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R’n’B-Sängerin SZA überzeugt auch live mit ihrer zarten und zugleich kraftvollen Gesangsstimme.

© IMAGO/ZUMA Wire/Armando L. Sanchez

Ein SOS hinaus in die Welt : Sängerin SZA gibt Herzschmerz eine Melodie

Fünf Jahre ließ die R’n’B Sängerin SZA auf ein neues Album von sich warten. Jetzt ist sie mit „SOS“ auf großer Europatour und begeistert tausende junge Fans in der Berliner Mercedes-Benz Arena.

Low Waist Miniröcke, Baggy Jeans und mit Strasssteinchen besetzte Creolen – auf dem Mercedes Platz hat sich der Inbegriff der Berliner Gen-Z versammelt, man fühlt sich zurückversetzt in die 2000er Jahre. Das Publikum der amerikanischen R’n’B-Sängerin SZA ist jung, modisch und divers. PoC und Mitglieder:innen der queeren Community haben dem Berlin-Konzert der afroamerikanischen Ikone lange entgegengefiebert; schon auf den Nachfolger ihres Debüts „,Ctrl“ von 2017 mussten die Fans über fünf lange Jahre warten. Die Geduld lohnt sich: „SZA hat abgerissen”, sagt ein junger Mann mit lila Conrows, zu seiner Freundin. Und Recht hat er. 

Zu Beginn der Show in der fast ausverkauften Mercedes Benz World wird das Cover ihres zweiten Albums „SOS“ lebendig. Die Sängerin sitzt auf einem Sprungbrett, ihre Beine baumeln in der Luft, mehrere Meter über der Bühne. Unter ihr der Ozean. Unendlich weit und tief. Umgeben von virtuellem Wasser wirkt SZA ebenso frei wie isoliert. Auch die Songs der Künstlerin sind eine Odyssee in die Tiefen des Herzschmerzes, in all seinen Facetten.

So klingt weibliche Emanzipation

Nur einer der Gründe, warum ihre Musik so viele Menschen fasziniert: Sie bewegt. „I can’t regret no time spent with you. And I still wonder if you notice me“, singt sie, während der Hintergrund von Rot- und Orangetönen des Sonnenuntergangs erleuchtet wird. Die 33-jährige findet Worte für eine Form des Schmerzes, der in der zur Normalität gewordenen, schnelllebigen und von Konkurrenzdenken beherrschten Gegenwart unvermeidbar scheint.

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Ihre Texte sind nachbar und unverstellt, man „fühlt” sie, wie ein junges Mädchen sagt. „Als mein Freund mich betrogen hat, habe ich „SOS” auf replay gehört. SZA ist so empowernd. Sie hat mir klargemacht, dass Liebeskummer haben und eine starke Frau sein, sich nicht ausschließt.”

Es tue zwar weh, behandelt zu werden, als sei man nicht mehr als ein Sommerflirt gewesen, aber „I won’t cry over spilled milk” singt SZA, die auch Songs von ihrem Debüt spielt, das an diesem Freitag vor sechs Jahren herauskam, wie SZA stolz erzählt. Sie sei gerührt, diesen Tag heute mit ihrem Berliner Publikum feiern zu dürfen.

Titelsong für den Marvel-Film „Black Panther“

Auch ohne die Unterstützung von Travis Scott, Doja Cat oder Kendrick Lamar, mit denen SZA schon Songs aufgenommen hat, füllt sie die Halle mit ihrer Energie. Mit „All the Stars”, das sie unter einem funkelnden Sternenhimmel performt, schafften SZA und Rapper Kendrick Lamar es sogar bis nach Hollywood: es ist der Titelsong von „Black Panther”, der SZA ihren internationalen Durchbruch bescherte.

SZA mischt bei den eindrucksvollen Hip-Hop und Streetstyle-Choreografien ihrer Tänzer:innen mit.

© imago/MediaPunch/imageSPACE

Die Rap-Passagen ihrer abwesenden Kolleg:innen nutzt SZA, um leichtfüßig in die eindrucksvolle Hip-Hop- und Streetstyle-Choreografien ihrer Tänzer:innen einzusteigen. Auch die Show der Sängerin, die der Erzählung eines sinkenden Schiffes folgt, erinnert an einen Kinofilm, einschließlich Credits und einem klassischen „The End“ zum Abschuss.

Eine für ein Hip-Hop-Konzert ungewöhnliche Umsetzung. Doch die ästhetische Darbietung muss ein kaum vorhandenes Crowd-Working einbüßen. Schade für alle, die sich an der ein oder anderen Stelle Anekdoten zu den sehr persönlichen Texten gewünscht hätten.

Rettet unsere Seelen

Der Titel des Albums „SOS“ ist ein Motiv, das sich durch die knapp zweistündige Show zieht, wobei die Übersetzung des Morsezeichens mit „Rettet unsere Seelen” diesen Abend perfekt trifft. Nachdem die Abendsonne hinter dem Horizont verschwunden ist, zieht ein Sturm auf, der das Schiff, auf dem SZA über Eifersucht, Verlangen, verpasste Chancen und verlorener Liebe singt, zum Kentern bringt.

Als sie kurz darauf in einem Rettungsboot über den Köpfen des Publikums schwebt, getragen von einem ozeanblauen Licht, breitet sich in der Menge ein befreiendes Gefühl der Grenzenlosigkeit aus. Fast alle Songs von SZA handeln von Empowerment. Aber wer rettet unsere Seelen, wenn nicht wir selbst?

Die ebenso zarten wie kraftvollen Klänge in SZAs Musik geben einem diesen Glauben zurück. Aber sie kann auch anders: Die Soli ihrer Gitarristin erinnern an den Funkrock von Prince’ Band The Revolution, ihre geschmeidigen Balladen gehen nahtlos in melodischen Rap über. Wie auch den Schattierungen des Herzschmerzes, schenkt sie vielfältigen Soundreferenzen und Vorbildern einen Platz in ihrer Musik.

Am Ende des Konzerts findet sich SZA in einem gelben Kleid auf dem Sprungbrett über dem Ozean wieder. Der Morgen ist da, und die Sonne geht über den Wellen auf. Sie habe ihr Schicksal schon immer mit einem Lächeln erwartet: „Still wanna try, still believe in good days. Always sunny inside. Good day living in my mind”, singt sie und schickt ihre Zuhörer:innen mit einem Rettungsanker für dunkle Tage nach Hause. 

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