zum Hauptinhalt
Walther König in seinem Bücherkosmos in Köln.

© Helga Meister

Walther König ist Art Cologne Preisträger: Wie sich zwei König-Kinder die Bälle zuwerfen

Walther König, der ältere Bruder des Ausstellungsmachers und Museumschefs Kasper König, erhält den Art-Cologne-Preis „für besondere Leistungen der Kunstvermittlung“. Keiner kennt den Kunstbetrieb von innen so gut wie er - außer seinem Bruder. 

Von Helga Meister

König und König, beide aus dem Münsterland, haben sich ein Leben lang die Bälle zugeworfen und tun es noch heute. 1962 startete Kasper als Volontär beim Kunsthändler Rudolf Zwirner, während Walther in der Bücherstube am Dom bei Hanns Meyer (Inhaber Albert Schultze-Vellinghausen) als Buchhändlerlehrling anfing. 1965 bis 1969 entschwand Kasper nach Amerika und entdeckte US-Künstler für Europa. Walther wäre seinem Bruder gern nachgereist, bekam aber die grüne Karte nicht. Doch die König-Kinder machten das Beste daraus. Sie gründeten 1968 den „Verlag Gebrüder König Köln - New York“, den Walther König seit 1973 allein führt, seit 2014 mit seinem Sohn Franz.

Die Verlagsgründung hatte Kasper aus dem damals noch sehr fernen New York dem Bruder eingeredet. Der sagt heute: „Ich hatte keine Ahnung, wie man einen Verlag gründet.“ Den Rat holte er sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite beim Verleger Ernst Brücher aus dem DuMont-Verlag, und die ersten Tipps schickte der Bruder von Amerika aus, später von all seinen Stationen in der Welt.

Die beiden Königs hatten Glück. Ihre erste Veröffentlichung „A House of Dust“ von Alison Knowles und dem Programmierer James Tenney aus dem Verteidigungsministerium in Washington wurde das erste computergenerierte Buch der Buchgeschichte. Es kam als fünf Kilo schweres Magnetband aus Amerika und wurde in München auf einer Spezialmaschine gedruckt. Walther König bekommt noch heute jährlich drei bis vier Anfragen von Kuratoren aus aller Welt, die das Werk ausstellen möchten.

Das Trüffelschwein

Kasper König gilt unter Freunden als Trüffelschwein. Er öffnete, anfangs von New York aus, die amerikanische Kunstszene für das deutsche Publikum. 1968 schickte er nicht nur seine eigensinnigen Postkarten über den Teich, sondern einen „sensationellen Koffer“, so sein Bruder, in den er die zuvor bei New Yorker Galerien eingesammelten Kataloge gepackt hatte. Und der kleine Kölner Buchverlag war mit einem Schlag international, die Kontakte waren geknüpft.

Eine Empfehlung von Bruder zu Bruder galt Franz Erhard Walther, der seine Brötchen als Bäcker in New York verdiente und aus Segeltuch Objekte zum Benutzen schuf, in die man sich hineinlegen oder sie überstülpen konnte. Die typografischen Vorlagen kamen in großen Schachteln nach Köln, versehen mit perfekten Fotos von Barbara Brown, der damaligen Lebensgefährtin von Kasper König.

Dennoch machte das „Handbuch“ den jungen Verlegern Kopfzerbrechen. Die Diagramme, Textzeichnungen und bruchstückhaften Bemerkungen zu den „Werkstücken“ entstanden in Handsatz. Damit das Produkt überhaupt Abnehmer fand, mietete das Duo zur ersten Kölner Kunstmesse den Festsaal der Kneipe „Zum treuen Husar“ und stellte das Buch bis in die Nacht hinein vor. Der erste Käufer war Paul Wember, die Autorität aus Krefeld, der als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Museums die Stadt zum Zentrum der Nachkriegsavantgarde gemacht hatte.

