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Teamarbeit. Ideen spinnen, Ratschläge geben - die „Nachtschicht“ mobilisierte zum zehnten Mal kreative Kräfte.

© Doris Spiekermann-Klaas

Kreativ durch die Nacht: Mit Schwung und Begeisterung Berlin besser machen

Tolle Beratung, solide Konzepte und prima Ideen: Wie Berliner Unternehmen bei der zehnten „Nachtschicht“ gemeinnützige Organisationen unterstützte

Nachtarbeit kann auch begeistern. Und auch tolle Ergebnisse bringen. Von „schönen Anregungen“ schwärmt jedenfalls Stefan Schenk vom Behinderten- und Reha-Sportverband Berlin e.V.: „Ich bin jetzt sicher, dass wir unser Ziel schaffen.“ Gleich fünf Kreative aus mehreren Berliner Agenturen haben sich in der „Nachtschicht“ um das Anliegen der Reha-Sportler gekümmert: Mit einer Job-Börse 1000 neue Aktive für den Inklusionssport in Berlin zu finden. Der Bedarf ist groß, weil während der Corona-Jahre jeder fünfte Übungsleitende die ehrenamtliche Tätigkeit beendet hat und dadurch viele Sportangebote weggefallen sind. Die „Impulsberatung“ der Profis habe den Ehrenamtlichen „an vielen Stellen die Augen geöffnet“, sagt Schenk. Die Behinderten-Sportler waren eine von 15 gemeinnützigen Organisationen, die in der „Nachtschicht“ gecoacht und beraten wurden.

Die Nachtschicht ist ein Format, das mich sofort begeistert hat

Ana-Maria Trasnea, Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement

Auch Marek Burmeister von der Arbeitsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW), die ihr Email-Marketing verbessern will, war begeistert. „Wir gehen beschwingt hier raus“, erzählt Burmeister, „und ich bin sicher, dass wir einiges umsetzen können“. „Wofür wir sonst Monate brauchen, haben wir in wenigen Stunden geschafft – das war sehr schön und intensiv“, freute sich wiederum Oliver Kindermann von der Agentur Goodwins, der das Nachbarschaftszentrum Ulme35 beriet. „Die Nachtschicht ist ein Format, das mich sofort begeistert hat“, sagte die Staatsekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Ana-Maria Trasnea, „weil hier Stärken und Kompetenzen aus Unternehmen und dem gemeinnützigen Sektor zusammenkommen“.

Bislang wurden 144 Organisationen beraten

Kreativ durch die Nacht für einen guten Zweck ging es am 17. Februar nun schon zum zehnten Mal. Seit 2014 mobilisiert die „Nachtschicht“ das ehrenamtliche Engagement der Berliner Kreativwirtschaft für gemeinnützige Organisationen und Initiativen. Bislang halfen Mitarbeiter*innen aus insgesamt 144 Kreativfirmen mit kostenlosem Einsatz, die vielfältigen sozialen, ökologischen, politischen und kulturellen Anliegen von Gemeinnützigen sichtbarer und schlagkräftiger zu machen. Entsprechend groß ist die Nachfrage: Bislang haben sich 543 gemeinnützige Organisationen beworben. In diesem Jahr hatten sich für die digitale Veranstaltung insgesamt 62 Organisationen beworben.

Ich hab da eine Idee - und schon geht es los.
Ich hab da eine Idee - und schon geht es los.

© Andreas Ernst

Wir achten darauf, dass jeder eine Chance hat und kleine, mittlere und größere Organisationen vertreten sind, erzählt Reinhard Lang von der Agentur UPJ, der die „Nachtschicht“ seit dem Start mitorganisiert. Auch bei den kreativen Köpfen kommt das Format gut an; diesmal gab es 16 Angebote – von großen Agenturen bis zu Soloselbstständigen. Die Agentur Goodwins etwa war gleich mit sieben Mitarbeiter*innen vertreten, die in zwei Gruppen an einer verbesserten Social-Media-Präsenz arbeiteten.

Die „Nachtschicht“ gibt es nun in 16 Städten

Aus der tollen Idee, ehrenamtliche Initiativen, die sich für Menschen in Berlin engagieren, mit Unternehmen zusammenzubringen, die gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, ist über die zehn Jahr eine richtige Institution geworden. Dafür hat die „Nachtschicht“ von Berlins Landesregierung 2017 den Unternehmerpreis „Engagiert in Berlin“ bekommen. Nach Berliner Vorbild gibt es die „Nachtschicht“ außerdem mittlerweile in 16 anderen Städten. Kostenlos arbeiten auch die Organisationen der „Nachtschicht“, das CSR-Netzwerk UPJ, die Kommunikationsagentur OMNIS, die Kongressagentur pcma und das Kommunikationsbüro Kombüse.

