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Moni (Christina Große, r.) hilft Silke (Gisa Flake) nach ihrem Sturz auf die Beine.

© Missingfilms

Kinodebüt mit Herz: „Sag du es mir“ erzählt vom Leben in der Platte

Der Kino-Einstand von Michael Fetter Nathansky erweist sich als vielversprechende Tragikomödie.

Die Havel, eine Bucht mit Neubauten und eine Brücke. Darauf zwei kleine Punkte, die sich aufeinander zubewegen. Die erste Einstellung von „Sag du es mir“ ist aus großer Höhe gefilmt, ohne dass sich die Kamera rührt – über eine Minute lang.

Der eine Punkt nähert sich der Brüstung, bis der andere Punkt vorübergeht, scheinbar unbeteiligt, und ihm plötzlich einen Stoß verpasst. Platsch. Punkt eins landet im Wasser, Punkt zwei entfernt sich.

Das ist schon der entscheidende Moment in Michael Fetter Nathanskys Abschlussfilm an der Filmuniversität Babelsberg. In drei Kapiteln erzählt der 27-Jährige, der auch das Drehbuch geschrieben hat, was dieser Augenblick mit den Leben der Beteiligten macht.

Mit René, dem Stoßenden, Silke, der Fallenden, und ihrer Schwester Moni. Immer wieder kehrt er zur Tat zurück, die Ausgangspunkt für ein Drama sein könnte. Doch Nathansky hat etwas anderes im Sinn: Er verwandelt „Sag du es mir“ in eine existenzielle Tragikomödie.

Zunächst steht Moni (Christina Große) im Mittelpunkt, und man könnte meinen, sie wäre Protagonistin in einem Film von Andreas Dresen: die flink abgefeuerten Dialoge, der Berliner Dialekt, die scheinbar so robusten Figuren.

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Nur dass „Sag du es mir“ nicht am Helmholtzplatz spielt, sondern in einer Potsdamer Plattenbausiedlung. Moni kommt nach fast 20 Jahren auf Mallorca in die Heimat zurück, um ihrer Schwester (Gisa Flake) beizustehen. „Wat machst’n du hier?“, ruft Silke vom Balkon hinunter. „Jut siehste aus“, ruft Moni zurück. Silke wieder: „Dit kannste doch von da unten jar nich seh’n.“

[In fünf Berliner Kinos]

Allmählich wird klar, dass nicht nur Silke nach ihrem Sturz hilfsbedürftig ist. Nathansky lässt die Episoden nacheinander ablaufen, schachtelt sie jedoch dramaturgisch ineinander. Mit jedem weiteren Perspektivwechsel legt er mehr der bitteren Wahrheit frei: Frustrationen, Enttäuschungen und eine fundamentale Leere treiben die drei Figuren um.

Silke kümmert sich um den pflegebedürftigen Vater (Hendrik Arnst) und hat sich längst von der Schwester entfremdet. Moni kämpft mit Alkoholproblemen und Depressionen, und der Polizist René (Marc Ben Puch) versteht sich nach seinem Schubser auf der Brücke selbst nicht mehr. Alle drei suchen Halt. Wo sie ihn finden, ist durchaus überraschend.

Die Handlung ächzt unter der Plotkonstruktion

Nathansky will Alltagspoesie mit ambitionierter Erzählstruktur verbinden. Der Regisseur verlangt seinem Film viel ab, baut sogar noch die Suche nach einem vermissten Mädchen ein. Die Handlung ächzt zuweilen unter der Last der eng geschnürten Plotkonstruktion.

Auch in die Wortwechsel mischt sich immer wieder der Beigeschmack des allzu pointiert Geschriebenen. Gleichzeitig spricht aus jeder Minute von „Sag du es mir“ eine tiefe Zuneigung zu den Figuren. Eine Wärme, die den Film auch über die erzählerischen Untiefen hinüberwuchtet.

Angesichts all des Wagemutes und der Inszenierfreude fällt es am Ende schwer, dieses vielversprechende, berlinernde Kinodebüt nicht zu mögen.

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