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Vilmos Huszárs „Stilleven met Vruchten“ aus den 50er-Jahren (50 x 59,5 cm)

© Galerie Brockstedt

Abstrakte Kunst seit 1917: Eine Weltsprache

Die Galerie Brockstedt zeigt Ungegenständliches von Stars und fast vergessenen Künstler:innen

Von Angelika Leitzke

Eine erstaunliche Vielfalt der Positionen tritt in der Berliner Galerie Brockstedt unter dem Begriff Abstraktion auf. Er wurde vor dem Ersten Weltkrieg zum Bruch mit der Tradition, nach 1945 zum Zeichen von Freiheit und Demokratie im Westen und hat viele Gesichter: Kubismus, Konstruktivismus, Konkrete Kunst, Dadaismus, Op Art, Tachismus, Informel oder auch Action Painting.

Schnittstellen bildeten vor 1939 die Novembergruppe, das Bauhaus, die niederländische Künstlergruppe De Stijl mit ihrer Askese der Farben und Formen oder der lose Zusammenschluss Abstraction Création. Bei Brockstedt reicht die Skala vom Materialbild über das Ölgemälde bis hin zur Zeichnung und Kleinskulptur wie der sich spiralig windenden bronzenen „Flamme“ von Volkmar Haase, der bis zu einem Tod 2012 in seinem Atelier in Kladow arbeitete.

Es gibt aber auch Lebensläufe, die vom NS-Terror durchkreuzt oder gar vernichtet wurden. Otto Freundlich, 1943 im KZ ermordet, ist mit Farbkompositionen auf Papier vertreten. Seine Lebensgefährtin Hannah Kosnick-Kloss, die nach dem Krieg alle Werke aus dem gemeinsamen Pariser Atelier retten konnte, breitete ihre Fantasie in teppichartigen Gemälden von strahlender Farbigkeit und pulsierendem Rhythmus aus. Von Kurt Schwitters, der 1948 im englischen Exil starb, sind bei Brockstedt kleinformatige wortlose Collagen zu sehen.

Vilmos Huszár tritt in Mondrians Fußstapfen

Mark Safans „THIS“ von 2002, eine Mischtechnik mit Kartonresten, entführt in lichtblaue himmlische Sphären. Sein amerikanischer Landsmann Shmuel Shapiro, der lange in Deutschland lebte, klebte in seine wild hingepinselte „Hommage an Kenneth Noland“ Schnitzel von Zigarettenschachteln. Vilmos Huszár trat in die Fußstapfen von Piet Mondrian mit seinem Früchtestillleben in Rot, Gelb und Blau, das er auf wenige rudimentäre Formen reduzierte.

Die Niederländerin Lou Loeber verwandelte 1930 ihre „Lezende“ als Linolschnitt in eine streng geometrische Anordnung schwarzer und weißer Flächen. Maria Brockstedt, die sich 1960 von ihrem Mann, dem 2017 verstorbenen Galeriegründer Hans Brockstedt, trennte und den Künstlernamen Sarah Schumann annahm, zeigt sich mit informellen Gemälden, darunter „URUK“ in mystisch auflodernden Farben von 1958.

Einige der 30 in der Ausstellung präsentierten Künstler:innen, zu denen bei Brockstedt auch große Bekannten wie Hundertwasser, Vasarely, Willi Baumeister oder Georg Meistermann zählen, sind heute nahezu vergessen: Rudolf Mauke, Thilo Maatsch oder der Klee-Schüler Henri Pfeiffer. Er gab nach 1933 die Malerei zugunsten der Naturwissenschaften auf. Seine vorher entstandenen Bilder scheinen den französischen Tachismus vorwegzunehmen. Die Preise der Werke liegen zwischen 1.500 und 100.000 Euro („Die neue Freiheit - Abstraktion in Malerei und Skulptur (1917- 2022)“, bis Ende Dezember, Galerie Brockstedt, Mommsenstr. 59, Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr. www.brockstedt.com)

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