zum Hauptinhalt

SPIEL Sachen: Ritt in der Lederkluft

Patrick Wengenroth kehrt mal wieder zurück in den Theaterdiscounter. Christine Wahl über Indianer und Rothäute, die es werden wollen.

Egal, ob Anne Will die Kanzlerin zur Finanzkrise befragt, der „B.Z.“-Kolumnist Franz Josef Wagner sich Gedanken zum Feminismus macht oder Oliver Kahn seine Autobiografie veröffentlicht: Man kann sich hundertprozentig darauf verlassen, dass Patrick Wengenroth keine dieser verbalen Perlen entgeht. Wegen spektakulärer Bekenntnisse à la „Die Trennung von meiner Frau hatte nichts mit ihrer Person zu tun“ (Oliver Kahn) erfand der Regisseur schließlich vor sechs Jahren als Gründungsmitglied des Theaterdiscounters das Format „Planet Porno“. Zu jeweils aktuellen Themen – sei es das Theatertreffen oder das jüngste Konjunkturpaket – stochert Wengenroth lustvoll im medialen Stilblütenmüll. Seine Schauspieler bringen die lustigen dokumentarischen Erträge dann mit gebotenen V-Effekten, aber nie platt kabarettistisch über die Rampe. Logisch, dass das Format bald über den Discounter hinaus berühmt wurde und jetzt vorzugsweise im Hebbel am Ufer läuft.

In der Sommerpause kehrt Wengenroth aber mal wieder zurück in den Theaterdiscounter, der vor wenigen Monaten eine neue Spielstätte in der Klosterstraße 44 bezogen hat, und nimmt im lässigen „Planet Porno“-Stil Kevin Costners Oscar-Abräumer von 1990, Der mit dem Wolf tanzt, auseinander. Konzipiert für das Festival „Regionale 08/Diwan“ letztes Jahr in der Steiermark, erlebt der schön trashige Abend jetzt seine Berlin- Premiere (22. und 23.8. sowie 28.–30. 8., 20.30 Uhr). Dabei ist der Titel „du rot/ ich weiß“ nicht nur als Anspielung auf Costners Indianergeschichte zu verstehen, in der ein Nordstaaten-Offizier sich anno 1864 in ein Indianergebiet im heutigen South Dakota versetzen lässt und selbst zum Indianer der Herzen mutiert. Love-Story inklusive. Er bezieht sich auch auf die österreichische Flagge und macht sich ansonsten über die gesammelten Klischees lustig, die solche „Assimilationsgeschichten“ oder Erweckungs- und Selbstfindungsprojektionen typischerweise an sich haben.

Was Wunder, dass Wengenroth sich vor allem genüsslich das „Making of“ vorgeknöpft hat, in dem Costner und Co. sich mit gut gemeintem Vereinnahmungsfuror als Anwälte der Indianer in die Bresche werfen und über Finanzierungsprobleme dieses „wahnsinnig riskanten Projekts“ parlieren. Wie bei „Planet Porno“ sampelt Wengenroth auch bemerkenswerte Äußerungen anderer Fachkräfte zum Sujet. Uschi Glas zum Beispiel weiß laut Autobiografie seit ihrer Rolle als „Halbblut Apanatschi“, was für ein „wahnsinnig befreiendes Gefühl“ der Ritt in einer Lederkluft erzeugen kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false