zum Hauptinhalt
Der Entwurf des in dunklem Metall verkleideten Gebäudes stammt vom Zürcher Büro Gigon / Guyer.

© © Stefan Müller, Berlin

Der neue Anbau des Josef-Albers-Museums : Architektur für’s Quadrat

Makellos: Der Zürcher Büro Gigon / Guye hat in Bottrop ein Gebäude mit hohen, angenehm proportionierten Räumen geschaffen, die von Sheddächern bedeckt sind.

Ein Vierteljahrhundert lang, von 1950 bis zu seinem Tod 1976, hat Josef Albers seine Hommagen an das Quadrat gemalt. Mehr als 2300 dieser Quadratbilder hat er geschaffen, und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten es noch etliche tausend mehr sein dürfen. Wie sich Farben zueinander verhalten, wie sie wahrgenommen werden, im Verbund mit- und im Kontrast zueinander, das war sein Lebensthema.

In seiner Heimatstadt Bottrop, wo er im väterlichen Malereibetrieb die Liebe zu Farben entdeckte, wurde ihm für sein und seiner Ehefrau Anni Albers’ großzügiges Vermächtnis ein Museum seines Namens errichtet, das nun – Museen stehen niemals still – seine Ausstellungsfläche mit einem über einen Brückengang verbundenen Zweitbau verdoppelt hat.

Heinz Liesbrock vollendet seine gut 20-jährige Amtszeit als Direktor mit der Ausstellung „Huldigung an das Quadrat 1950 – 1976“, die in den acht Räumen des Neubaus die Summe seiner Beschäftigung mit dem Künstler zieht. Der asketische, reserviert wirkende Liesbrock blüht auf, wenn er durch die Räume führt, und man ahnt in seinem gebändigten Feuer eine Seelenverwandtschaft mit Albers, der sich so unermüdlich der „Interaction of Color“ – so sein berühmter Buchtitel – gewidmet hat.

Anfangs hat Albers Schwarz-Grau-Weiß gemalt, aber nur ganz zu Anfang, dann entdeckte er die Farbe für sich und ließ sie in geradezu übermütigen Kombinationen auf die Leinwand fließen. Im Lauf der Zeit wurde er zum Systematiker, der kalte und warme Farben gezielt in ihren wechselseitigen Wirkungen erprobte, und gern ließ er Farbfolgen in der einen wie in umgekehrter Reihenfolge interagieren. Das Dreier-Quadrat wurde bald seine Form, wobei das innere Quadrat von einem größeren und dieses von einem dritten umgeben ist.

Das Rechteck ist gutmütiger als das Quadrat.

Annette Gigon, Architektin

Der Entwurf des in dunklem Metall verkleideten Gebäudes stammt vom Zürcher Büro Gigon / Guyer, das mit dem Kirchner-Museum in Davos einen vielgelobten Erstling schuf. Federführend war die 63-jährige Annette Gigon. Sie hat den Neubau allerdings nicht in ein Quadrat gepresst, denn – sagt sie – „das Rechteck ist gutmütiger als das Quadrat“. Auf jeden Fall geeigneter, eine Folge von acht Räumen aufzunehmen, mit festen Wänden, wie sie der Museumsdirektor verlangt hat, der „Pappwände“ verabscheut.

Bedeckt sind die hohen, angenehm proportionierten Räume von Sheddächern, allerdings mit Rollos gegen Tageslicht abgedeckt – Albers malte bei Neonlicht, wissend, dass im Museum Kunstlicht herrscht. Doch drei Räume besitzen jeweils ein riesiges, bodentiefes Fenster, von dem der Blick auf den Stadtgarten mit kleinem Weiher geht – ein perfektes Zusammenspiel von Kunst und Natur.

Dass Albers sich der Tradition bewusst war und sie sich auf seine Weise aneignete, deutet Liesbrock an, indem er in einem Raum ein Stilleben des geistesverwandten Morandi integriert und in einem zweiten den vom Folkwang Museum in Essen entliehenen, herrlichen Cézanne, der den titelgebenden „Steinbruch“ in ein Gefüge von rotbraunen Flächen aufgliedert. In diesem Saal ist denn auch ein Sheddach-Fenster frei und lässt Tageslicht herein – man sieht die unterschiedliche Wirkung von Kunst- und Tageslicht unmittelbar.

Gigon / Guyers Neubau ist wunderbar gelungen, in der Konzeption wie in der Ausführung. Wie man es von Schweizern erwartet, alles makellos, mit hellem Eichenholzboden, einer Wohltat für Fuß und Auge. Die Wände strahlen weiß wie beim „White Cube“, aber mit der sacht durchschimmernden Struktur der von Hand aufgebrachten Wandfarbe. Beim Durchwandern der Räume mit roten, grünen, gelb-grauen und schließlich tieftraurig schwarzen Quadraten beginnt man zu verstehen, was Albers bewegt hat. Ja, es ist ein Meister in Bottrop – und ein meisterliches Haus, das jede Reise wert ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false