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Swedish filmmaker Ruben Ostlund poses with his award for European Director 2022 for fis film "Triangle of Sadness" at the 35th European Film Awards in Reykjavik on December 10, 2022. (Photo by Halldor KOLBEINS / AFP)

© Halldor KOLBEINS / AFP

„Triangle of Sadness“ gewinnt Filmpreis: Hoffnungsschimmer für das europäische Kino im Kampf gegen Hollywood und Netflix

Mit „Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund hat vielleicht nicht der beste, auf jeden Fall aber der wichtigste Film des Jahres gewonnen.

Von Andreas Busche

Es liegt nicht nur an der atemberaubenden Natur und dem charakteristisch-trockenen Humor der Gastgeber, dass am Samstagabend bei der Verleihung der Europäischen Filmpreise in Reykjavík jede:r zweite Preisträger:in einen ausdrücklichen Dank in Richtung der Organisatoren schickt.

Der Verleihung auf Island, die ursprünglich schon für 2020 geplant gewesen war, fiebert die europäische Filmbranche seit zwei Jahren entgegen; als Schlussstrich unter die Pandemiejahre, in denen die Gala unter bescheidenen Umständen in Berlin, der Gründungsstadt der European Film Academy, abgehalten wurde.

Mit Island, ein weiterer Nebeneffekt, zeigt das europäische Kino zudem in diesem so wichtigen Jahr seine Reichweite auch geografisch auf.

Ein Regisseur mit Ambition und Ego

Daran, dass der schwedische Regisseur Ruben Östlund als großer Sieger aus dem Abend hervorgehen würde, hatte eigentlich niemand gezweifelt. Seine kapitalismuskritische Survival-Farce „Triangle of Sadness“, die seit Oktober auch sehr erfolgreich in den deutschen Kinos läuft, wird als bester Film des Jahres ausgezeichnet, außerdem gewinnt Östlund sowohl den Regie- als auch den Drehbuchpreis.

Sein Hauptdarsteller Zlatko Burić wird zum besten Darsteller gewählt. Die Entscheidungen überraschen auch dahingehend kaum, als die 4400 Mitglieder der Filmakademie sich bei der Preisvergabe traditionell auf den einen maßgeblichen europäischen Film einigen.

Allerdings ist „Triangle of Sadness“ in seiner Ambition - und gemessen am verschmitzten Ego seines Regisseurs - tatsächlich fast schon zu groß für das europäische Kino. Östlunds Produzent Philippe Bober macht in seiner Dankesrede aber auch eine bemerkenswerte Feststellung.

Während in Hollywood erst die passenden Kanäle gesucht werden, bevor ein Film überhaupt grünes Licht erhält, ist „Triangle of Sadness“ das perfekte Beispiel für klassisches Autorenkino, das auf der Vision seines Regisseurs beruht. Und dies sei, so die implizite Botschaft, die einzige Chance des europäischen Kinos gegen die Übermacht der US-Filmindustrie und der Streaminganbieter.

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Mit den 35. European Film Awards endet am Samstag auch der Monat des europäischen Films, eine Initiative von Akademie-Direktor Matthijs Wouter Knol. Der Aktionsmonat, aber auch die Kooperation mit dem Arthouse-Streamingdienst Mubi zeigen, dass die Filmakademie die Zeichen der Zeit erkannt hat.

Angesichts der Konkurrenz, der das Kino ausgesetzt ist, kann sich die Akademie nicht länger auf dem einigenden europäischen Gedanken ausruhen, mit dem sie sich bei ihrer Gründung 1989 (damals noch im geteilten Europa) legitimierte. Von den Verschiebungen in der globalen Filmproduktion bleibt auch das von den nationalen und internationalen Förderprogrammen abgesicherte europäische Kino nicht verschont.

Dass neben der Filmpolitik auch die große Politik an diesem Abend wieder eine Rolle spielt, gehört zu den Tagesordnungspunkten, mit denen man sich nach fast einem Jahr Ukraine-Krieg immer noch nicht abfinden will. Der Ko-Produktionspreis Eurimages für die ukrainischen Produzentinnen und Produzenten, die trotz der russischen Aggressionen die Filmindustrie in ihrem Land am Laufen halten (oder sich gerade im Kampfeinsatz befinden), ist dabei mehr als bloß symbolischer Natur.

Denn dass die Ukraine nicht nur Waffenlieferungen benötigt, sondern auch eine florierende Kultur- und Filmszene für die Zeit danach, das bestreitet selbst unter den aktuellen Umständen niemand. Eine traurige Fußnote ist in diesem Zusammenhang der Preis für den besten Dokumentarfilm „Mariupolis 2“ von Mantas Kvedaravicius, der im Frühjahr in der Ukraine getötet wurde.

Für das schönste Bild des Abends sorgen, nicht nur aus deutscher Sicht, die Akademie-Präsidentin Agnieszka Holland und Margarethe von Trotta, die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wird. Die beiden sind langjährige Weggefährtinnen; dass sie den Preis ausgerechnet von Holland erhält, freue sie besonders, erzählt von Trotta, die 1981 in Venedig - als erste Regisseurin bei einem A-Festival - den Goldenen Löwen gewann.

Von Trotta kann sich auch den Kommentar, dass erst drei Regisseurinnen beim Europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk geehrt wurden, nicht verkneifen. Holland springt ihr unterstützend zur Seite: „We Women will overcome!“ Und wie sie da so Arm in Arm auf der Bühne stehen, die eine 74, die andere gerade 80 geworden, nimmt man ihnen das sogar ab.

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