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Ukrainische Soldaten fahren mit einem Schützenpanzer in Richtung Frontlinie.

© picture alliance/dpa/AP

Ukraine-Invasion Tag 413: Jetzt geht der Krieg in die Übergangsphase

US-Geheimdienste spielen Putins Tod als mögliches Kriegsszenario durch, Nato-Spezialeinheiten unterstützen die Ukraine angeblich vor Ort. Der Überblick am Abend.

Vielleicht hat das Datenleak aus dem US-Verteidigungsministerium auch deshalb für so viel Aufregung gesorgt, weil derzeit an der Front in der Ukraine wenig passiert. Denn wirklich neue Informationen über den Stand des Krieges förderte die Veröffentlichung in Internetforen und in den sozialen Netzwerken, Stand Mittwochnachmittag, nicht zutage - abgesehen vielleicht vom akuten Munitionsmangel der ukrainischen Luftabwehr und dem Stand zur Vorbereitung der ukrainischen Gegenoffensive. 

In den vergangenen Tagen hat die russische Armee nur noch in der Stadt Bachmut Fortschritte erzielt. Dort scheint ihre Kampffähigkeit - entgegen früherer Einschätzungen - also noch nicht erschöpft. Am gesamten Rest der Front waren die russischen Vorstöße aber erfolglos. Dass sich in den nächsten Tagen, vielleicht sogar Wochen, viel bewegt, ist auch nicht wahrscheinlich. Noch immer sind viele Gegenden, in denen gekämpft wird, schlammig; erst Anfang Mai dürfte der Boden trocken genug sein, um größere Manöver zu erlauben - wenn die neu aufgestellten Truppen der Ukraine dann schon bereit sind. 

