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„Hallo 2023“,  die Neujahrsrevue der Ades Zabel Company.

© Jörn Hartmann

Alle Jahre wieder (Teil 4): Futschibowle mit Konfetti

Nie ist das Immergleiche so wertvoll wie am Jahresende. Unsere Serie stellt einige Berliner Festtagsrituale vor, diesmal die Edith-Schröder-Shows im BKA Theater.

Edith Schröder ist Familie, klarer Fall. Eine Frau aus dem Volke. Ganz alter Nogatstraßen-Adel. So urneuköllnisch, wie Neukölln schon lange nicht mehr ist. Bei den Jahresendkultshows von Ades Zabel und seiner Company spricht nie wer Englisch. Das verstehen die Trümmertunten Edith Schröder, Jutta Hartmann und Biggy van Blond gar nicht.

Deswegen sind sie auch keine Dragqueens, sondern eben Edith, Jutta und Biggy. Eine Hartzerin, eine Kneipenwirtin und eine Legginsboutiquenbesitzerin zum Liebhaben. Kein Geschmack, keine Kohle, aber immer Klappe auf.

Seit 20 Jahren klingelt „Wenn Ediths Glocken läuten“ die besinnliche Zeit im Kreuzberger BKA Theater nieder. Und kaum ist der Tannenbaum abgefackelt, wird nach dem Fest in der Neujahrsrevue „Hallo 2023 – mit Edith ins neue Jahr!“ bis in den Januar hinein täglich Silvester gefeiert. Aber ordentlich!

Improvisation und Halbplayback

Immer ist die Bude voll, immer gibt es Futschi oder Prosetscho. Immer wird der Klempner angebaggert, der bei Edith die Stolle aus dem Abflussrohr holt. Oder der Hinterhof-Charmeur Harry Weinfurz steigt den Damen nach. Immer wird wild improvisiert und ekstatisch zu Halbplayback gesungen und getanzt. Feuer frei Konfettikanone!

Das Publikum ist kunterbunt gemischt, wie man das selten hat. Und doch ein Herz und eine Seele im Gegacker über die Possen der Zabel-Truppe: Ehepaare aus Rudow, Schwule aus Schöneberg, Hipster aus Mitte.

Alle lieben den campen Trash der schrägen Damendarsteller, die unverbrüchlich in der Mitte der Gesellschaft zu Hause sind. Und alle haben Angst, einen Futschi angeboten zu bekommen, der manchmal auf Tabletts durch das Publikum kreist.

Angstlust gehört ja immer zu Familienfesten, wo man sich gegenseitig belauert, wer sich jetzt wieder bekleckert oder daneben benimmt. Auch Edith, Jutta und Biggy, verkörpert von Ades Zabel, Bob Schneider und Biggy van Blond, mischen in ihrem Geplänkel und Gezanke die Freundinnenliebe mit Neid und Missgunst. Die Ades Zabel Company ist nichts weniger als ein herrliches Hochamt der Peinlichkeiten. Neuköllner alte Schule halt.

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