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Ausstellung "Der harte Norden" mit Arbeiten der schwedischen Metal-Expertin Ika Johannesson - Nordische Botschaften Berlin

© Nordische Botschaften Berlin

Heavy-Metal-Ausstellung: „Der harte Norden“ lässt es krachen

In den Nordischen Botschaften Berlin läuft noch bis September eine Ausstellung, die das Phänomen der skandinavischen Heavy-Metal-Musik beleuchtet.

Am Eingang der Nordischen Botschaften, die ziemlich beschaulich im Bezirk Tiergarten gelegen sind, wird man auf einem Riesenplakat stilecht auf die aktuelle Ausstellung im Inneren des Gebäudes hingewiesen: mit der Abbildung eines Totenkopfs. Der gehört einfach mit zu Heavy Metal, um den es bei „Der harte Norden“ geht. Dänemark, Island, Finnland, Schweden und Norwegen zeigen, was sie in diesem Musikgenre so zu bieten haben. Und dass man es in Skandinavien vor allem richtig hart mag.

Kirchen brannten, Friedhöfe wurden geschändet

Death- und Blackmetal, also die richtig brutalen Subgenres des harten Rocks, gab es auch schon, bevor sich skandinavische Bands dieser Spielarten Ende der Achtziger annahmen. Aber die Schweden erfanden den Death Metal genauso neu wie die Norweger den Black Metal. Machten ihn noch aggressiver, gewalttätiger, abstoßender und wurden damit weltweit ungemein populär. Vor allem im Black Metal und in der Szene der norwegischen Stadt Bergen arbeiteten Bands daran, ihre Musik immer randständiger und menschenverachtender zu machen. Kirchen brannten, Friedhöfe wurden geschändet und der Neonazi Varg Vikernes, mit seinem Bandprojekt Burzum bis heute der finstere Schatten einer ganzen Szene, ermordete einen Musiker aus einer anderen Band.

Es ist also auch ein gewisses Wagnis, ein derart umstrittenes Genre wie den Black Metal zu umarmen, wie es die skandinavischen Botschaften in Berlin tun. Aber in der Ausstellung selbst wird dann auch klar, warum man sich nun so deutlich zum Kulturexport Extreme Metal bekennt. Die Musik ist weltweit einfach verdammt erfolgreich. Heute mehr denn je. Viele der einstigen Undergroundbands treten längst mit auf den großen Metalfestivals auf.

Und als die Finnen von Lordi, eine Parodie auf Black-Metal-Bands, 2006 den Eurovision Song Contest gewonnen haben, wurde eine bizarr anmutende Subkultur sogar in der Schlagerwelt gefeiert. Etwas komisch fühle es sich schon an, sagt der ehemalige Drummer Kjetil Manheim von der norwegischen Black-Metal-Band Mayhem anlässlich einer derzeit laufenden Ausstellung über Black Metal in der Nationalbibliothek Oslo in einem Beitrag für Arte. Einst sei jemand wie er ein gesellschaftlich Ausgestoßener gewesen und nun werde so getan, als würden schon immer alle diese eigenwillige Form harter Musik lieben

Die schwedische Metal-Expertin Ika Johannesson in der von ihr kuratierten Ausstellung in den Nordischen Botschaften Berlin.

© Nordische Botschaften Berlin

Die wirklich heiklen Fragen vor allem rund um den Black Metal werden in der Berliner Ausstellung eher umschifft. Der Fall rund um Varg Vikernes wird aufgegriffen, indem man die reißerischen Schlagzeilen zeigt, die damals weltweit gedruckt wurden und in denen Vikernes hauptsächlich als Satanist bezeichnet wurde. Dass er ein fieser Neonazi ist, steht da nicht. Auch in dem Begleitheft zur Ausstellung, wo immerhin darauf hingewiesen wird, dass es auch Black Metal mit einer eindeutig neonazistischen Schräglage gibt, wird dieses Thema ausgespart.

Schrullig bis harmlos

In der Botschaft der skandinavischen Länder geht es durchaus um das Dunkle, das die Metalbands der extremeren Machart umtreibt. Ausgestellt werden etwa ein Streitkolben und andere Waffen, mit denen sich Black Metal-Musiker gerne für Inszenierungen als echte Krieger ablichten lassen. Man erfährt, dass es um die Begeisterung für das Okkulte und Heidentum geht in Abgrenzung zum Christentum. Und die ausgestellten Demo-Tapes zeigen, dass es vor allem in den Anfangstagen der skandinavischen Extrem-Metal-Bewegung einen wahren Wettlauf darum gab, wer die skurrilsten Skelette und Totenschädel auf die Cover zeichnen konnte. Aber wo genau das provokante Schreckspiel mit Zeichen endet und wo vielleicht doch Grenzen überschritten werden – auf einen derartigen Diskurs will man sich hier lieber nicht einlassen.

In einer Vitrine werden die vermeintlichen Einflüsse der skandinavischen Metaller gezeigt: H.P. Lovecraft, „Der Herr der Ringe“ und ein paar Comics. An einer Stelle wird eine Art Sitzecke in einem Jugendclub dargestellt, die zeigen soll, was man damals in Oslo und Bergen unter gemütlich verstand. An der Wand Poster von Rambo und den britischen Black-Metal-Vorläufern Venom. Alles ganz schön schrullig, aber doch irgendwie auch harmlos. Doch wenn man sich schon zu den bösen Buben bekennt und sie als genuin skandinavische Kultur und nicht Unkultur betrachtet, hätte man so manche trübere Quelle, aus dem sich der Black Metal speist, ruhig auch noch hinzuziehen können, um auch wirklich die ganze Geschichte zu erzählen.

Von Buben wird hier nicht umsonst geredet. Um solche handelt es sich bei den härteren Metalgangarten nämlich so gut wie ausschließlich. In dieser Welt, das muss man so sagen, ist der Mann immer noch derjenige, dem die Frau den Met bringt. Vielleicht bringen Frauen einfach nicht genügend „Zorn, Gewalt und Aggressionen“ mit, um in dieser Szene zu bestehen, mutmaßt die Kuratorin Ika Johannesson in ihrem Text zur Ausstellung. In dieser selbst wird die Frage mit den weitgehend fehlenden Frauen lieber ganz ausgespart.

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