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Nordkoreas Diktator Kim Jong-un und Russlands Machthaber Wladimir Putin.

© REUTERS/KCNA

Ukraine-Invasion, Tag 803: Russland setzt offenbar nordkoreanische Raketen mit europäischen Bauteilen ein

Putin ordnet Atomwaffenübungen an, Bundesregierung ruft deutschen Botschafter in Moskau zu Konsultationen nach Berlin, Russland droht mit Angriffen auf britische Militärziele innerhalb und außerhalb der Ukraine. Der Überblick am Abend.

Als sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un im vergangenen September mit Russlands Staatschef Wladimir Putin traf, gingen Experten davon aus, dass es auch um Waffenlieferungen gehen würde. Einem Bericht der britischen BBC zufolge wurden in der Ukraine nun erstmals Trümmer einer Rakete untersucht, die aus Pjöngjang stammen könnten (Quelle hier).

Eingeschlagen haben soll die Rakete bereits im Januar in einem Gebäude in der Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine. Seither hatte die ukrainische Waffeninspekteurin Khrystyna Kimachuk versucht, die Überreste in die Finger zu bekommen. Als es schließlich so weit war, entdeckte sie demnach zwei Anzeichen dafür, dass es sich um eine Rakete aus Nordkorea handeln könnte.

Zum einen habe sie darauf ein Zeichen aus dem koreanischen Alphabet entdeckt, heißt es in dem BBC-Bericht. Zum anderen sei in das Gehäuse die Zahl 112 eingestanzt worden – was dem Jahr 2023 im koreanischen Kalender entspräche. „Wir hatten gehört, dass sie einige Waffen nach Russland geliefert hatten, aber ich konnte sie sehen, anfassen und untersuchen, wie es zuvor noch niemand getan hatte. Das war sehr aufregend“, sagte die Inspekteurin der BBC.

Bei der Untersuchung der Trümmerteile der Rakete fand Kimachuk auch heraus, aus welchen Bauteilen sie zusammengesetzt wurde. Die meisten elektronischen Teile seien in den vergangenen Jahren in den USA und Europa hergestellt worden. Es habe sogar einen US-Computerchip gegeben, der erst im März 2023 hergestellt worden sei. Dabei unterliegt das stark abgeschottete Nordkorea massiven Sanktionen. Dennoch scheint es dem Land zu gelingen, diese zu umgehen.

Pjöngjang verkaufe seit den 1980er Jahren seine Waffen vor allem an Länder in Nordafrika oder dem Nahen Osten, und dabei handele es sich oft um alte Raketen sowjetischer Bauart, heißt es in dem Bericht weiter. Doch bei der Rakete, die in Charkiw herunterkam, soll es sich um Nordkoreas modernste Kurzstreckenrakete, die Hwasong 11, handeln, die eine Reichweite von bis zu 700 Kilometer haben soll.

Die Ukrainer sollen zwar die Genauigkeit dieser Raketen heruntergespielt haben, allerdings geht Dr. Jeffrey Lewis, Experte am Middlebury Institute of International Studies, davon aus, dass sie nicht wesentlich schlechter seien als die russischen Raketen. Und sie seien extrem billig. Er geht davon aus, dass Nordkorea von diesen einige hundert pro Jahr herstellen könne.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick

  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat Atomwaffenübungen unter Beteiligung der Luftwaffe, der Marine und von nahe der Ukraine stationierten Soldaten angeordnet. Der Kreml begründete die Übungen mit Äußerungen westlicher Politiker zu einem möglichen Einsatz von Truppen in der Ukraine. Mehr hier.
  • Die Bundesregierung ruft den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, zu Konsultationen nach Berlin zurück. Diese Entscheidung gab eine Sprecherin des Auswärtigen Amts bekannt. Hintergrund ist demnach der Russland zugeschriebene Cyberangriff unter anderem auf die SPD. Mehr hier.
  • Nach russischen Luftangriffen ist es im nordostukrainischen Gebiet Sumy zu Stromausfällen gekommen. Behördenangaben vom Montag zufolge seien über 400.000 Haushalte in drei Landkreisen sowie der Gebietshauptstadt Sumy betroffen gewesen. Mehr hier.
  • Im besetzten Berdjansk im Südosten der Ukraine hat es ein Attentat auf einen offenbar prorussischen Justizmitarbeiter gegeben. In der Stadt in der Oblast Saporischschja sei ein Mitarbeiter einer Strafvollzugskolonie getötet worden, teilten die russischen Behörden auf Telegram mit. Mehr hier.
  • Russland hat mit Angriffen auf britische Militärziele innerhalb und außerhalb der Ukraine gedroht, falls Kiew von Großbritannien gelieferte Raketen für Angriffe auf Russland nutze. Das russische Außenministerium teilte am Montag mit, es habe den britischen Botschafter in Moskau, Nigel Casey, einbestellt. Mehr in unserem Newsblog.
  • Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen Mann wegen geplanter Sprengstoffanschläge auf mehrere Gerichtsgebäude festgenommen. Der etwa 40 Jahre alte russische Staatsbürger sei in der 400 Kilometer südöstlich von Moskau gelegenen Großstadt Tambow festgenommen worden, als er gerade versucht habe, zwei „selbstgebaute Sprengsätze“ zu verstecken.
  • Russland hat seine viel kritisierte Regelung über sogenannte ausländische Agenten noch weiter verschärft. Das Parlament in Moskau billigte laut Agentur Interfax eine Gesetzesänderung, die als „ausländischen Agenten“ eingestuften Personen das passive Wahlrecht entzieht.
  • Die russischen Streitkräfte haben offenbar die Kontrolle über die Dörfer Solowjow und Kotljariwka in der Ostukraine übernommen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
  • Bundesanzler Olaf Scholz hat die europäischen Länder aufgefordert, die Ukraine mit mehr Militärmaterial aus ihren Waffendepots zu unterstützen. Deutschland stelle der Ukraine deshalb ein drittes Patriot-Luftabwehrsystem aus seinen Beständen zur Verfügung, sagte er bei einem Besuch in Litauen.
  • Obwohl die Ukraine ihre eigene Produktion von Artilleriemunition wieder aufgenommen hat, ist sie weiterhin auf Lieferungen aus Partnerländern angewiesen. Die Verteidigungskräfte benötigen insbesondere eine große Menge an 155-Millimeter-Munition, sagte Oleksandr Kamyshin, Minister für strategische Industrie.
  • In der russischen Grenzregion Belgorod sind Behördenangaben zufolge sechs Menschen durch einen ukrainischen Drohnenangriff getötet worden. Unweit des Dorfes Berjosowka hätten die Ukrainer drei Fahrzeuge beschossen, schrieb Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram.
  • Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft sind während Krieges mindestens 546 Kinder getötet worden. Der Wert hat sich demzufolge in der wöchentlich aktualisierten Statistik um ein minderjähriges Todesopfer erhöht.

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