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Roter Teppich bei der Berlinale - auch mit AfD-Politikern?

© Imago/Beata Siewicz

Update

Festival-Leitung hat entschieden: Berlinale lädt AfD-Politiker von Eröffnungsgala aus

Nach tagelangen Protesten gegen die Einladung von AfD-Vertretern zur Berlinale zieht das Festival Konsequenzen und informiert die Politiker, dass sie unerwünscht seien.

Nach vehementer Kritik an der Berlinale wegen der Einladung von AfD-Politikern zur Eröffnung der Filmfestspiele hat die Festivalleitung nun reagiert und die AfD-Abgeordneten wieder ausgeladen. Es handelt sich um fünf Politiker, darunter die Berliner AfD-Vorsitzende Kristin Brinker und der Bundestagsabgeordnete Marc Jongen.

Am Donnerstag teilte das Leitungsduo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian nun mit: „Gerade auch angesichts der Enthüllungen, die es in den vergangenen Wochen zu explizit antidemokratischen Positionen und einzelnen Politiker*innen der AfD gab, ist es für uns – als Berlinale und als Team – wichtig, unmissverständlich Stellung zu beziehen für eine offene Demokratie. Wir haben daher heute alle zuvor eingeladenen AfD-Politiker*innen schriftlich ausgeladen und sie darüber informiert, dass sie auf der Berlinale nicht willkommen sind.“

Die Diskussion war durch einen offenen Brief von knapp 200 Personen aus der internationalen Kultur- und Filmszene ausgelöst worden. Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek hatte sich in einem ersten Statement darauf berufen, dass das Festival lediglich Kartenkontingente an die Kulturstaatsministerin und den Berliner Senat vergebe und dann von diesen Namenslisten bekomme. Zunächst hieß es deshalb, man wolle den eingeladenen AfDlern in einem persönlichen Brief mitteilen, dass „Menschen – auch Mandatsträger –, die grundlegenden demokratischen Werten zuwiderhandeln“, nicht willkommen seien.

Im Tagesspiegel-Interview sprach sie dann von einem „großen Dilemma“, und dass sie generell dazu mit dem Senat und der Behörde der Kulturstaatsministerin in Austausch treten wolle. 

Seitdem hat offenbar ein Sinneswandel stattgefunden: In der jetzigen Mitteilung betonten Rissenbeek und Chatrian, dass durch den aktuellen Diskurs noch einmal deutlich geworden sei, wie sehr das Engagement für eine freie, tolerante Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zur DNA der Berlinale gehört. Die Berlinale basiere auf demokratischen Grundwerten, dafür stehe auch das von ihnen verantwortete Programm. 

Weiter heißt es: „In Zeiten, in denen rechtsextreme Personen in die Parlamente einziehen, will die Berlinale mit der heutigen Ausladung der AfD eine klare Position beziehen. Die Diskussion zum Umgang mit Politiker*innen der AfD betrifft auch viele andere Organisationen und Festivals. Diese Debatte muss gesamtgesellschaftlich und gemeinsam mit allen demokratischen Parteien geführt werden.“

Anfeindungen der Branche durch die AfD

Noch wenige Stunden zuvor hatte das „Netzwerk Film & Demokratie“, in dem zahlreiche Branchenverbände zusammengeschlossen sind, seine Besorgnis wegen der Eröffnungs-Einladung der AfD-Politiker geäußert. Das 2020 gegründete Netzwerk, zu dem unter anderem die Produzentenallianz, die AG Filmfestival, die Deutsche Filmakademie und der Bundesverband Schauspiel gehören, hatte an die Verantwortlichen appelliert, die bisherige Praxis der Einladung von AfD-Politiker:innen zu überprüfen und zu ändern.

Diese Forderung ist fürs Erste erfüllt. Die Frage des Umgangs mit der Haltung der Partei zu Kunst und Kultur ist damit aber noch nicht vom Tisch. „Filmpolitisch ist die AfD bisher lediglich durch Anfeindungen von Filmschaffenden und Anwürfen gegen Brancheninstitutionen aufgefallen“, heißt es in der Protestnote des Netzwerks. „Aus ihren Anträgen und ihrer Programmatik spricht der unverhohlene Wunsch nach einer staatlich in ihrem Sinne regulierten Kunst.“ Dort, wo die AfD mit der Filmbranche in Berührung komme, „sehen wir alle Beteiligten in der Pflicht, klarzustellen, dass völkisch-nationalistische Ideologie mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist“.

Mit der Ausladung der AfD-Politiker ist die Debatte also keineswegs beendet. Staatliche Kulturinstitutionen, ob es nun Bühnen, Museen oder Festivals sind, laden zu Eröffnungen und Premieren immer auch Politiker:innen ein, man denke nur an das jährliche Defilee in Bayreuth. Der deutsche Staat lässt sich die Kultur einiges kosten. Gleichzeitig ist die Kunstfreiheit ein hohes Gut. Deshalb lassen die Förderer von Bund, Ländern und Kommunen den Einrichtungen die Freiheit der Gestaltung und der Programme und mischt sich höchstens dann ein, wenn es zu antisemitischen, rassistischen oder anderweitig diskriminierenden Vorfällen kommt.

Die AfD will eine andere, deutlich regulatorischere Kulturpolitik, die den Künstlern und den Häusern die Richtung vorgibt. Deshalb ist es in der Tat an der Zeit, darüber zu reden, auf welche Galas von öffentlich subventionierten Events ihre Vertreter künftig eingeladen werden.

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