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Paul, Zachi und Gustav (von links) sind seit ihrer Kindheit befreundet Die Gruppe 01099 gründeten sie im Jahr 2018.

© Arida Flack

Neues Rap-Album von 01099: Persönlich, nahbar und ohne Geprotze

Klischeefreier Deutsch-Rap: Die Dresdner Gruppe 01099 hat ihr zweites Album „Altbau“ veröffentlicht und einen Song mit Cro aufgenommen.

„Aus den Zweitausendern/Kinder, die viel draußen war’n“, singt Zachi im Track „2000er“ und beschreibt damit, wie sich die Mitglieder der Gruppe 01099 in ihrer Kindheit in Dresden kennengelernt haben. Mit der Zeile „Jetzt fang’n sie zu rauchen an“ holt der Track ihres gerade erschienen zweien Albums „Altbau“ das Geschehen in die Gegenwart.

In der sind die vier Männer – alle Anfang 20 – auf dem Weg von Newcomern zu etablierten Musikern. Rapper Paul sagt, dass er ein wenig Angst davor hat, weil Newcomern mehr verziehen würde. „Den Status haben wir sicher noch eine Weile, bisher ist alles sehr frisch.“ Er muss lachen, denn „Frisch“ ist der Titel ihres Sommerhits 2021.

Spätestens seit den Songs „Frisch“ und „Halligalli“ (zusammen mit BHZ und Longus Mongus) sind 01099 auf dem Popmusikradar in Deutschland angekommen. Die 2018 gegründete Gruppe besteht aus Paul, Gustav, Zachi und Dani, wobei letzterer sich derzeit eher auf sein Studium konzentriert. Das Debütalbum „Morgensonne“ von 2020 war eine Mischung aus Pop und Hip-Hop wie sie auch Apache 207 und Capital Bra pflegen, und woran sie nun mit „Altbau“ anknüpfen.

Paul beschreibt es im Zoom-Interview als „Übergang aus Sound, den die Leute erwarten, hinein in etwas Neues.“ Es gebe nun mehr Experimente, die sich durch neue Kontakte ergeben haben. Zachi ergänzt, dass „Altbau“ definierter sei als „Morgensonne“, denn nun wüssten sie genau was sie sagen wollen.

Mit Cro entstand der Song „Glücklich“

Gesanglich wirken die zwölf Songs klarer, aber auch glattpolierter. Während ältere Tracks oft durch Pitches, ausgefallene Lyrics und wilde Kreativität überraschten, fügt sich „Altbau“ nahtlos in die aktuelle Deutschrapwelt ein. Trotzdem behalten 01099 ihren Witz, bauen etwa im Refrain von „Keks“ eine „Bibi-Blocksberg“-Anspielung ein: „Unsre Musik, die verzaubert, es macht hex-hex/ Dich find’ ich cool, doch der Rest sind alle Kecks /Du bist neidisch, denn ich chill’ mit deiner Ex“.

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Neben Produzenten wie Miksu und Macloud, die sonst auch mit Capital Bra und Bausa arbeiten, sticht vor allem ein Feature auf dem Album hervor: der Song „Glücklich“ zusammen mit Cro. Laut Paul hat der Pandamasken-Rapper den Dresdnern einfach auf Instagram geschrieben „Ich mag’s nicht, ich lieb’s“.

Dann kam die Idee auf, zu kollaborieren, der Song mit dem Old-School-Beat und dem funky Bass-Synthie entstand. Die Stimmen von Gustav und Cro sind mit Autotune verzerrt, während sie über ihr Liebesglück singen. „Die Welt ist ruhig und das Gras wird grüner/ Weiße Wolken türm’n sich über mir drüber“. Später kommt noch ein Rap-Part von Zachi dazu.

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„Altbau“ strotzt vor jugendlicher Energie und macht Lust auf einen Sommer im Park. Die Lieder von 01099 wirken stets persönlich, nahbar und entspannt. Dabei fällt auf, dass die Texte, die immer wieder französische Zeilen enthalten, ganz ohne das im Deutsch-Rap übliche Geprotze und Mackergehabe auskommen. Autos, dicke Uhren und Frauenfeindlichkeit wird man in den Lyrics nicht finden.

