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Ein ukrainischer Soldat in Awdijiwka.

© AFP/ANATOLII STEPANOV

Ukraine-Invasion Tag 597 : Russischer Großangriff im Donbass – Putins Verblendung oder schlechtes Zeichen für die Ukraine?

Erneut Tote und Verletzte nach russischen Angriffen, Ukraine spricht von zwei weiteren beschädigten Schiffen, Russland will nächstes Jahr Getreideexporte steigern. Der Überblick am Abend.

Der russische Großangriff auf die schwer gesicherte ukrainische Stadt Awdijiwka läuft nun den vierten Tag. Nachgewiesen ist anhand von Foto und Videoaufnahmen inzwischen, dass Russland möglicherweise bis zu 60 Fahrzeuge verloren hat bei dem Angriff, mehrere hundert Soldaten sollen gestorben sein – in manchen Berichten heißt es sogar, bis zu 1000 russische Soldaten seien verletzt oder getötet worden.

Ein immenser Preis, bei – so sieht es auch heute noch aus - überschaubaren Geländegewinnen. 4,5 Quadratkilometer sollen es bisher sein (Quelle hier). Die Frage ist nun: warum macht die russische Armee so etwas? Es gibt zwei Möglichkeiten. Eine ist gut für die Ukraine, die zweite weniger.

Möglichkeit eins: Putin hat seinen Generälen ein Ultimatum gesetzt, bis zum Winter einen militärischen Erfolg vorzuweisen. Awdijiwka wäre ein gutes, prestigeträchtiges Ziel, hält es doch seit Jahren (der Ort wurde mit Beginn des russischen Krieges im Jahr 2014 Frontstadt) den russischen Angriffen stand. Außerdem ragt der Ort wie eine Tasche in die Front. Um den Frontverlauf zu begradigen liegt es nahe, Awdijiwka anzugreifen. In diesem Fall würde sich wiederholen, was in diesem Krieg schon oft passiert ist: Das russische Militär handelt politisch. Für geringe militärische Erfolge wird eine große Zahl an Soldaten geopfert. Das wiederum schwächt die russische Position in der gesamten Ukraine.

Möglichkeit zwei ist weniger gut für die Ukraine. Demnach kann sich die russische Armee den verlustreichen Angriff „leisten“. Sprich, die Kräfte werden in anderen Abschnitten der Front nicht gebraucht. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Russen relativ sicher sind, die ukrainische Offensive im Süden des Landes mit den Kräften dort in Schach halten zu können. Was wiederum bedeuten würde, dass im Süden in Bezug auf ukrainische Geländegewinne in den kommenden Wochen wenig zu erwarten ist.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Durch russischen Beschuss sind in der ostukrainischen Stadt Pokrowsk laut Behörden mindestens ein Mensch getötet und 13 weitere verletzt worden. Die russische Armee habe zwei Raketen vom Typ Iskander eingesetzt und so zwei Gebäude im Stadtzentrum beschädigt, teilte die städtische Militärverwaltung mit. Ebenfalls wurde in der südukrainischen Stadt Beryslaw offiziellen Angaben zufolge eine 34-jährige Frau getötet, nachdem eine russische Drohne ihr ziviles Fahrzeug angriff. Mehr in unserem Newsblog.
  • Russland rechnet nach Angaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin trotz westlicher Sanktionen auch im nächsten Jahr mit beträchtlichen Getreideexporten. Russland werde „wahrscheinlich weltweit den ersten Platz bei den Weizenexporten behalten“, sagte er.
  • Der Verdacht eines möglichen Giftanschlags auf die im Pariser Exil lebende russische Journalistin Marina Owsjannikowa hat sich nicht bestätigt. Die medizinischen Analysen hätten keine Hinweise auf eine giftige Substanz ergeben, schrieb die Journalistin im Onlinedienst Telegram.
  • Die Ukraine will Medienberichten zufolge unweit der annektierten Halbinsel Krim zwei weitere Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte beschädigt haben. Ukrainische Medien meldeten unter Berufung auf Quellen beim Geheimdienst SBU erfolgreiche Angriffe bei der Hafenstadt Sewastopol.
  • Das britische Verteidigungsministerium teilte in seinem täglichen Update mit, es seien in der Ukraine seit drei Wochen keine Angriffe mehr mit russischen Langstreckenfliegern geflogen worden. Womöglich wolle die russische Luftwaffe vorhandene Raketenbestände aufsparen.
  • Bei mehreren Anwälten des in Russland inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny hat es laut Angaben seines Teams Hausdurchsuchungen gegeben. Insgesamt seien bei drei Juristen Polizisten erschienen, schrieben Nawalnys Unterstützer auf der früher als Twitter bekannten Plattform X. 
  • Unter den Geflüchteten aus der Ukraine sind in Deutschland derzeit mehr Männer als zu Beginn des Krieges, teilte das Münchner Ifo Institut zu einer Umfrage unter 1517 Ukrainerinnen und Ukrainern mit. Aktuell sind es demnach 21 Prozent, im Mai/Juni 2022 waren es nur sieben Prozent.

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