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Griechisches Erbe. Gillys Denkmal für Friedrich den Großen (1796/97)

© SMB / Foto: SMB

Vordenker und Vorabeiter für Schinkel: Das neue Preußen, klassisch klar

Das Knoblochhaus zeigt die Entwürfe von Friedrich Gilly

Kometengleich verliefen Leben und Laufbahn von Friedrich Gilly. 1772 geboren, schloss er bereits als 18-Jähriger die Architektenausbildung ab und trat in den preußischen Staatsdienst ein. Ausgedehnte Studienreisen folgten. Mit 27 Jahren wurde er zum Professor für Optik und Perspektive an der neubegründeten Bauakademie berufen. Im selben Jahr 1799 hatte er geheiratet. Doch jäh brach seine Lebenskurve ab. Der Anfang 1800 geborene Sohn starb noch im Säuglingsalter, und von der Kur, die Gilly im Juli antrat, kehrte er nicht mehr zurück. Er verstarb am 3. August 1800 in Karlsbad an Tuberkulose, der Krankheit aus ungesunden Gemäuern.

„Kubus, Licht und Schatten“

Ganz im Gegensatz dazu, nämlich in die biedermeierliche Behaglichkeit des Knoblochhauses, ist jetzt die kleine, aber geradezu übervolle Ausstellung eingepasst, die unter dem Titel „Kubus, Licht und Schatten“ an das Werk des Baumeisters erinnert. Gebaut hat der jüngere Gilly – sein Vater David war ebenfalls Architekt – fast nichts. Es lag noch vor ihm; eine glanzvolle Zukunft als einem Erneuerer der Baukunst. So sahen ihn die bestürzten Zeitgenossen, so wurde sein Bildnis gleich nach seinem Tod von Schadow in Marmor verewigt. So verstand ihn vor allem der junge Karl Friedrich Schinkel, der durch einen Entwurf Gillys für ein Denkmal Friedrichs des Großen zum Beruf des Architekten bestimmt wurde.

Dieses Blatt von 1796 mit dem Entwurf eines gewaltigen Denkmalsbauwerks für den zehn Jahre zuvor verstorbenen Preußenkönig machte auf der Jahresausstellung der Berliner Kunstakademie Furore. Da war ein junger Baumeister, der – indem er an das schon im Untergang begriffene alte Preußen erinnerte, ein neues, klassisch-klares Preußen heraufbeschwor – jenem Geist verwandt, der die französische Revolutionsarchitektur dieser bewegten Tage beflügelte.

Das immerhin ein Meter dreißig breite Blatt, das einen griechischen Tempel auf weit ausgreifendem Unterbau zeigt, wie er auf dem Leipziger Platz hätte stehen sollen, wurde unversehens zum Vermächtnis Gillys. In einer eigens konstruierten Vitrine sorgsam geschützt, ist das Blatt das Hauptwerk der Ausstellung im Knoblochhaus, einer der Außenstellen der Stiftung Stadtmuseum. In Bleistift und Feder angelegt und farbig aquarelliert, kann das empfindliche Papier nur alle paar Jahre aus seinem Lagerschrank im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen hervorgeholt werden.

Die Ausstellung ist auf zu kleinem Raum gedrängt, um den weiteren Arbeiten Gillys zu angemessener Wirkung zu verhelfen. Gilly war ungemein produktiv; nur ist eben nichts gebaut worden, von einem antikischen Familiengrab abgesehen. Die Ausstellung, erarbeitet von Jan Mende, ist gleichwohl in fünf Kapitel gegliedert und bezieht Gilly in die Gedankenwelt seiner Zeit ein, die von Griechen-Verherrlichung, Licht-Metaphorik, aber auch von Gotik-Mystizismus bewegt war. So hat Gilly ein Hochofen-Gebäude gezeichnet, einerseits frühindustriell-fortschrittlich, andererseits bedrohlich wie ein Tor zur Unterwelt.

Im frühen 20. Jahrhundert erlebte Gilly eine Renaissance, als seine kompromisslosen Konstruktionen die frühe Moderne begeisterten. Ihren Nachhall finden die Zeichnungen von Pfeilern, Kuben und Pylonen in den Entwürfen eines Peter Behrens oder Mies van der Rohe.

Inwiefern es sich dabei um ein produktives Missverständnis handelt, ist eine andere Frage; Gilly war Lehrer für Perspektive und legte seine Blätter als bloßes Studienmaterial an. Was er selbst hätte bauen wollen, war klassisch-antikisch-monumental, von dorischer Härte, aber von der Romantik der „Zauberflöte“ umweht. In Schinkel fand Gilly seinen kongenialen Vollender und schließlich Weiterdenker.

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