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Das Bild für das Cover von Estée Blus Single „All“ ist vor einer Kreuzberger Hauswand aufgenommen.

© Estée Blu

Treffen der Kreativbranche im Silent Green: „Zusammenarbeit gibt mir Kraft“

Die Künstlerin Estée Blu hat Wohlfühl-Workshops für Musiker entwickelt. Sie ist zu Gast beim CIRCE-Symposium. Ein Gespräch über Anti-Angst-Yoga und Benachteiligung in der Musikindustrie.

Das Creative Impact Research Centre Europe (CIRCE) lädt am heutigen Mittwoch Kreativunternehmer, Kulturschaffende und Künstler zu einem Symposium in Berlin ein. Die Kreativszene kann Lösungen für aktuelle, gesellschaftliche Herausforderungen gestalten, gesellschaftlichen Wandel befördern, davon sind die Macher überzeugt. Gemeinsam wird diskutiert, wer Kreativität definiert, wie widerstandsfähig sie ist.

Zu Gast sind etwa der Wiener Manuel Gruber, der mit seinem Unternehmen Vollpension Begegnung zwischen den Generationen organisiert oder die Designerin Anna De Mezzo, die sich mit Zukunftsvisionen für den Designsektor auseinandersetzt. Der Tagesspiegel sprach mit der Londoner Sängerin und Autorin Esther „Estée Blu” Lenda Bokuma, die während eines Stipendiums in Berlin die Plattform BLU WAV Artist Wellbeeing entwickelt hat.

Entspannung für die Musikerinnen bietet das Programm BLU WAV von Estée Blu.

© Estée Blu

Frau Bokuma, was genau macht BLU WAV?
Die Plattform kümmert sich um das künstlerische und ganzheitliche Wohlbefinden von Musikern. Obwohl BLU WAV allen Künstlern offensteht, habe ich eine Reihe von Wohlfühl-Workshops speziell für Schwarze Musiker und Kreative entwickelt. Während des Stipendiums habe ich die Angebote in Zusammenarbeit mit vier Fachleuten aus dem ganzheitlichen, spirituellen, künstlerischen und psychologischen Bereich konzipiert.

Was sind Wohlfühl-Workshops?
Elemente sind zum Beispiel eine virtuelle „Yoga for Anxiety“-Klasse, also Yoga gegen Ängste, mit Zakiya Bishton. Sie ist die Gründerin des ersten von Schwarzen Frauen geführten virtuellen Yogastudios in Großbritannien. Oder es gibt Gespräche mit der Psychologin Guilaine Kinouani, sie schrieb das Buch „Living While Black: The Essential Guide To Overcoming Racial Trauma".

Man wird auch in Berlin einen solchen Workshop erleben?
Ja, gemeinsam werden wir verschiedene musikalische Klanglandschaften hören, uns körperlich und reflektierend durch verschiedene Klanglandschaften bewegen - von traditioneller kongolesischer Musik bis hin zu einem Kristall-Soundbad von Jazreena Harlow. Und es wird Zeit geben, still zu sein, um unseren Körpern eine Pause vom Alltasgsstress zu gönnen.

Inwiefern ist „Wellbeeing“ bei Musikerinnen und Musikern ein Thema?
Mir geht es darum, den Folgen von strukturellem Rassismus, schlechter psychischer Gesundheit und finanzieller Ungleichheit unter Schwarzen Musikschaffenden in Großbritannien zu begegnen. Dazu gab es bisher keine ganzheitlichen, traumabasierten und traditionell afrikazentrierten Ansätze. Das ist aber wichtig, weil das zugehörige Wissen sonst verloren geht.

Sie untersuchen die Arbeitsbedingungen Schwarzer Künstler in Großbritannien als Musikmanagerin, als Autorin. Wie würden Sie diese beschreiben?
Dazu habe ich ein paar Zahlen: Drei von fünf (63 Prozent) Schwarze Musikschaffende haben direkten oder indirekten Rassismus in der Musikindustrie erlebt, 71 Prozent haben rassistische Mikroaggressionen erlebt. 31 Prozent aller Schwarzen Musikschaffenden glauben, dass sich ihr psychisches Wohlbefinden seit Beginn ihrer Musikkarriere verschlechtert hat, bei Schwarzen Frauen sind es sogar 42 Prozent. 38 Prozent der Schwarzen Musikschaffenden verdienen 100 Prozent ihres Einkommens mit Musik, bei den weißen Musikschaffenden sind es viel mehr, nämlich 69 Prozent. Die Zahlen entstammen einer Studie der Organisation „Black Lives in Music“, die 2021 zurr britischen Musikindustrie durchgeführt worden ist.

In dem Symposium geht es um die Zusammenarbeit zwischen Kreativen. Was bedeutet Kollaboration für Sie?
Kreative Zusammenarbeit ist nicht nur der Kern von BLU WAV, sondern sie definiert auch mein Leben als Mensch. Wie meine Mutter mich erzogen hat, mein kongolesisches Erbe, der belgische Einfluss und die verschiedenen Gemeinschaften, in denen ich in und rund um London aufgewachsen bin, haben mich geprägt, es war eine ständige Zusammenarbeit. Mir gibt diese Art zu Arbeiten und zu Leben viel Kraft, und ich wünsche mir, dass sich das in BLU WAV fortsetzt.

Sie machen selbst Musik. Haben Sie Lieblingsmusikorte in Berlin?
Berlin hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen, weil ich 2017, ganz am Anfang meiner Karriere, mit einem Hip-Hop-Jazz-Produzenten von hier namens El Vincento zusammengearbeitet und mit ihm meine erste offizielle Single namens „All“ veröffentlicht habe.

Das Cover meiner Single wurde vor seiner Wohnung in Kreuzberg fotografiert, und im Sommer hatte ich einen Live-Auftritt im Monarch in Kreuzberg, der so viel Spaß gemacht hat! Dieses Jahr kam ich für mein CIRCE-Stipendium in die Stadt zurück und bin jetzt schon zum dritten Mal seit Mai hier. Im nächsten Jahr bringe ich neue Musik heraus. Dann komme ich wieder, um noch mehr Orte zu entdecken.

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