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Mariupol, 9. März 2022. Das russische Militär bombardiert eine Entbindungsklinik.

© AP/Mstyslav Chernov

Kolumne „Mehrwert“, Folge 18: Es tut weh, dies zu sehen

Das Unrecht bezeugen: Das Human Rights Film Festival Berlin zeigt Filme aus der Ukraine. Und eine Doku der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi.

Eine Kolumne von Christiane Peitz

Vier weiße Wände, kein Tageslicht, keine Geräusche, kein menschlicher Kontakt: „Weiße Folter“ heißt die Methode, mit der Gefangene im Teheraner Evin-Gefängnis zu falschen Geständnissen gezwungen werden. Die inhaftierte Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi, die soeben mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde und bereits vielfach im Gefängnis saß, interviewte 2021 in einer Haftpause ehemalige Gefangene, die diese Art Folter erleben mussten. Ihr Dokumentarfilm „White Torture“ wird am kommenden Freitag in einer Sondervorführung beim Human Rights Film Festival in Berlin gezeigt (Colosseum, 19 Uhr).

Die gewaltsame Niederschlagung der Proteste im Iran, der neue Krieg in Nahost, der Kriegsalltag in der Ukraine – in zahlreichen Regionen der Welt prägen Unruhen, Fehden und Gewalt den Alltag der Menschen. Man braucht sich nur die Programme des Menschenrechts-Filmfestivals (11.–22.10., in 7 Berliner Kinos) oder des noch bis Donnerstag in drei Berliner Kinos laufenden 13. Kurdischen Filmfestivals anzuschauen, um zu begreifen, was auf diesem Planeten alles überhaupt nicht in Ordnung ist.

So stellt das Kurdische Filmfest dieses Jahr die Region Rojhelat ins Zentrum, jenen Landstrich im Iran, aus dem die vor gut einem Jahr im Polizeigewahrsam getötete Kurdin Jina Mahsa Amini stammt.

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Unter den 42 Dokumentarfilmen des Human-Rights-Filmfests finden sich wiederum Beiträge über Frauen in Afghanistan, die seit der Rückkehr der Taliban sämtlicher Rechte beraubt sind. Über Nordkorea-Flüchtlinge und Opfer des Klimawandels im Globalen Süden. Über moderne Sklaverei, Diskriminierung von queeren Menschen, den Hunger in der Welt, soziale Aufstände oder das Engagement indigener Aktivist:innen: Menschenrechte können auf vielerlei Arten verletzt werden. Auch mithilfe Künstlicher Intelligenz, wie „Another Body“ zeigt, ein Film über die drastischen Folgen von Deepfakes mit pornografischen Inhalten.

Eröffnet wird das Festival am Mittwoch mit „20 Days in Mariupol“ (Colosseum, 19.30 Uhr). Ukrainische AP-Reporter:innen sitzen in der von Russen belagerten Hafenstadt fest und filmen, was geschieht. Kinder sterben, Massengräber werden ausgehoben, eine Geburtsklinik wird bombardiert.

„Es tut weh, dies zu sehen. Aber es muss wehtun“, sagt der Regisseur und Pulitzer-Preisträger Mstyslav Chernov im Trailer. Sein Verstand wolle das alles am liebsten vergessen, aber die Kamera sorge dafür, dass das nicht geschieht. Folter im Iran, Kriegsverbrechen in der Ukraine: Das Leid zu bezeugen, macht es nicht weniger sinnlos. Aber die Zeugnisse erhöhen die Chance auf sein Ende, und sei sie noch so gering.
(Christiane Peitz schreibt in dieser Kolumne regelmäßig über Menschenrechte und Diskriminierung)  

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