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CITY Lights: Sado, maso, macho, porno

Als gebürtiger Oberhausener hatte Christoph Schlingensief auch zum Filmaufbruch um das dortige Manifest ein besonderes Verhältnis. Schließlich drehte er schon mit acht seinen ersten Super8-Film.

Als gebürtiger Oberhausener hatte Christoph Schlingensief auch zum Filmaufbruch um das dortige Manifest ein besonderes Verhältnis. Schließlich drehte er schon mit acht seinen ersten Super8-Film. Fast 30 Jahre und etwa 50 eigene Filme später (der Neue Deutsche Film hatte sich unter anderem mit Sönke Wortmanns „Der bewegte Mann“ und Detlev Bucks „Männerpension“ längst das Grab geschaufelt) schien dem immer noch jungwilden Filmemacher die Lage für ein Requiem auf die einstigen Errungenschaften reif. Mit Die 120 Tage von Bottrop (1997) dreht er selbst den „letzten Neuen Deutschen Film“ – als wütenden, wie im Rausch inszenierten und immer wieder boshaft mit TV-Mitschnitten einer Filmpreisverleihung garnierten Abgesang. Den narrativen Rahmen gibt das Making-of eines Remakes von Pasolinis „Die 120 Tage von Sodom“ unter der Regie eines gewissen Sönke Buckmann, der seine Unbedarftheit notdürftig hinter einer Fassbinder-Maske versteckt. In der Besetzung schillern neben ehemaligen echten Fassbinder-Aktricen und Schlingensief-Vertrauten wie Margit Carstensen und Irm Hermann auch Helmut Berger, Frank Castorf, Roland Emmerich, Oskar Roehler, Sophie Rois, Martin Wuttke (als Schlingensief mit Dornenkrone!) und der unvermeidliche Udo Kier. Die Musik stammt von Helge Schneider. Gezeigt wird das Spektakel nach Volksbühnen-Art heute zum 53. Geburtstag des 2010 gestorbenen Multi-Künstlers in einem Special mit dem Kurzfilm „My Wife in 5“ und einem Überraschungsprogramm mit Gästen.

Wer Udo Kier zehn Jahre jünger und in der Rolle als Liebhaber sehen will, muss am Sonnabend ins Moviemento gehen, wo mit Verführung: Die grausame Frau von Elfi Mikesch und Monika Treut (1985) ein Klassiker des sadomasochistischen Films auf die Leinwand kommt. Der spielt – wen wundert’s – in einem S/M-Salon und hat neben Kier weitere aus heutiger Sicht amüsante Besetzungsposten zu bieten. Die Rolle der Domina Wanda ging (in einem ihrer ersten Filmparts) an die ehemalige Pina-Bausch-Tänzerin Mechthild Großmann, die noch heute als Staatsanwältin der Münsteraner „Tatorte“ mit diesem Macho-Image spielt. Und ein gewisser Peter Weibel, in einer Nebenrolle als Journalist zu sehen, leitet heute als namhafter Medientheoretiker das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Rahmen der Vorstellung ist das Pornfilmfestival Berlin, das bereits im achten Durchgang mit den Mitteln der erotischen Attraktion die herrschenden sexuellen Machtverhältnisse unterlaufen will. Nicht nur wegen der Vielzahl der thematischen Perspektiven ist man dabei zum Glück von den Silikonbusen und -puppen der soeben zu Ende gegangenen Venus Messe weit entfernt.

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