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Ein ukrainischer Soldat sitzt in einem Schützengraben an der Frontlinie.

© AFP/Roman Pilipey

„Wie im ersten Weltkrieg“: Ukrainischer Armeechef warnt vor langem Stellungskrieg

Im Krieg zwischen der Ukraine und Russland droht nach Ansicht des ukrainischen Oberkommandierenden ein gefährlicher Zermürbungskrieg. Es brauche einen „massiven Technologiesprung“.

Der Bodenkrieg in der Ukraine hat sich festgefahren – und das sieht der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj als große Gefahr. „Genau wie im Ersten Weltkrieg haben wir ein technologisches Niveau erreicht, das uns in eine Patt-Situation bringt“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die britische Zeitschrift „The Economist“.

Der General kommt zu dem Schluss, dass es eines massiven Technologiesprungs bedürfe, um die Pattsituation zu durchbrechen. „Ein Stellungskrieg dauert lange und birgt enorme Risiken für die Streitkräfte der Ukraine und für den Staat.“ Stillstand auf dem Schlachtfeld helfe nur Russland, die Verluste seiner Armee auszugleichen.

Die Ukraine wehrt seit mehr als 20 Monaten eine großangelegte russische Invasion ab. Auch für Mittwoch verzeichnete der ukrainische Generalstab zahlreiche Bodengefechte entlang der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden des Landes. Am Donnerstag ist der Zählung nach der 617. Tag des Krieges.

Derzeit haben wir Parität mit Russland erreicht durch kleinere, aber genauere Feuerkraft. Doch das wird nicht andauern.

Walerij Saluschnyj, Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte

Die Ukraine brauche insbesondere Flugzeuge, schrieb der 50-jährige Saluschnyj. Die fehlende Deckung aus der Luft gilt als ein Grund, warum die Bodenoffensive der Ukrainer in diesem Sommer kaum vorangekommen ist. Mit den versprochenen Kampfjets vom Typ F-16 aus verschiedenen Ländern kann Kiew erst im kommenden Jahr rechnen.

Verbesserte Drohnen müssten das Fehlen von Kampfflugzeugen ausgleichen, folgerte der General. Der Schlüssel zu einem Erfolg im Drohnenkrieg sei eine verbesserte elektronische Kampfführung, um russische Fluggeräte zu stören und abzufangen. Russland sei in diesem Punkt überlegen.

Die ukrainische Armee müsse auch besser ausgestattet werden, um russische Artilleriestellungen zu bekämpfen. „Derzeit haben wir Parität mit Russland erreicht durch kleinere, aber genauere Feuerkraft. Doch das wird nicht andauern“, schrieb Saluschnyj. Weiter brauche die Ukraine moderne Ausrüstung zum Minenräumen, weil die russische Armee bis zu 20 Kilometer tiefe Minengürtel angelegt habe.

„Russland darf nicht unterschätzt werden“, schrieb der Oberkommandierende. Der Gegner habe zwar viele Soldaten verloren, und Präsident Wladimir Putin scheue eine Generalmobilmachung. Aber auch die Ukraine habe Probleme, Reserven aufzubauen. Der Kreis der wehrpflichtigen Männer müsse ausgeweitet werden.

Anders als bei der Rückeroberung großer Gebiete im vergangenen Jahr haben sich in diesem Sommer ukrainische Hoffnungen auf Geländegewinne kaum erfüllt. Allerdings haben die ukrainischen Verteidiger Russlands Stellungen auf der Krim geschwächt und die russische Marine aus dem westlichen Schwarzen Meer vertrieben. Selenskyj und seine Führung halten an der Befreiung aller besetzten Gebiete als Kriegsziel fest. (dpa)

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