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Dem Leben zugetan: Dagmar Berghoff, ehemalige Sprecherin der „Tagesschau“ und Moderatorin.

© dpa / dpa/Marcus Brandt

Dagmar Berghoff wird 80: Sie kam, las und siegte

Widerstände konnten sie nicht aufhalten: Dagmar Berghoff war 23 Jahre lang Sprecherin und Chefsprecherin der „Tagesschau“.

Das kann nicht gutgehen, glaubte Karl-Heinz Köpcke. Der damalige Chefsprecher der „Tagesschau“ stand dicht neben Dagmar Berghoff, als die „Tagesschau“ am 16. Juni 1976 um 20 Uhr auf Livesendung ging. Der Chefsprecher hielt – zeittypisch für damalige Männer - Frauen für emotional instabil, war der Meinung, sie würden bei schrecklichen Nachrichten in Tränen ausbrechen. Dagmar Berghoff aber trug die Nachrichten picobello vor. Sie kam, las und siegte, bis sie am 31. Dezember 1999 zum letzten Mal die Zuschaurinnen und Zuschauer der einschaltstärksten Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen begrüßte. Ihren Finaltag nach 23 Jahren hatte Berghoff selbst bestimmt.

Die gebürtige Berlinerin hatte ihren eigenen Kopf, später sagte sie, „im Laufe der Zeit sind meine Widerstandskräfte gewachsen“. Brauchte sie auch, ihr Vater sah in ihr eine kommende Chefsekretärin, die Eltern verhielten sich dem Kind mit den Gesundheitsstiefeln, der Zahnspange und dem starken Haarausfall, als die depressive Mutter sich das Leben nahm, war Berghoff sieben Jahre alt. Sie spielte in selbstgeschriebenen Stücken, heimlich schrieb sie mit 15 an den Schauspielstar Joseph Offenbach, sprach vor, der fand sie begabt. Au-pair in London und Paris, Ausbildung an der staatlichen Schauspielschule in Hannover, trotz eines Angebots des Theaters in Münster ging sie zum Südwestfunk nach Baden-Baden, machte Sprecherkarriere, kehrte der Liebe wegen nach Hamburg zurück. Dann kam der Anruf des NDR.

Konkurrenz zum ZDF

Dagmar Berghoff war nicht die erste Frau in einer Nachrichtensendung, das war Wibke Bruhns zwischen 1971 und 1973 bei „heute“ im ZDF gewesen. Auch sie wurde anfangs mehr skeptisch als wohlwollend gesehen, trotzdem fühlten sich die ARD-Granden herausgefordert, auf die ZDF-Konkurrenz zu reagieren, wo bereits an einer Nachfolgelösung für Bruhns gebastelt wurde. Die Wahl fiel auf Berghoff, die damals beim Hörfunk des Norddeutschen Rundfunks arbeitete und dort durch ihre markante, leicht rauchige Stimme auffiel.

Dagmar Berghoff wurde engagiert und fand schnell ihren Platz im Männerteam der „Tagesschau“. Als Quotenfrau habe sie sich nie gefühlt, das Wort habe es noch nicht gegeben. „Von Feministinnen wurde ich ja ein wenig als Vorreiterin eingenommen. Doch das war nie meine Intention. Ich bekam nur einen tollen Job angeboten - und den habe ich gemacht.“

Ihr sei bewusst gewesen, dass der Job als Nachrichtensprecherin für „uns Frauen“ bei Fehlern ihrerseits erst einmal wieder für „lange Zeit verloren“ sein würde. Jeder Versprecher, jeder Hakler sei für wirklich eine Katastrophe gewesen. Aber nichts davon konnte ihre Souveränität, ihre Konzentration negativ beeinflussen, das Publikum wollte sie sehen, anders als Carmen Thomas, die mit „Schalke 05“ im ZDF-„Sportstudio“ 1973 wenigstens bei Teilen der Männerwelt in Ungnade fiel und trotzdem das „Sportstudio“ weiterhin moderierte. Und in Tränen brach die Berghoff auch nicht aus, sondern in lautes Kichern, als sie 1988 aus einem WCT-Tennisturnier, das Boris Becker gewann, kurzerhand ein WC-Turnier machte.

Bei aller sonstigen Neutralität zeigte sich Berghoff hier von der menschlichen Seite, von den Zuschauerinnen und Zuschauern geschätzt, mit Preisen gewürdigt. Und war selbst dem Leben zugetan. Eine Affäre mit dem Regisseur und Autor Dieter Wedel blieb eine, weil der polyamore Wedel sich auch Beziehungen zu dritt vorstellen konnte.

Dagmar Berghoff kapitalisierte ihre „Tagesschau“ Popularität mir weiteren Fernsehformaten, von 1982 bis 1984 war sie Gastgeberin der „NDR Talkshow“ oder führte 1984 bis 1992 mit Max Schautzer durchs „Wunschkonzert“ der ARD.

Als sie die „Tagesschau“ 1999 beendete, tat sie es auch, um mehr Zeit für ihren zweiten Mann, den in Pension gegangenen Arzt Peter Matthaes zu haben. Doch Matthaes starb nur ein Jahr später an Krebs, was die Berghoff nach eigenen Angaben völlig aus der Bahn warf, ihre Rettung sei am Ende die Arbeit gewesen.

Leben im Hier und Jetzt

Dagmar Berghoff, schreibt dpa-Korrespondentin Ulrike Cordes, lebt im Hier und Heute. Mit Freunden kultiviert sie gern die schönen Seiten des Daseins: Essen gehen, Kunstmuseen besuchen, Reisen - gern nach Frankreich. „Und auch wenn ich gerne mit 200 km/h auf der Autobahn fahre, tue ich das inzwischen deutlich weniger“, sagte sie ihrem „Tagesschau“-Kollegen Constantin Schreiber im Interviewbuch „Guten Abend, meine Damen und Herren“. Am Mittwoch feiert Dagmar Berghoff ihren 80. Geburtstag in Hamburg..

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