Der Krieg befindet sich derzeit also in einer Übergangsphase. Dazu gehört auch und das ist eine gute Nachricht für die Ukrainer: Die russischen Luftangriffe haben praktisch aufgehört. Der letzte große Angriff datiert auf den 9. März. Damit ist entweder eingetreten, womit die ukrainische Militärführung schon länger rechnete, nämlich dass die russischen Raketenkontingente erschöpft sind - oder Moskau sammelt Raketen und Drohnen für eine weitere Serie von Luftangriffen auf zivile Ziele in der Ukraine. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Nach dem Datenleak vergangene Woche verspricht der Pentagon-Chef Aufklärung: „Wir werden jeden Stein umdrehen, bis wir den Ursprung gefunden haben“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Mehr hier.
  • US-Geheimdienste spielen Putins Tod als mögliches Kriegsszenario durch: Die „New York Times“ berichtet über ein weiteres geleaktes Papier aus dem Pentagon. Die beschriebenen Szenarien sind spektakulär - aber auch wahrscheinlich? Mehr hier.
  • Nato-Spezialeinheiten unterstützen die Ukraine angeblich vor Ort: In den geleakten Geheimdienstinformationen zum Ukrainekrieg finden sich Zahlen zu ausländischen Spezialkräften. Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das in Onlinenetzwerken verbreitete Video, das eine mutmaßliche Enthauptung eines ukrainischen Soldaten zeigt, als Beleg für die Brutalität Russlands bezeichnet. Die Welt müsse sehen, „wie leichtfertig diese Bestien töten“, sagte Selenskyj. Moskau forderte unterdessen eine „Prüfung“ des Videos. „Wir leben in einer Welt der Fälschungen“, sagte wiederum Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Mehr in unserem Liveblog.
  • Die Ukraine hat die Bedeutung der mutmaßlich durchgestochenen US-Geheimdokumente am Mittwoch heruntergespielt. Es handle sich um eine Mischung aus echten und gefälschten Informationen, sagte Verteidigungsminister Olexij Resnikow bei einem Besuch in Madrid. „Viele Informationen darin entsprechen nicht der Wirklichkeit“, erklärte er. „Die Informationen, die der Wirklichkeit entsprechen, haben ihre Relevanz verloren. Es ist also eine Mischung aus Wahrheit und Unwahrheit.“
  • Der in Russland inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny ist trotz der Klagen seines Anwalts über dessen akute Gesundheitsbeschwerden erneut in eine Einzelzelle verlegt worden. Am Freitag sei er erst aus der Isolationshaft herausgekommen und am Montag zu weiteren 15 Tagen dort eingewiesen worden, teilte das Team des Oppositionspolitikers am Dienstagabend auf dessen Telegram-Kanal mit.
  • Großbritannien nimmt das Umfeld der russischen Unternehmer Roman Abramowitsch und Alischer Usmanow ins Visier. Die neuen Sanktionen gelten laut dem Außenministerium in London Geschäftsleuten und Firmen, die Abramowitsch und Usmanow bei der Umgehung von Strafmaßnahmen helfen. „Wir ziehen die Schlinge um die russische Elite und diejenigen zu, die ihr helfen, ihr Geld für den Krieg zu verstecken“, erklärte Außenminister James Cleverly.
  • Abgeordnete des Europäischen Parlamentes und des Parlamentes der Ukraine, der Werchowna Rada, sind am Mittwoch zu einer gemeinsamen Sitzung in Brüssel zusammengekommen. Das Treffen, das von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefanchuk eröffnet wurde, bildete den Auftakt einer längerfristigen Zusammenarbeit, wie das Europäische Parlament mitteilte. 
  • Russland droht mit einem Aus für das Getreide-Abkommen mit der Ukraine. Die im nächsten Monat zur Verlängerung anstehende Vereinbarung funktioniere für Russland nicht, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Die Zusagen, die Hindernisse für russische Agrar- und Düngemittelausfuhren zu beseitigen, seien nicht erfüllt worden. Auch einige Bemühungen der Vereinten Nationen (UN) hätten daran nichts geändert. 
  • Die Deutsche Bank bereitet Zeitungsberichten zufolge die Schließung ihres verbleibenden Software-Technologie-Zentrums in Russland vor. Allen Beschäftigten des Zentrums seien Abfindungen angeboten worden, falls sie die Bank verlassen, berichteten die „Financial Times“ und das „Handelsblatt“ am Mittwoch unter Berufung auf mit dem Sachverhalt vertraute Personen und Finanzkreise.
  • Die russische Regierung hat vor dem Hintergrund der westlichen Sanktionen ihre Wirtschaftsprognosen für das laufende Jahr angehoben. „Die russische Wirtschaft entwickelt sich im Rahmen des neuen Wachstumsmodells aktiv“, zitiert die Tageszeitung „Kommersant“ am Mittwoch Russlands Präsidenten Wladimir Putin auf einer Regierungssitzung vom Vortag. Zwar nannte er keine Zahlen, doch zuvor hatte Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow bereits gesagt, er gehe davon aus, dass die Wirtschaft um mehr als 0,1 bis 0,2 Prozent wachse. Die offizielle Prognose stand bislang bei einem BIP-Minus von 0,8 Prozent. 
  • Serbien hat trotz seiner Ablehnung von Sanktionen gegen Russland laut einem als geheim eingestuften Dokument des US-Verteidigungsministeriums offenbar Waffen an die Ukraine geliefert oder dem zumindest zugestimmt. Das geht aus einer Zusammenfassung von Antworten europäischer Regierungen auf die Bitten der Ukraine um militärische Ausbildung und Waffen hervor. 
  • Die Ukraine hat am Dienstag offenbar wieder damit begonnen, Strom an europäische Länder zu exportieren. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP auf ihrer Website unter Berufung auf den ukrainischen Energieminister Herman Haluschtschenko. Der ukrainische Bedarf an Energie sei zu 100 Prozent gedeckt, sagte Haluschtschenko in einem Interview mit AP, und die Ukraine verfüge dank der „gigantischen Arbeit“ ihrer Ingenieure und internationalen Partner über Reserven für den Export. Das erste Land, das wieder ukrainischen Strom erhalten solle, sei die Republik Moldau.
  • Russland hat eigenen Angaben zufolge eine Interkontinentalrakete getestet. In der südlichen Region Astrachan am Kaspischen Meer sei die ballistische Langstreckenwaffe am Dienstag auf dem Übungsplatz Kapustin Jar erfolgreich von einem bodengestützten Raketensystem aus abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht zum Mittwoch mit. 
  • Angesichts der schweren Lage an der Front hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute zum Durchhalten aufgerufen. „Wir befinden uns jetzt in einem Stadium des Krieges, in dem es für unsere Gesellschaft und unsere Partner wichtig ist, das Gefühl für den Weg, der vor uns liegt, nicht zu verlieren“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Dienstag.

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