Erstlingswerke

Walther König holt den ersten, schmalen Katalog von 1970 hervor. Er enthält Erstlinge etwa von Robert Filliou, Jan Dibbets und Stanley Brouwn. Da es auch eine Auslieferungsadresse geben musste, wurde 1969 die Buchhandlung Walther König in Köln gegründet. Sie lag gegenüber vom Pressehaus des Stadtanzeigers, wo gedruckt wurde. Das letzte Buch, das König und König gemeinsam herausbrachten, war Jörg Immendorffs Buch „Hier und Jetzt: Das tun, was zu tun ist“ von 1973. Eine radikale, aber humorvolle, maoistische und biografische Fabel über Agitation und politisches Engagement in der Kunst.

Wenn irgendwo auf der Welt jemand ein Kunstbuch macht, fällt ihm unser Name ein.

Walther König, Verleger

Der kleine Verlag von einst brachte es auf mehr als 4000 Ausstellungskataloge, Monografien, Bildbände und Publikationen zu Kunst, Ästhetik, Architektur und Fotografie. Jährlich kommen 45 Neuerscheinungen hinzu. Künstler und Autorinnen, Museen und Galerien, Sammlerinnen und Kulturfreunde treffen sich in Königs Netzwerk.

Wie aber kommt ein Buchhändler zu abertausend Titeln weltweit? Hier wird Walther König prinzipiell: „Wir kaufen einfach alles, was in unser Sachgebiet fällt, es sei denn, es ist unter der Gürtellinie. Insofern haben wir es einfacher als andere Kollegen, die aus einer Menge von Büchern ihre Titel heraussuchen müssen.“

Jeder kennt jeden im Kunstbuchverlagswesen

In Deutschland rechnet König mit 200.000 potenziellen Kunden. Das ist eine ganz kleine Gruppe. Hinzu kommt, dass es immer weniger Verlage gibt, die Kunstbücher produzieren. Das führt dazu, dass jeder jeden kennt. Walther König: „Wenn irgendwo auf der Welt jemand ein Kunstbuch macht, fällt ihm unser Name ein. Früher mussten wir der Information hinterherlaufen, heute kommt sie auf uns zu.“

1981 wurde die erste Museumsbuchhandlung eröffnet, heute sind es 49 Filialen bis nach Amsterdam und Mailand, 16 allein in der Museumshochburg Berlin, darunter die größte Dependance gegenüber der Museumsinsel.

„Wir sind mit unseren Büchern immer dort präsent, wo es um Kunst geht, wo Messen und Ausstellungen sind“, sagt Walther König. „Wir haben seit 1968 bis 2022 mit einer Ausnahme auf der Documenta die Ausstellungsbuchhandlung betreut. Uns freut, dass immer mehr Leute Ausstellungen besuchen, einen Kaffee trinken und auf Bücher stoßen, die sie spontan kaufen, nicht nur Warhol und Richter oder die Farbenlehre von Albers, sondern das kleine Taschenbuch von Fischli und Weiss: ,Findet mich das Glück?’“

Und immer noch kommen zwei bis drei Mal in der Woche Postkarten an, mit Tipps vom Bruder, nach dem Motto: „Ich habe ein Buch gesehen, guck es dir unbedingt an.“ So gründeten sie 1981 den Gebrüder König Postkartenverlag, inzwischen mit passendem, weißen Rahmen. 6000 bis 7000 Postkarten sind lieferbar, mit Bildern und Sprüchen. Der beste Spruch stammt von Karl Valentin: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Davon ließ König Hunderttausende drucken, für eine Tüte, in die die gekaufte Postkarte gesteckt wird.

Walther König, der Büchernarr von Köln, hat über 2000 laufende Meter Kunstbücher, immer ein Exemplar pro Titel. „Die Bude ist voll, der Keller, das Lager und die drei Etagen der Verwaltung“, sagt er. Das Produzieren, Kaufen, Verkaufen und Sammeln von Kunst- und Künstlerbüchern ist sein Lebensinhalt. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false