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Der Konzertsaal des Exploratorims.

© Exploratorium Berlin

Eröffnung im Exploratorium Berlin: Lauschen und Erforschen am neuen Ort

Berlins Ort für Improvisation hat an diesem Wochenende seine neuen Räume in Kreuzberg eingeweiht. Ein erster Besuch.

Von Friederike Kenneweg

Das Publikum saß gespannt im neuen Konzertsaal des Exploratoriums Berlin und wartete auf den Beginn der Eröffnungsveranstaltung. Das Gemurmel war schon abgeebbt, die Blicke schweiften über den dunklen Holzfußboden, die Metalltraversen mit Scheinwerfern und Beamer an der Decke und die Vertäfelung aus hellen Holzstreben am hinteren Rand der Bühnenfläche.

Und plötzlich kamen da diese rauen Geräusche aus dem Raum hinter dem Publikum. Langsam zogen vier Musiker*innen und eine Tänzerin in den Bühnenraum hinein. Ihre Instrumente: lange, dünne Holzstäbe, die sie über den Holzboden gleiten ließen. Ein Geräusch, das einem in anderen Zusammenhängen vielleicht auf die Nerven gehen könnte – aber hier im Konzertsaal wurde stattdessen die Schönheit offenbar, die im stotternden Schieben von Holz über Holz liegt, wenn man die Situation dafür schafft, dem zuzuhören.

Klänge mit Suppentellern und Stäbchen

Die Improvisationskünstler*innen, die hier unter dem Namen „Ex Tempore Reloaded“ auftraten, klopften und tasteten mit weiteren unterschiedlichen Hölzern von Dachlatten bis hin zu Essstäbchen den Raum ab und öffneten die Ohren des Publikums für den dumpfen Sound eines Schlags auf einen Moltonvorhang, das Quietschen von Holzstäben auf der Fensterscheibe, das Kratzen über die Netzstruktur einer Lautsprecherabdeckung und das Klackern über die Lamellen einer Heizung.

In einem weiteren Teil kamen Suppenteller und Schüsseln zum Einsatz. Im Raum verteilt und auf einzelne Plastikbecher gestellt, klangen sie, von den langen Holzstäben angeschlagen, wie Gongs oder Klangschalen. Das Improvisationsensemble eroberte sich mit Klang und Tanz den neuen Raum und nahm ihn erstmals in Beschlag: der neue Ort des exploratoriums war eröffnet.

Feste Größe der Berliner Improvisationsszene

Schon seit 2004 bietet das Exploratorium Berlin allen, die sich mit Improvisation beschäftigen, einen Raum für Auftritte, Workshops, für den Austausch, fürs Ausprobieren und zum Mitmachen. Gegründet vom Improvisationsmusiker und Musikpädagogen Matthias Schwabe, hat es sich zu einer festen Größe der Berliner Improvisationsszene entwickelt.

Was einst als Ein-Mann-Unternehmen startete, beschäftigt unterdessen ein sechsköpfiges Team, das sich um die verschiedenen Bereiche rund um die improvisierenden Kunstformen kümmert. In der Zossener Straße 24, direkt gegenüber von der Marheineke-Markthalle, hat das Exploratorium Berlin jetzt ein neues Zuhause gefunden. Die Räumlichkeiten wurden extra für die Belange des Zentrums für Improvisation ausgebaut und renoviert – ein Prozess, der einige Hürden mit sich brachte und auch noch nicht zur Gänze abgeschlossen ist.

Studioräume mitten im Leben

„Es ist alles noch ein bisschen Baustelle“, sagt Matthias Schwabe bei der Eröffung, „und auch wenn ich hoffe, dass alles bald richtig abgeschlossen sein wird, muss ich sagen, Baustelle, das passt auch zu uns.“

Der bunte Schriftzug des Exploratoriums ist an den Fensterscheiben schon von der Straße aus zu erkennen, doch erst geht es durch die Räumlichkeiten des Gastronomiebetriebs Gia Panta, bevor man zu Flur und Treppenhaus gelangt, die zum neuen Konzertsaal und den Studioräumen führen. In einem kleineren Studioraum im Obergeschoss laden große Regale mit Schlaginstrumenten, Rasseln und Trommeln zum Experimentieren ein. Ein weiterer Studioraum beherbergt darüber hinaus einen Flügel. Die Fensterfronten öffnen sich hin zum Innenhof eines Wohngebäudes: die Kunst mitten im Leben.

In einem kleineren Studioraum mit niedrigeren Decken im Keller soll demnächst auch ein Spinett zur Verfügung stehen. Wegweiser im Treppenhaus führen Interessierte auch zur Bibliothek, die Bücher zu Improvisation und Filmaufzeichnungen bereitstellt und die am neuen Ort jetzt mehr Platz bekommen hat. Regelmäßige Öffnungszeiten hat diese Bibliothek zwar nicht, Interessierte können aber für einen Recherchebesuch Termine ausmachen.

Auch wenn ich hoffe, dass alles bald richtig abgeschlossen sein wird, muss ich sagen, Baustelle, das passt auch zu uns.

Initiator Matthias Schwabe

Das Herzstück der neuen Räume bildet der große Konzertsaal, der zwar auch als Workshopraum nutzbar sein wird, aber vor allem professionelle technische Gegebenheiten für Veranstaltungen bereitstellt. Beim zweiten musikalischen Teil des Abends kommt hier das „Opening Ensemble“ zusammen: sieben Improvisationsmusiker*innen und zwei Tänzerinnen, die ein weiteres Mal erfahrbar machen, was das Exploratorium ausmacht und was aus dem frei-improvisierten Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Künstler*innen entstehen kann.

In diesem Fall: Eine Annäherung, eine Klangwolke, ein Anlehnen von Violinklang (Biliana Vouchkova) und Körperausdruck (Fine Kwiatkowski), eine plötzliche Leere, ein Neuanfang und schließlich eine Schlusspose, ein Endpunkt, von allen im Zusammenspiel erfühlt.

Und zugleich: Auftakt für die neue Saison des Exploratorium am neuen Ort, die wieder Improvisationskonzerte, Workshops und Möglichkeiten der künstlerischen Begegnung bereitstellen wird.

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