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Eröffnung der 73. Internationalen Filmfestspiele Berlinale am 16. Februar 2023.

© dpa/Soeren Stache

Neue Berlinale-Leitung wird am Dienstag verkündet: Kulturstaatsministerin Claudia Roth präsentiert am Mittag die neue Intendanz

Eine Berliner Größe, ein internationaler Festivalmacher, eine Überraschungskandidatin? Am Dienstag hat das Rätselraten über die neue Festivalleitung ein Ende. Der oder die Neue tritt kein leichtes Amt an.

Im September hatte Claudia Roth versprochen, bis zum Jahresende eine neue Leitung für die Berlinale zu finden. Die Kulturstaatsministerin hält Wort: Am morgigen Dienstag tagt turnusgemäß der Aufsichtsrat der KBB, der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin, zu denen auch die Filmfestspiele gehören. Als KBB-Aufsichtsratsvorsitzende hat Roth für 12 Uhr eine Pressekonferenz im Gropius Bau anberaumt: Sie werde über das Ergebnis informieren und „die Intendanz der Internationalen Filmfestspiele Berlin ab April 2024 vorstellen“, heißt es in der Einladung. Die designierte Intendanz werde ebenfalls an der Pressekonferenz teilnehmen.

Wer wird es sein? Statt einer Doppelspitze sollen künstlerische und geschäftliche Leitung wieder in einer Person vereint werden, so hatte Claudia Roth es Ende August bekannt gegeben. Eine Generalintendanz also mit einem starken Team drumherum.

Das bisherige Leitungsduo hört nach fünf Jahren auf. Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek hatte bereits Ende März verkündet, dass sie ihren Vertrag nicht verlängern wird, Carlo Chatrian als künstlerischer Direktor warf das Handtuch, nachdem es offenbar zu Unstimmigkeiten gekommen war.

Eigentlich hatte Roth mitgeteilt, Chatrian habe sich bereit erklärt, unter neuer Leitung „in konstruktive Gespräche über eine künftige Rolle im neuen Team der Berlinale einzutreten“. Der verstand dies jedoch als deutliche Absage an seine Person und gab kurz darauf eine persönliche Erklärung ab, dass auch er nach der Berlinale 2024 aufhört, die vom 15. bis 24. Februar stattfinden wird. Woraufhin internationale Filmprominenz den Umgang der Grünen-Politiker mit Chatrian scharf kritisierte, in einem von Martin Scorsese, Kristen Stewart, Margarethe von Trotta und hunderten anderen unterzeichneten offenen Brief.

Das Leitungs-Duo der Berlinale Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek bestreitet im Februar 2024 seine letzte Berlinale.

© dpa/Christoph Soeder

Seitdem spekuliert die Branche. Namen kursierten bis zuletzt nicht. Was daran liegen mag, dass kaum jemandem eine multitalentierte Persönlichkeit mit kuratorischer und wirtschaftlicher Festivalerfahrung und am besten auch mit Berlin-Expertise einfällt, die den anspruchsvollen Job so kurzfristig übernimmt. Einarbeitungszeit: drei Monate. So knapp war die Berlinale noch nie getaktet.

Könnte der Niederländer Matthijs Wouter Knol es sein? Knol ist seit 2021 geschäftsführender Direktor der European Film Academy und hat eine langjährige Berlinale-Vorgeschichte als ehemaliges Mitglied der Auswahlkommission, früherer Leiter der Berlinale Talents und anschließend des European Film Market. Aber er engagiert sich gerade sehr für eine Erneuerung der Academy, unwahrscheinlich, dass er dort schon wieder seinen Hut nimmt.

Kurz aufhorchen ließ das überraschende Ausscheiden von Maria Köpf als Ko-Leiterin der Deutschen Filmakademie Ende November nach viereinhalb Jahren. Die frühere Filmproduzentin und zeitweilige Geschäftsführerin der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein hat allerdings keinerlei kuratorische oder Festivalerfahrung.

Umso spannender, wen die von Roth berufene sechsköpfige Findungskommission für das Amt gewinnen konnte. Die Runde setzt sich aus Oscar-Gewinner Edward Berger („Im Westen nichts Neues“), Akademie-Geschäftsführerin Anne Leppin, dem Produzenten Roman Paul und der Schauspielerin Sara Fazilat zusammen. Außerdem gehören Roth selbst und der Berliner Senatskanzlei-Chef Florian Graf dem Gremium an.

Claudia Roth bei der Verleihung des Goldenen Ehrenbären an Steven Spielberg auf der Berlinale 2023.

© imago/Frederic Kern

Wäre eine internationale Lösung wünschenswert? Nicht unbedingt, denn die nicht einfache Sponsorensuche und die Zukunft der Spielstätten (am Potsdamer Platz gibt es außer im Berlinale-Palast inzwischen nur noch Vorführungen fürs Fachpublikum) erfordert Ortskenntnis und ein gutes Netzwerk vor allem hierzulande.

Immerhin zeichnet sich beim klammen Budget – insgesamt rund 32 Millionen Euro, von denen etwa ein Drittel aus Festivaleinnahmen stammt – Entspannung ab. Rissenbeek und Chatrian hatten der Berlinale im Sommer einen drastischen, viel kritisierten Sparkurs einschließlich Programmverkleinerung und Verabschiedung von Sektionen verordnet, nachdem klar war, dass die Bundesförderung lediglich um 400.000 Euro steigen wird. Und dass Sponsorengelder die Kostensteigerungen nicht auffangen können, auch bei anderen Veranstaltungen sind sie kaum noch aufzutreiben.

Im Hintergrund-Gespräch war vergangene Woche zu vernehmen, dass die Basisförderung in Höhe von 10,7 Millionen Euro nun doch aufwachsen soll, um insgesamt 1,9 Millionen Euro. Das ist in etwa die Summe, die die Berlinale noch in diesem Jahr pandemie- und krisenbedingt als Extra bekam. Sie soll offenbar verstetigt werden, vorbehaltlich der Ampel-Entscheidung zum derzeit ja als Ganzes noch offenen Bundeshaushalt 2024.

Auch bei der Forderung, das Land Berlin möge endlich bei der Finanzierung des nach der Stadt benannten Festivals einsteigen, zeichnet sich ab, dass dies bald geschieht. Zuerst hatte die „B.Z.“ darüber berichtet, dass die Berliner CDU sich für einen jährlichen Zuschuss von bis zu zwei Millionen Euro einsetzt. Das Geld, so das Blatt, solle vorerst aus dem Lottotopf kommen, später aus dem regulären Haushalt. Knapp vier Millionen Euro mehr für die Berlinale: Finanziell ist die neue Leitung besser aufgestellt als ihre Vorgänger.

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