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Kultur: Ach, diese Kerle

Noch ein Männerfilm: Die französische Urlaubs-Burleske „Kleine wahre Lügen“

Männer, die betrunken oder anders bedröhnt durch Clubs streifen und Mädchen – alle Frauen sind für solche Männer Mädchen – anmachen mit der Frage: „Haben wir schon gefickt?“ Männer, die sich zu zweit mit einer Frau „und ihrer Kusine“ treffen, um eben das zu tun. Männer, die reich sind und cholerisch. Männer, die ihre grazilen, rehäugigen Frauen in jeder Hinsicht schlecht behandeln. Großkotzige, machtbesessene Egomanen, deren Selbstverständnis nicht angekratzt werden kann, weil sie über keinerlei Reflexionsvermögen verfügen: Das sind Repräsentanten einer dem Untergang geweihten Spezies. Und weil sie davon vielleicht selbst eine schwache Ahnung haben, hauen sie erst recht auf den Putz.

Eine Gruppe solcher Männer porträtiert Guillaume Canet in „Kleine, wahre Lügen/Les petits mouchoirs“, und wäre da nicht Marie (Marion Cotillard), die sich selbst fast wie einer der Kerle verhält, könnte man denken, dass Frauen ausschließlich Jagdwild sind. Das Ganze spielt im Frankreich der Gegenwart, wo zwar einerseits halbwegs Gleichberechtigung der Geschlechter herrscht, andererseits aber eine Art von Machismo gefeiert wird, der fast schon altmodisch wirkt. Ein bisschen wundert man sich schon, zumal es sich um die Generation der jetzt 40-Jährigen handelt. Die müssten es nun wirklich besser wissen.

Die Gruppe fährt in Urlaub, obwohl einer von ihnen nach durchzechter Nacht einen lebensgefährlichen Verkehrsunfall hatte. Seit Jahren fahren sie mit ihren Freundinnen, inzwischen auch teils mit Kindern, ins Haus des Gastronomen Max an der Atlantikküste. Dort treffen sie auf den Austernfischer Jean-Louis, fast schon ein alter Freund. Aber der Urlaub ist trotz allen Lärms getrübt: Aggressive Anspielungen und derbe Scherze versuchen die nicht Betroffenen zwar zu ignorieren, aber irgendwann eskaliert die Situation. Und als Jean-Louis erklärt, dass er die Nase voll von den Egomanen habe, sind sie für einen Moment ziemlich kleinlaut, ja jämmerlich. Und der größte Schock steht ihnen noch bevor.

Offenbar wollte Canet einen kritischen Film über diese Art Männer drehen. Aber warum lässt er seine Darsteller dann noch in der Niederlage vor Selbstgewissheit strotzen? Und warum liefert er eine Inszenierung, die wie Bacardi-Reklame aussieht und den nachlässig-aufwendigen Lebensstil der Urlauber in jeder Einstellung zelebriert? So ist „Kleine, wahre Lügen“ doch eher Hommage als Demontage geworden – und damit war Claude Sautet schon in den Siebzigern durch.Daniela Sannwald

In 8 Berliner Kinos. OmU: Cinema Paris, Hackesche Höfe

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