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Wladimir Putin bei einer Besprechung zum Ukraine-Krieg.

© REUTERS/Sputnik

Ukraine-Invasion Tag 600: Auf einmal klingt Putin kleinlaut

Knappe Mehrheit der Deutschen gegen Taurus-Lieferungen, Katar vermittelt Rückführung von Kindern, wie Moskau eine weitere Rekrutierungswelle vermeidet. Der Abendüberblick.

Es ist die größte russische Offensive seit Monaten, aber der russische Präsident Wladimir Putin will sie lieber nicht so nennen. Als „aktive Verteidigung“ umschrieb er den Vorstoß im Raum Awdijiwka gar etwas kleinlaut am Wochenende (mehr zum Konzept der „aktiven Verteidigung“ an dieser Stelle). 

Aber Putins Worte sind ausnahmsweise mal treffend. Denn es scheint nach einer Woche heftigster Kampfhandlungen so, dass Moskaus Truppen von den Ukrainern ausgebremst und sogar aus eroberten Gebieten westlich und nördlich der Stadt zurückgedrängt wurden.

Zum Hintergrund: Das Ziel der russischen Truppen war es wohl, die schwer befestigte Stadt Awdijiwka mit mehreren Brigaden (eine Brigade hat als Sollstärke bis zu 3000 Soldaten) zu erobern – das wäre ein prestigeträchtiger Erfolg für Putin vor dem Winter. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Ukraine in diesem Jahr noch überhaupt keine größere Zurückeroberung bekannt geben konnte. 

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Immerhin schaffte es das russische Militär zu Beginn, darauf deuten die Anfangserfolge dieses Angriffs hin, die Ukrainer zu überraschen. Das ist durchaus eine Leistung, wenn man bedenkt, dass es sich um eine vergleichsweise große Streitmacht handelt; die ukrainischen und russischen Angriffe werden normalerweise von kleinen Infanterieteams durchgeführt. Allerdings gelang es den Ukrainern schnell, die Vorstöße zu bremsen, indem sie die ersten Wagen aus den Offensivkolonnen zerstörten, teilweise mit Raketen, teilweise mit Drohnen. Viele Fahrzeuge verloren die Russen, als sie über Felder ausweichen wollten und in Minengürteln landeten.

Laut einem ukrainischen Reserveoffizier hat sich Russland nun darauf verlegt, Awdijiwka in Grund und Boden zu bomben. Will der Kreml die Stadt erobern, wird er um eine weitere Offensive mit Bodentruppen aber nicht herumkommen. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Knappe Mehrheit der Deutschen gegen Lieferung von Marschflugkörpern: Scholz hatte entschieden, vorerst keine der Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern in die Ukraine zu liefern. 55 Prozent der Deutschen befürworten das. Mehr hier.
  • Russland hat jüngst nach Einschätzung britischer Militärexperten auch dank der Anwerbung von Söldnern unpopuläre Rekrutierungswellen für den Krieg in der Ukraine vermieden. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine hervor. Allein die Privatarmee Redut, die unter dem Deckmantel der Anwerbung von Freiwilligen unter anderem frühere Wagner-Söldner in ihren Dienst nehme, habe eine Personalstärke von 7000 Mann, hieß es in der Mitteilung am Montag weiter. Mehr in unserem Newsblog.
  • Trotz einiger kritischer Stimmen im Kongress hat US-Finanzministerin Janet Yellen weitere Finanzhilfen für die Ukraine zugesagt. „Wir können nicht zulassen, dass die Ukraine aus wirtschaftlichen Gründen den Krieg verliert“, sagte die Demokratin am Montag laut Redemanuskript bei einem Treffen mit europäischen Finanzministern in Luxemburg. Die Ukraine habe auf dem Schlachtfeld unter Beweis gestellt, dass sie dem Angriff Russlands standhalten könne.
  • Das Emirat Katar hat nach eigenen Angaben durch Vermittlung eine Abmachung zur Rückkehr von vier ukrainischen Kindern aus Russland in ihre Heimat erzielt. Die katarische Staatsministerin für internationale Zusammenarbeit, Lolwah Al Chater, teilte am Montag mit, die Abmachung zur Rückkehr der Kinder könne nur ein erster Schritt sein. Aber das Verhalten beider Seiten während der Vermittlungsmission sei ermutigend gewesen. Nach Angaben eines mit dem Vorgang vertrauten Diplomaten blieben die Kinder im Alter zwischen zwei und 17 Jahren in der katarischen Botschaft in Moskau, während Doha zwischen den Behörden vermittelte.
  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reist an diesem Montagabend zu einem Treffen der Moldau-Unterstützungsplattform in der Hauptstadt Chisinau. Das teilte das Auswärtige Amt am Vormittag in Berlin mit. Ziel des Treffens sei die Weiterentwicklung des Unterstützungsprozesses für Moldau, insbesondere mit Blick auf den Weg des Landes in die EU. Die Plattform war auf Initiative Baerbocks im April 2022 gemeinsam mit Frankreich und Rumänien ins Leben gerufen worden. 
  • Die Nato hat ihr jährliches Manöver zur Verteidigung des europäischen Bündnisgebiets mit Atomwaffen begonnen. Das bestätigte ein Sprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur. An der Übung „Steadfast Noon“ werden demnach bis zum Donnerstag nächster Woche bis zu 60 Flugzeuge beteiligt sein. 
  • Der russische Präsident Wladimir Putin sieht Chinas Vorschläge für Friedensverhandlungen für die Ukraine weiter als einen möglichen Weg zur Beendigung des Krieges. Pekings Empfehlungen könnten eine realistische Grundlage für Friedensvereinbarungen werden, sagte Putin in einem am Montag vom Kreml veröffentlichten Interview mit dem chinesischen Fernsehen. Zugleich warf Putin der Ukraine vor, keine Friedensverhandlungen zuzulassen.
  • Der russische Außenminister Sergej Lawrow besucht an diesem Mittwoch und Donnerstag Nordkorea auf Einladung der Führung dort. Das teilte das russische Außenministerium am Montag in Moskau mit. Lawrow, der zunächst in Peking eintraf, dürfte dann nach seiner Teilnahme an einem Gipfel zur chinesischen Infrastruktur-Initiative „Neue Seidenstraße“ in der chinesischen Hauptstadt direkt nach Nordkorea weiterreisen.
  • US-Präsident Joe Biden hat zugesichert, dass Amerika sowohl die Ukraine als auch Israel militärisch unterstützen kann. „Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika, um Gottes Willen, die mächtigste Nation (...) in der Geschichte der Welt“, sagte Biden in einem Interview mit dem Sender CBS.

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