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Polizeibeamte betrachten in der ukrainischen Stadt Charkiw die gesammelten Reste der russischen Raketen, darunter auch Streumunition, die in Charkiw eingeschlagen sind.

© dpa/Libkos

Ukraine-Invasion Tag 561: So brutal wie effektiv – USA wollen Kiew weitere Streubomben liefern

Ukraine startet Getreideexporte über Kroatien, Drohnenangriffe in der Ukraine und Russland, Europa gibt mehr Hilfen an die Ukraine als die USA. Der Überblick am Abend.

Die USA stehen laut einem Bericht der „New York Times“ kurz davor, eine zweite Tranche an Streumunition an die Ukraine zu liefern (Quelle hier). Die Munition ist von 123 Ländern geächtet, allerdings nicht von den USA, der Ukraine und Russland. Das Problem mit dieser Art Munition: Ein bestimmter Prozentsatz der bis zu 90 Kleinbomben, die in einer Granate stecken, explodiert beim Aufprall nicht und bleibt gefährlich. Bei den US-Modellen liegt die Zahl dieser Blindgänger laut Militärangaben bei rund 2,5 Prozent. Russische Streumunition soll bis zu 40 Prozent Blindgänger produzieren. 

Für die Ukraine wäre eine weitere Lieferung dennoch eine gute Nachricht, da ihre Unterstützer im Westen immer noch Probleme damit haben, ausreichend konventionelle Artilleriemunition zur Verfügung zu stellen. Wie viel Munition des Typs die USA bisher geliefert haben, ist unbekannt. Sicher dagegen ist: Das Land hat in seinem Arsenal mehrere hunderttausend Schuss, da die Munition lange der Standard für die US-Army war.

Zur Einordnung: Rund 8000 Artilleriegeschosse verbrauchen die Ukrainer derzeit täglich. Einige hundert davon sollen Streubomben sein. Manche Experten glauben, dass die Ukraine nur dank der umstrittenen Geschosse ihre Gegenoffensive bis jetzt aufrechterhalten und weiterführen kann.

Seit 2008 produzieren die USA keine neuen Geschosse dieses Typs mehr. Dass das Land sie noch einmal einsetzt, ist auch unwahrscheinlich. Insofern steht der Ukraine theoretisch das gesamte US-Arsenal zur Verfügung. Neben Artilleriemunition besitzen die USA auch noch große Bestände an Streumunition für Raketenwerfer. Diese ist noch nicht an die Ukraine gegangen. 

Dass die Streumunition sowohl brutal als auch effektiv ist, daran gibt es laut Experten keine Zweifel. Auf zahlreichen Videos aus der Ukraine ist zu erkennen, wie russische Truppenansammlungen mit der Munition beschossen werden. Eine Granate reicht meist aus, um zahlreiche Soldaten zu töten oder zu verwunden und Fahrzeuge zu beschädigen. In der Ostukraine setzen Kiews Truppen die Geschosse aktuell vor allem in der Defensive erfolgreich gegen die russischen Angriffe ein, wie die „New York Times“ schreibt.

Auf weite Entfernung lassen sich Ziele allerdings nicht exakt treffen. Die von den USA gelieferte Streumunition soll eine Reichweite von 20 Kilometern haben, die konventionellen Artilleriegeschosse erreichen häufig mehr als die doppelte Reichweite und treffen dabei auf wenige Meter genau.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russland und Ukraine attackieren sich mit Drohnen: In der Ukraine sind vor allem Hafenanlagen in der Region Odessa betroffen. Auf russischer Seite kam der Bahnhof der Stadt Brjansk zu Schaden. Verletzt wurde nach bisherigen Informationen niemand. Mehr hier.
  • Die Ukraine hat angesichts der verstärkten russischen Angriffe auf ihre Häfen am Schwarzen Meer und an der Donau mit Getreide-Exporten über Häfen in Kroatien begonnen. „Obwohl es sich um eine Nischenhandelsroute handelt, ist sie bereits sehr beliebt“, teilt Vize-Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko mit. „Wir sind dankbar für diese Möglichkeit.“ Mehr in unserem Newsblog.
  • Soldaten des ukrainischen Grenzdienstes sollen laut eigenen Angaben Staatsflaggen in zwei Orten unweit der russischen Grenze gehisst haben. Lange hätten die Siedlungen Stroivka und Topoli in der Region Charkiw nicht betreten werden dürfen, weil es in dem „Graubereich“ nur wenige hundert Meter von der Staatsgrenze ein großes Minenfeld gegeben hätte, heißt es in einer Mitteilung.
  • Bei in Rumänien nahe der ukrainischen Grenze gefundenen Trümmerteilen geht die Nato nicht von einem absichtlichen russischen Angriff aus. „Uns liegen keine Informationen vor, die auf einen absichtlichen Angriff Russlands hindeuten, und wir warten auf das Ergebnis der laufenden Ermittlungen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel bei einer Befragung von EU-Abgeordneten.
  • Russland hat nach einem Medienbericht einen Schmuggel militärischer Flugzeugteile in die Ukraine unterbunden. Eine Gruppe von Schmugglern sei festgenommen worden, die mit militärischen Flugzeugteilen gehandelt habe, von denen einige in der Ukraine gelandet seien, zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass den FSB. Die Tatverdächtigen stammten aus der Ukraine und aus einem zentralasiatischen Land.
  • Bei den Olympischen Sommerspielen in Paris im kommenden Jahr sollen nach den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron keine russischen Flaggen wehen. „Natürlich kann es während der Pariser Spiele keine russischen Fahnen geben“, sagt Macron der französischen Sportzeitung „L’Equipe“. „Ich denke, in dieser Frage gibt es einen Konsens, weil Russland als Land nicht willkommen ist in einer Zeit, in der es Kriegsverbrechen verübt und Kinder deportiert.“
  • Die Ukraine macht laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Fortschritte bei ihrer im Juni gestarteten Gegenoffensive zur Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete. „Die Ukrainer gewinnen allmählich an Boden ... Es ist ihnen gelungen, die Verteidigungslinien der russischen Streitkräfte zu durchbrechen, und sie bewegen sich vorwärts“, sagt Stoltenberg bei einem Auftritt im EU-Parlament. 
  • Europa hat seine Hilfen für die Ukraine erhöht und einer Studie zufolge damit die USA deutlich überholt. In dem erfassten Zeitraum bis zum 31. Juli summiere sich der Wert des zugesagten Gesamtvolumens von europäischen Gebern auf 156 Milliarden Euro verglichen mit knapp 70 Milliarden Euro von den USA, teilte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag mit.

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