Wenn andere Feierabend machen, legen bei der „Nachtschicht“ die kreativen Köpfe erst richtig los. In wenigen Stunden konkrete Ergebnisse vorlegen zu müssen, spornt alle an – volle Konzentration, Teamspirit, Zeitdruck und Ehrgeiz. „Das, was herauskommt, begeistert uns immer wieder“, sagt Cornelia Arras-Hoch, eine der Macher*innen der „Nachtschicht“. Kein Wunder, dass der Andrang der Bewerber jedes Jahr groß ist. Gerade gemeinnützige Organisationen, Vereine oder Projekte profitieren davon, dass die Ergebnisse ganz außergewöhnlich sind und eine enorme mediale Reichweite haben, die sich kleine Vereine und Organisationen ansonsten überhaupt nicht leisten könnten: kostenlose Medialeistungen, Werbe- und Plakatflächen oder Sendezeit.

Erfolgreiche Kampagnen

Einige Projekte sind in den vergangenen Jahren durch die Nachtschicht groß rausgekommen. Eine neue App für Menschen mit Essstörungen gewann etwa die Google Impact Challenge. Auch BSR-Müllautos warben mehrfach mit ungewöhnlichen Plakaten für Projekte, darunter die Beratungsangebote von pro familia Berlin für junge Menschen: Lets talk about Sex. Ein Millionenpublikum erreichten auch die kostenlosen Spots im U-Bahn-Fernsehen „Berliner Fenster“, etwa für die Berliner Schlaganfall-Allianz e.V. über die wichtigsten Schlaganfallsymptome. Profitiert haben von den Ideen und der Begeisterungsfähigkeit der Kreativen zudem Organisationen wie „Silbernetz“ mit ihrem Telefonangebot für einsame Menschen. Und das für die Deutsche Gesellschaft für Multiple Sklerose in der Nachtschicht entworfene Plakat wurde sofort gedruckt und am folgenden Tag auf 700 kostenlos zur Verfügung gestellten Werbetafeln ausgehängt. 

Seit der Gründung der „Nachtschicht“ bis zur Pandemie trafen sich die Kreativen und die Gemeinnützigen immer in den Tagesspiegel-Räumen - hier 2020.
Seit der Gründung der „Nachtschicht“ bis zur Pandemie trafen sich die Kreativen und die Gemeinnützigen immer in den Tagesspiegel-Räumen - hier 2020.

© Andreas Ernst

André vom Verein „Reisemaulwurf“ dankt den Fachleuten für den „tollen Job und erfolgreiche Stunden“. Für den „Reisemaulwurf“ haben sie ein Unternehmensprofil für die Plattform LinkedIn erstellt. Damit sollen Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf und deren Angehörige besser erreicht und ermutigt werden, eine Auszeit und Urlaub zu planen. Weil die Pflege kräftezehrend und schwierig sei, wäre eine Erholung nötig, erzählen die Reisemaulwürfe, aber die Betroffenen habe oft der Mut und die Möglichkeit verlassen, Angebote zu nutzen. Im Workshop mit der Opferhilfe Berlin e.V. ging es dagegen um ein neues Kommunikationskonzept, damit die Information und die aktive Unterstützung von Opfern von Straftaten ausgebaut werden kann.

Nächsten Jahr endlich wieder analog

Seit drei Jahren findet die „Nachtschicht“ coronabedingt digital statt, die sieben Jahre davor wurde die achtstündige Veranstaltung jeweils in den Räumlichkeiten des Tagesspiegels durchgeführt. Die Web-Designer, Digital-Experten, Kommunikationsberater und Texter hatten bis zwei Uhr nachts Zeit, konkrete Ergebnisse zu erarbeiten. Im kommenden Jahr soll es endlich wieder so weit sein: Dann soll die „Nachtschicht“ wieder analog stattfinden – mit viel Spaß gemeinsam an überraschenden Ideen und ausgeklügelten Konzepten für die gemeinnützigen Organisationen arbeiten, um Berlin in einer Nacht besser zu machen.

Mehr Infos: www.nachtschicht-berlin.de

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