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Der Kreuzberger Wrangelbrunnen, Grimmstraße Ecke Urbanstraße.

© imago/Schöning

Kolumne „Berliner Trüffel“, Folge 31 : Flüsse-Quartett im Graefekiez

Sind so nasse Füße: Am Kreuzberger Wrangelbrunnen möchte man sich gerne zu Oder, Elbe, Weichsel und Rhein gesellen.

Eine Kolumne von Christiane Peitz

Na sowas, hält diese Grazie von Brunnenfigur etwa mein Finanzamt in Händen, die zinnenbewehrte ehemalige Dragonerkaserne am Mehringdamm? Da spaziert man mal wieder im Kiez herum, steht plötzlich vor diesem Brunnen an der Grimmstraße, Ecke Urbanstraße und stellt fest, dass man ihn schon tausendmal übersehen hat.

Ein Riesending, dieses Sieben-Meter-Granitbecken mit plätschernden Wassern. Beneidenswert sonnengeschützt sitzen die vier Brunnenfiguren unter der Bronzeschale auf mittlerer Höhe und lassen sich die nackten Füße benetzen. Wrangelbrunnen heißt er, benannt nach eben jenem Generalfeldmarschall, der auch der Straße am Mariannenplatz ihren Namen gab. Da wohnten wir mal, in den Achtzigern.

Okay, Wrangel war ein Preuße (und Hauptstifter des Brunnens). Aber das mit der Dragonerkaserne entpuppt sich dann doch als optische Täuschung. In Wahrheit handelt es sich um das Zinnentor der Festung Küstrin an der Oder. Die von Hugo Hagen entworfene Brunnenskulptur versammelt Allegorien auf alle vier großen preußischen Flüsse, genau wie Reinhold Begas’ Neptunbrunnen zwischen Marienkirche und Rotem Rathaus.

Neben der Oder hockt jedenfalls die Elbe (samt Schaufelraddampfer „Königin Elisabeth“). Auf der anderen Seite die Weichsel, mit Ruderblatt, wegen der Flößer. Und der Bartträger mit Schwert, Füllhorn und Rebenkranz verkörpert Väterchen Rhein.

Die Oder hat das Tor der Festung Küstrin dabei.

© Christiane Peitz

Zu gerne möchte man sich in der Sommerhitze zu ihnen ins kühle Nass gesellen. Sehr tiefenentspannt schauen sie drein, fast könnte man sie für mürrisch halten. Genau wie die Putten obendrüber, unter der zweiten, kleineren Schale – Personifizierungen von Kunst, Handel, Wissenschaft und Industrie (oder auch von Ackerbau und Wehrkraft, die Exegeten sind sich da uneins). Der sprudelnde Pinienzapfen on top fungiert als Duschkopf der Erfrischungsanlage.          

Ursprünglich stand der Wrangelbrunnen auf dem Kemperplatz, da wo heute das Sony-Center ist, in der Nähe der Philharmonie. Eingeweiht wurde er am 22. März 1877, mit einem Tag Verspätung, das Wetter war schlecht. Theodor Fontane spazierte damals von seiner Wohnung in der Potsdamer Straße gerne zum Brunnen, hockte sich dort auch mal auf einen Fünfpfennig-Klappstuhl. 25 Jahre später zogen das Flüsse-Quartett und die Putten dann von Tiergarten in den Graefekiez um. Wie sie das wohl machten? Unsereins nimmt den M41er. 

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