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Austausch zwischen dem Museum und seinen Besuchern, im neuen „Forum. Hamburger Bahnhof“. Dort wird auch die Geschichte des Hamburger Bahnhofs erzählt.

© Jacopo La Forgia

Tanz in den Juni: Der Hamburger Bahnhof lädt an diesem Wochenende zum Open House

Nach Rettung der Rieckhallen: Der Hamburger Bahnhof hat sich neu aufgestellt. Es warten eine neue Berlin-Ausstellung, ein Garten mit DJ und Bahnhofsgeschichten.

Wenn an diesem Wochenende der Hamburger Bahnhof zum dreitägigen Open House öffnet und sich das Programm der seit 2022 amtierenden Direktoren Sam Bardaouil und Till Fellrath voll entfaltet – mit Forum zur Geschichte des Hauses, mit neuem Outdoor-Rundgang und erstmaliger Dauerausstellung – fühlt man sich in manchen Momenten an die Wiedereröffnung des Hauses der Kulturen der Welt vor zwei Wochen erinnert. Nicht inhaltlich. Aber zum Beispiel in der Art, wie man auf Gäste zugeht.

Tageslicht, wo vorher keins war

„Es geht um Gemeinschaft“, sagt Till Fellrath bei der Pressekonferenz im nun wieder bespielten Westflügel. Unterschiedliche Stimmen sollen in dem Haus künftig zu Wort kommen, auch die, die man bisher zu wenig gehört hat. Das Museum will ein Ort der Begegnung sein. Auch architektonisch nutzen Bardaouil und Fellrath einen ähnlichen Kniff wie der neue Direktor des HKW: Sie haben Türen und Fenster geöffnet, die teils Jahrzehnte geschlossen waren.

Ein neues Fenster gibt Ausblick auf den Hof hinter dem Hauptgebäude, in dem sich etliche Outdoor-Werke befinden.

© dpa/Jörg Carstensen

Die Wände im Westflügels sind rosa gestrichen, ein neues Fenster im „Forum“-Bereich gewährt Durchblick und bald auch Zugang zum Hof mit Urs Fischers eingestürzter Mauer. Es gibt Tageslicht, wo vorher keines war und ganz neue Aussichten. „Nichts soll so aussehen, als sei es immer schon hier gewesen“, sagt Sam Bardaouil. Das Haus soll Gegenwart atmen.

Deshalb auch der neue Name: „Hamburger Bahnhof. Nationalgalerie der Gegenwart“. Die Beschriftungen sind neu, das Markenbild auch. Die bunten Fahnen flattern oben auf dem Dach.

Ruine, Bahnhof, Museum

Es wurde intensiv gezittert um das Haus, das 1996 zum Standort der Nationalgalerie gemacht worden ist. Nach zähem Ringen konnten Berlin und der Bund die vom Abriss bedrohten Rieckhallen und das Haupthaus vom Investor zurückkaufen. Eine Erfolgsgeschichte nur dann, wenn man’s vom Ende her sieht.

Historische Ansichten sind im „Forum Hamburger Bahnhof“ zu sehen: Verkehrs- und Baumuseum Ruine, Oktober 1945.

© Courtesy Silberstreif Verlag

Nach einem kleinen Fresh-Up sollen die Rieckhallen 2024 wieder bespielt werden. Auch das ein Grund zum Feiern an diesem Wochenende, mit DJs im Garten, Touren durchs Direktorenzimmer, mit Tango und Ausstellungsführungen.

Till Fellrath und Sam Bardaouil haben dem Haus gemeinsam mit Kuratorin Catherine Nichols zum ersten Mal eine Dauerausstellung verpasst. „Nationalgalerie: Eine Sammlung für das 21. Jahrhundert“ heißt die Schau im Westflügel, wo jetzt nur noch eine Beuys-Arbeit übrig geblieben ist. Die Ausstellung präsentiert Werke aus der Sammlung des Hamburger Bahnhofs, 18 Arbeiten wurden neu erworben.

Der Hamburger Bahnhof kooperiert außerdem dauerhaft mit den öffentlichen Sammlungen des ifa – Institut für Auslandsbeziehungen und der Kunstsammlung des Bundes. Ein neuer Ansatz. Man will sich als „zeitgenössisches Sammlungsmuseum“ positionieren. Vielleicht auch der Versuch, sich von den Privat-Sammlungen von Erich Marx und der 2021 ohnehin abgezogenen Sammlung Friedrich Christian Flicks zu emanzipieren.

Berliner Lebensgefühl

Die Schau stellt Berliner Kunst seit dem Mauerfall in den Fokus, will das Lebensgefühl und die spezifische Kunst, der einstigen Mauerstadt erkunden. Die gezeigten Fotos, Videos, Installationen thematisieren Maueröffnung, Freiheit auf den Brachen, Gentrifizierung, Turbo-Tourismus, Immobilienspekulation, Metropolenwerdung, Kolonialismus, Flucht und Migration.

Das Künstlerpaar Eva und Adele ist aus der jüngeren Berliner Kunstgeschichte nicht wegzudenken. Hier die Künstlerin Adele mit einem Foto der nicht anwesenden Eva vor ihrem Werk „CUM-Polaroids“.

© dpa/Jörg Carstensen

Mit dabei sind ein grandioses Videotagebuch von Tina Bara, Mauerbilder von Rainer Fetting, Betonskulpturen von Isa Genzken, eine Radio-Soundinstallation von Emeka Ogboh. Die jüngste Gegenwart markieren etwa eine Performancearbeit von Isaac Chong Wai oder eine Installation von Timur Si-Qin. Manche Arbeiten, wie Thomas Ruffs Porträts aus der Wendezeit oder Klara Lídens BSR-Mülleimer, hat man vielfach gesehen, andere sind neu, etwa Selma Selmans Installation aus Autokarosserien.

Ganz neu ist auch der frei zugängliche Bereich „Hamburger Bahnhof Forum“ hinter dem Buchladen im Erdgeschoss, der die Geschichte des ehemaligen Bahnhofsgebäudes und des gesamten, seit 1961 mitten im deutsch-deutschen Grenzgebiet liegenden Areals aufzeigen will.

Die „Unendliche Ausstellung“ schließlich, bietet einen Rundgang durchs Haus und nach draußen zu 19 dauerhaft installierten Werken, von Dan Flavins Lichtinstallationen bis zu Urs Fischers Mauer, die sich so gut in die Umgebung integriert, dass viele sie vielleicht noch nie wahrgenommen haben.

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