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Ausstellung zu 30 Jahre Mauerfall: Sandwüste, Grashalme, Todesstreifen

Bilder der Teilung: Zum 30. Jahrestag zeigt die Volksbank-Sammlung die Ausstellung „Zeitenwende – 30 Jahre Mauerfall“.

Der lehmfarbene Putz ist von Stockwerk zu Stockwerk geflickt, in dem braun-grauen Patchwork zeichnet sich der Giebel des abgerissenen Nachbarhauses ab. Davor die Berliner Mauer mit ihren senkrechten Fugen und schließlich die großen Steinquadrate des Gehwegpflasters. Der Blick endet in einer Sackgasse. 1990 malte der in Leipzig geborene Künstler Konrad Knebel seine „Berliner Mauern“ als kubistische Komposition in den Farben von George Braque. Mit seinem Pinsel spürte er den Fasern der Stadtgeschichte nach, von der Gründerzeit über zwei Weltkriege bis zur deutschen Teilung.

Die feine, geradlinige Ausstellung „Zeitenwende – 30 Jahre Mauerfall“ im Kunstforum der Berliner Volksbank schöpft aus der eigenen Sammlung und stellt packende Nachbarschaften her. Neben den „Berliner Mauern“ von Konrad Knebel hängt die ungewöhnliche Perspektive von Roland Nicolaus auf den Potsdamer Platz unter dem Titel „Ein Platz für Tiere“ aus dem Jahr 1989. Nicolaus arbeitete seit 1986 in einem Meisterschüleratelier der Akademie der Künste am Brandenburger Tor und blickte von dort auf den Todesstreifen. In seinem Bild knabbern Kaninchen an den spärlichen Grashalmen auf der Sandwüste. Die Mauer wirkt in der Ödnis eher schmal und klein.

Rainer Fetting gehörte zu den Neuen Wilden vom Moritzplatz

Das Bildpaar gegenüber unterscheidet sich vor allem durch die Farbe. Rainer Fetting, damals ein Neuer Wilder vom Moritzplatz, malte Häuser und Mauer in schrillem Violett, mit einem flammenden Baum davor. Im Westen blühte im Schatten der Mauer die queere Subkultur. Die Mauer als Motiv habe damals als banal gegolten, sagt Fetting im Film zur Ausstellung, als nicht kunstwürdig. Dagegen geht bei Stefan Plenkers Mauerbild von 1987 das Licht an. Der Dresdner sah die Mauer bei einem Galerie-Besuch in West-Berlin. Von Kreuzberg aus erschien sie licht und lustig, der Todesstreifen war fast verdeckt.

Besonders spannungsgeladen und eine eigene Ausstellung wert, ist die Reaktion der Künstler, die vor der Wende aus der DDR ausreisten. Hans-Hendrik Grimmling aus Leipzig stellte 1986 einen Ausreiseantrag, frustriert von der unerbittlichen Bürokratie. Nach der Wende versuchte er mit Kohlezeichnungen die Gedanken seiner Landsleute zu verstehen. Aber die Volk-Köpfe, wie die Serie heißt, bleiben dunkel und unzugänglich.

Auch Harald Metzkes malte die geteilte DDR-Gesellschaft. Da verglüht am 7. Oktober 1989 bei den Feiern zum 40. Jahrestag der DDR das künstlich bunte Feuerwerk am Himmel, ohne die Straße zu erreichen. Die Propaganda kracht ins Leere. Ein deutlicher Wink.

Der Grafiker Manfred Butzmann arbeitete grenzübergreifend

Ein eigenes Kapitel bildet das Kabinett mit der phänomenalen Serie „Das Steinerne Berlin“ des Potsdamer Grafikers Manfred Butzmann. Angeregt von dem gleichnamigen Buch des Stadtplaners Werner Hegemann, das 1930 erschien und 1933 von den Nazis verbrannt wurde, spürte Butzmann dem geistigen Gehalt der Gebäude nach.

[Kunstforum der Berliner Volksbank, Kaiserdamm 105, bis 15. 12.; Di bis So 10 – 18 Uhr.]

Er begann seine Recherche in Ost-Berlin, bekam dann eine Reisegenehmigung, um das Projekt im Westteil der Stadt zu komplettieren. Für die Aquatinta-Radierungen aquarellierte er die Motive zunächst, ehe er sie auf die Metallplatte übertrug. Die Ansichten des Bunkers in der Reinhardtstraße oder der Mauer in Kreuzberg verbinden die Präzision von Architekturzeichnungen mit der sinnlichen Qualität von Malerei.

Da gelingt es der Ausstellung, weit über das plakative Thema hinaus, ein Bild vom emotionalen Zustand der zerrissenen Mauerstadt zu zeichnen. Eine angenehm nachdenkliche Atempause in der Berliner Betriebsamkeit.

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