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Smartphones sind Teil des Alltags, und zwar auch in der Schule, meint unsere Autorin.

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Kein Handy auf dem Schulgelände?: Diese Idee ist weltfremd

Smartphones gehören zum Alltag, auch für Kinder. Ein grundsätzliches Verbot auf dem Schulgelände wäre der falsche Weg und eine Gängelung von Familien.

Ein Kommentar von Karin Christmann

Online-Mobbing, App-Sucht, Bewegungsmangel: Smartphones haben einen Haufen Probleme in die Leben junger Menschen gebracht. Doch so schön es manchmal wäre, wegverbieten lassen sich diese Probleme nicht.

Deshalb ist ein allgemeines Handyverbot auf dem Schulgelände, wie es derzeit diskutiert wird, eine problematische Idee.

Kommunizieren wie in den Fünfzigern

Da gibt es zum einen ganz praktische Umstände. Warum sollten Eltern und Kinder miteinander kommunizieren müssen, als wären wir noch in den Fünzigern? Dazu ein Beispiel: Vormittags um 11 Uhr erreicht einen Vater die Nachricht, dass am Nachmittag spontan der beste Kumpel des Kindes aus der Nachbarschaft zu Besuch kommen kann. Das Kind soll also bitte nicht wie geplant noch ein Weilchen mit den Schulfreunden im Hort bleiben, sondern direkt nach Unterrichtsschluss nach Hause kommen.

Wer warum und ab welchem Alter ein Handy braucht oder nicht, das ist von so vielen individuellen Umständen abhängig, dass ein generelles Verbot nicht der richtige Weg sein kann.

Tagesspiel-Autorin Karin Christmann

Gilt ein Handyverbot, könnte er sich höchstens persönlich auf den Weg zur Schule machen, um diese Nachricht zu überbringen und das Kind einzusammeln. Denn wegen solcher Lappalien kann er ganz sicher nicht die Klassenlehrkraft oder die Sekretariatskraft bitten, die Brieftaube zu spielen.

Ja, früher wäre das Kind dann eben leer ausgegangen und hätte den besten Kumpel zwei Stunden später getroffen. Die Welt hätte sich weitergedreht. Aber warum soll man sich das Leben schwer machen, wo es dank gar nicht mehr so neuer Technik leicht sein könnte?

Es kann im komplex durchgetakteten Leben von Familien sehr gute Gründe geben, einem Kind ein Handy mit in die Schule zu geben. Es wäre anmaßend, den Eltern diese Entscheidungsfreiheit zu nehmen.

Früher war auch nicht alles besser

Man kann es zum Beispiel für Helikoptern halten, ein Kind alleine deshalb mit einem Handy auszustatten, weil es den Heimweg selbstständig bewältigt. Aber wer so denkt, der findet auch nichts dabei, dass früher ohne Gurtpflicht und Masernimpfstoff auch nicht alle heil bis ins Erwachsenenalter durchkamen.

Wer warum und ab welchem Alter ein Handy braucht oder nicht, das ist von so vielen individuellen Umständen abhängig, dass ein generelles Verbot nicht der richtige Weg sein kann.

Ein ganz anderes Thema ist das folgende: Natürlich darf der Schulalltag nicht davon bestimmt sein, dass die Kinder in allen Pausen gemeinsam vor dem Smartphone herumhängen oder dass sogar noch während des Schultags im Klassenchat über Mobbing-Opfer hergezogen wird. Aber dafür braucht es passgenauere Regeln und mehr pädagogische Mühe als ein Komplettverbot. Smartphones und vor allem soziale Medien bergen für Kinder sehr große Risiken, und auch die Schule kommt nicht drumherum, sich um dieses Thema zu kümmern.

Was den Unterricht selbst betrifft: Da haben die Handys natürlich draußen zu bleiben, solange die Lehrkraft nichts anderes sagt. Das muss selbstverständlich sein.

Aber wenn eine Zwölfjährige in der Pause allen Freundinnen ein paar Fotos auf dem Smartphone zeigen will, von welcher Anschaffung auch immer, die ihr Herz gerade höher schlagen lässt, dann ist das nicht der Untergang des pädagogischen Abendlandes.

Schule ist so viel mehr als Unterricht. Sie ist ein Lebensraum für Kinder. Und zum Leben gehören Smartphones mittlerweile dazu.

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