor. Die russischen Truppen verlören „deutlich an Kraft“ und seien „erschöpft“, erklärte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. „Wir werden diese Gelegenheit sehr bald nutzen, so wie wir es bei Kiew, Charkiw, Balaklija und Kupjansk getan haben“.
  • Die Slowakei hat den ersten Teil der 13 versprochenen Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert. „Die ersten vier MiG-29 Kampfjets sind sicher an die ukrainischen Streitkräfte übergeben worden“, erklärte die Sprecherin des slowakischen Verteidigungsministeriums, Martina Kakascikova, am Donnerstag. 
  • Ungarn will den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin einem führenden Regierungsvertreter zufolge ignorieren. Putin würde nicht verhaftet, wenn er nach Ungarn käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas, am Donnerstag. Es gäbe für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage in Ungarn.
  • Zum Auftakt des EU-Gipfels hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Geschlossenheit der Europäischen Union bei der Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer beschworen. „Das ist etwas, das (der russische Präsident Wladimir) Putin niemals im Blick hatte, dass die Unterstützung für die Ukraine so geschlossen funktioniert und auch so lange“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Brüssel. „Und wir sind auch vorbereitet darauf, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie das tatsächlich notwendig sein wird.“
  • Russland will in diesem Jahr 1500 Panzer für den Krieg gegen die Ukraine produzieren. „Der militärisch-industrielle Komplex ist heiß gelaufen“, sagte der Vizechef des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Die Mehrheit der Rüstungsbetriebe arbeite im Drei-Schichten-System. 
  • Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez will Ende des Monats bei einem Besuch in Peking die Chancen auf eine Vermittlung Chinas im Ukraine-Krieg ausloten. Dies kündigte Präsidentschaftsminister Félix Bolaños am Donnerstag im Fernsehsender RTVE an.
  • Im Osten der Ukraine haben russische Truppen bei schweren Kämpfen nahe der russisch besetzten Stadt Kreminna nach britischer Einschätzung die ukrainischen Truppen zurückgedrängt. „Russland hat teilweise die Kontrolle über die unmittelbaren Zugänge nach Kreminna zurückerlangt, die Anfang des Jahres einer unmittelbaren ukrainischen Bedrohung ausgesetzt war“, berichtete das Verteidigungsministerium am Donnerstag in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse. 
  •  Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den Westen darauf eingeschworen, die Ukraine noch lange mit Waffen für den Kampf gegen die russische Invasion ausrüsten zu müssen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe keine unmittelbare Pläne für einen Frieden in der Ukraine, sagte er der britischen Zeitung „Guardian“. „Präsident Putin plant nicht für den Frieden, er plant für mehr Krieg.“ Deshalb müsse sich der Westen darauf einstellen, Kiew noch lange Zeit mit Waffen zu versorgen.

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