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Armide - gespielt von Emilie Renard (In der Mitte im Bild).

© Stefan Gloede

Musikfestspiele Potsdam: Premiere „Armide“: Dämonen, Ritter, Unterwelt

Auf den Musikfestspielen in Potsdam hatte Cristina Colonnas „Armide“-Inszenierung Premiere. Eine Zauberoper mit dramaturgischer Würde.

In fast jeder Generation hat sich ein Komponist des Armide-Stoffes nach Torquato Tasso angenommen. Damit ist die Tragödie um den amourös verzauberten Kreuzritter, den am Ende doch der Ruhm in die Schlacht zieht und die Liebe verschmähen lässt, eines der wenigen Opernsujets, die quer durch die Jahrhunderte Künstler wie Publikum angeregt haben.

Jean-Baptiste Lully, Komponist am Hofe Ludwigs XIV., legte in seinem letzten Werk für den französischen Königshof in verknappter Form und mit ungeahnter Sinnlichkeit sein Vermächtnis für die Nachwelt nieder. Die eigentliche Größe des Stücks besteht darin, die bis dahin eher stilisiert wirkenden Handlungsstränge der Oper zu einem echten Seelendrama der verlassenen Zauberin Armide zu formen – allein durch die Kraft der Musik, beeindruckende dramatische Wendungen und dissonante Affektschilderungen.

Regisseurin Colonna lotet jede Figur aus

Im Möchtegern-Versailles des preußischen Königs hat das Stück in der Orangerie von Sanssouci bei den Musikfestspielen Premiere – und überzeugt. Stilsicher inszeniert Deda Cristina Colonna, selbst Choreografin, das Stück als Tanzabend: Dämonen, Ritter, Unterwelt – diese ein wenig naiv anmutenden Figuren werden von den Nordic Baroque Dancers zu Allegorien ausformuliert und verleihen der Zauberoper auf diese Weise eine auch dramaturgische Würde.

Bis auf Schaufensterpuppen, die mal Diener in Livree, mal Projektionsfläche für Armides Leidenschaften sind, bleibt die Bühne leer und wird vor allem von der Opulenz der aus Versailles verschickten Kostüme ausgefüllt. Colonna verlässt sich aber nicht darauf, sondern lotet jede Figur mit einer für Barockopern sehr differenzierten Personenregie aus. Patrick Cohën-Akenine als Primarius am Pult macht ihr die Arbeit leicht: Seine „Folies Françoises“ lassen auf Kopien der höfischen Originalinstrumente eine äußerst farbenfrohe Partitur erstrahlen, die frei von Pathos die Seelenzustände auf der Bühne illustrieren. Insbesondere agogisch ist immer alles in Bewegung, es gibt keine Längen oder eingefahrene Muster, in jedem wohlbedachten Takt gebietet die Aussagekraft über stilistische Moden. Ein großer Gewinn auch für die Solisten, aus denen Emilie Renard in der Titelpartie besonders herausragt: Ihre Armide wird mit jeder Faser von der Zauberin zur Liebenden, von der Statuette der Macht zum Menschen. Großartig.

Wieder am 21. und 22. Juni

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