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Die Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr.

© IMAGO/Sven Eckelkamp

Ukraine-Invasion Tag 656: Die gefährlich leeren Lager der europäischen Armeen

Großbritannien liefert zwei Minenjagdboote an die Ukraine, Selenskyj will Biden am Dienstag treffen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Olaf Scholz scheint zu ahnen, was schon bald auf Europa zukommen könnte. Er bekräftigte am Wochenende auf dem Parteitag der SPD, dass Deutschland die Ukraine so lange wie nötig unterstützen würde – und vielleicht bald auch schon ein stärkeres Engagement zeigen müsse.

Damit mag er einerseits auf die Situation an der Front angespielt haben, die für die Ukraine mit den ausbleibenden Waffenlieferungen zunehmend prekär wird. Andererseits hat er vielleicht schon einen Wahlsieg Donald Trumps im November 2024 im Hinterkopf. Spätestens dann dürfte die Waffenhilfe an die Ukraine versiegen. 

Die Frage ist nur, wie Deutschland oder auch die anderen europäischen Ukraine-Unterstützer mehr tun wollen. Die Lager der Armeen auf dem Kontinent sind nach fast zwei Jahren Krieg in der Ukraine leer. Großbritannien hat laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ (Quelle hier) gerade einmal 150 funktionierende Panzer und ein Dutzend weitreichende Artilleriesysteme im Dienst.

Frankreich kommt auf 90 Artilleriesysteme. Die Bundeswehr hat rund 150 Fahrzeuge der Panzerhaubitze 2000 in Betrieb. Damit ließe sich keine Verteidigung des Baltikums organisieren, falls Putin in der Ukraine erfolgreich ist und sich als Nächstes die Ostsee-Anrainer vornehmen sollte. 

Auf der anderen Seite stehen Polen, das wahrscheinlich in den kommenden Jahren zur Armee Nummer 1 in Europa wird (momentan ist es Großbritannien), außerdem Schweden und Finnland, die sich gegenüber Russland nie einer Friedensillusion hingegeben haben. Sie alle haben gut ausgerüstete und trainierte Armeen. Aber reicht das als Versicherung für Europa gegen die Bedrohung aus Moskau mit seiner wahrscheinlich auf Jahre hinaus auf Hochtouren laufenden Kriegswirtschaft? Eher nicht. Und das ahnt auch Olaf Scholz. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Großbritannien wird der Ukraine zwei Minenjagdboote zur Unterstützung beim Aufspüren von russischen Minen im Schwarzen Meer liefern. „Diese Minenjäger werden der Ukraine wichtige Fähigkeiten liefern, die bei der Rettung von Leben auf See und der Erschließung wichtiger Exportrouten helfen werden“, erklärte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Russland will nach den Worten von Präsident Wladimir Putin seine Flotte strategisch bewaffneter Atom-U-Boote in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Die Marinewerft Sewmasch in Sewerodwinsk werde drei weitere strategisch bewaffnete Atom-U-Boote der Klasse Borej-A bauen, kündigte er vor Ort an.
  • In der Schweiz sollen im Januar neue Gespräche über den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stattfinden. Geplant sei das Treffen einen Tag vor Beginn des Weltwirtschaftsforums im Davos am 14. Januar, wie das Schweizer Außenministerium am Montag in Bern bestätigte.
  • Die russische Präsidentschaftswahl im kommenden März soll auch in den besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine stattfinden. Einen entsprechenden Beschluss gab die russische Wahlkommission am Montag bekannt.
  • Am Rande seines Argentinien-Besuchs hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban über den von der Ukraine angestrebten EU-Beitritt gesprochen. Orban habe Selenskyj zu verstehen gegeben, dass die Mitglieder der EU in Sachen Beitritt der Ukraine „kontinuierlich miteinander verhandeln“, sagte dessen Sprecher Bertalan Havasi.
  • Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat vor gezielter Desinformation durch Russland im Ukraine-Krieg gewarnt. „Russlands Kampagne zielt darauf ab, demokratische Entscheidungsträger und Gesellschaften von der Unterstützung der Ukraine abzuhalten“, schrieb Kallas in einem Gastbeitrag für das Redaktionsnetzwerk Deutschland.
  • Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dringt auf eine ungebrochene Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg. Russland kämpfe für eine Weltordnung der imperialen Gewalt, „in der internationales Recht nichts, die Macht des Stärkeren dagegen alles und die Bereitschaft zum eklatanten Regelbruch ein strategischer Vorteil ist“, schrieb Baerbock in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
  • Russland hat nach ukrainischen Angaben die Hauptstadt Kiew aus der Luft angegriffen. Trümmer der von der Luftabwehr abgeschossenen Raketen seien in mehreren Stadtteilen niedergegangen, mindestens ein Wohnhaus sei beschädigt, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko über Telegram mit.

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