Materialismus und Sexismus lehnen sie ab

Paul hebt hervor, dass es zu ihren Grundsätzen gehört, nicht mit materiellen Dingen zu prahlen. Zachi ergänzt: „Damals war das nur lustig gemeint, heute wissen wir, dass wir eine Bühne haben, die wir nutzen können.“ Und so denken sich 01099 schon mal eigene Statussymbole wie Durstlöscher-Eistee aus.

Dass sie wenig mit Materialismus anfangen können, hängt wohl auch mit ihrer Herkunft aus der Dresdner Neustadt zusammen. In dem Viertel, kamen in den neunziger und nuller Jahren viele linksalternative Menschen zusammen, hier hatten die Jungs von 01099 eine unbeschwerte Kindheit. Im Track „Dies & Das“ klingt das dann so: „Rapper flexen mies und werden hektisch/ Aber meine Family macht so, weil es echt ist.“ Der Song klingt gewohnt lässig und hat die Energie eines sorglosen Sommertages.

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Ein weiterer Grundsatz der Gruppe ist der Verzicht auf Sexismus. „Ich erinnere mich“, sagt Paul, „an die Line: ‚Singe ab jetzt nie mehr über Bitches’ und seitdem war es vorbei.“ Gemeint ist der Song „Intro“ feat. Mioso und tatsächlich finden sich bei 01099 keine diskriminierenden Aussagen. „Sexismus sollte in der Gesellschaft keine Daseinsberechtigung haben, deshalb ist es uns wichtig, dass wir in unseren Texten nicht sexistisch sind. Das ist unser Zeichen, dass Deutschrap da ein Problem hat“, sagt Zachi im Gespräch.

[„Altbau“ erscheint bei Groove Attack. Konzert: 11. April, 20 Uhr Kesselhaus]

Auch sonst kommen in den Texten der Gruppe Themen vor, die in dem Genre eher selten anzutreffen sind, etwa wenn es in „5 auf dem Esstisch“ heißt „schau auf die AfD herab wie ein Kolibri“. Die Opposition zur AfD ist oft Thema in ihren Songs, „Heute kennt fast jeder uns’re Postleitzahl/ Keiner will bei uns die AfD im Landtag haben“, lauten zwei Zeilen aus „Outro“.

Dresdner Wurzeln sind wichtig für die Songs

Zachi meint zwar, er halte von Grenzen und Patriotismus eher wenig, aber es sei eben doch wichtig, wo sie herkommen: „Ich finde es gut, dass wir nach außen treten als Leute aus Dresden und eine andere Message verbreiten als die, dass in Dresden nur Nazis wohnen.“ Paul fügt hinzu: „Wir haben schon ein Stück Ostidentität. Das ist halt unsere Herkunft.“ Eine Heimat die zwar plakativ im Namen steht, aber sonst eher unterschwellig durch die Erwähnung der Elbe oder von Sternburg Bier einen Weg in die Songs findet. „Wir sind stolz, das geschafft zu haben, was wir machen und gleichzeitig aus Sachsen zu sein“, sagt Paul, der wie Zachi inzwischen in Leipzig wohnt.

Ein wiederkehrendes Motiv ist die Family und der Spruch „01099istdiefamily“. „Die Family steht für das, was uns ausmacht: das Viertel, der Zusammenhalt“, hebt Paul hervor. „Man hat die Crew, aber auch die Hood und die Leute, die den Vibe fühlen, die sind auch Teil der Family.“

Das habe er letztens sogar für die Dauerausstellung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden aufgeschrieben. Während die beiden Musiker über die Family und Dresden sprechen kommt Sehnsucht auf. „Ich will mal wieder in die Neustadt“, sagt Zachi. Ein Wunsch der zum Tourauftakt in Erfüllung ging – er fand letzten Freitag beim Klimastreiktag in ihrer Heimatstadt statt.

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