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EU-Kommissionschefin von der Leyen am Mittwoch bei ihrer Rede im EU-Parlament in Straßburg.

© AFP/FREDERICK FLORIN

Rede der EU-Kommissionschefin: Von der Leyen zeigt klare Kante gegen Putin – anders als Scholz

In ihrer Rede zur Lage der Union verfolgt von der Leyen eine sinnvolle Doppelstrategie – mit langem Atem im Ukraine-Krieg und Schritten gegen mögliche soziale Krisen in der EU.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

EU und Krise – das sind zwei Begriffe, die gerne in einem Atemzug genannt werden. Das ist durchaus berechtigt. Denn im zurückliegenden Jahrzehnt musste die Gemeinschaft, so gefestigt sie auch in ihren seit über 60 Jahren aufgebauten Strukturen dasteht, immer häufiger die Frage beantworten: Schafft sie es, sich gegen die inneren Fliehkräfte und global in der Welt zu behaupten?

Gegenwärtig richtet sich diese Frage an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit nie da gewesener Schärfe. Denn Russlands Präsident Wladimir Putin versucht, nicht nur die Ukraine zu unterwerfen, sondern auch die EU zu zerstören.

In ihrer dritten Rede zur Lage der Union hatte von der Leyen am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg die Gelegenheit, Putin die passende Antwort zu geben. Für die Chefin der Brüsseler Behörde, die seit Ende 2019 im Amt ist, ist diese Rede inzwischen eine bekannte Übung. Ihre erste jährliche Bestandsaufnahme stand 2020 ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Auch im folgenden Jahr ging es vor allem um die EU-Impfkampagne.

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Diesmal herrscht direkt vor der Tür der EU erstmals seit vielen Jahrzehnten ein brutaler Krieg. Der Überfall Russlands auf die Ukraine stellt für die EU eine Herausforderung dar, die noch einmal über die Bewährungsprobe während der Pandemie hinausgeht. Von der Leyen fand am Mittwoch – passend im blau-gelben Ukraine-Outfit – die passenden Worte.  Es geht um „Autokratie gegen Demokratie“, stellte sie klar.

Kanzler Olaf Scholz telefonierte am Dienstag 90 Minuten lang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

© Reuters/CHRISTIAN MANG

Richtigerweise ließ sie keinen Zweifel daran, dass zumindest in Brüssel noch keine Kriegsmüdigkeit eingesetzt hat. Während Kanzler Olaf Scholz am Tag zuvor mit Putin telefonierte und offenbar an eine baldige diplomatische Lösung glaubt, stellte von der Leyen die EU-Staaten auf eine wohl noch länger währende Auseinandersetzung ein. „Putin wird scheitern, und die Ukraine und Europa werden siegen “, zeigte sie sich überzeugt. Von Scholz hat man derart klare Worte bislang nicht gehört.

Nun kann niemand mit Sicherheit sagen, ob von der Leyens Voraussage tatsächlich eintreffen wird. Aber die Entschlossenheit, mit der die Kommissionspräsidentin eine Fortsetzung des Sanktionskurses klar stellte, ist auch ein Signal nach innen: Die EU-Staaten dürfen sich nicht spalten lassen, selbst wenn Putin die Lieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 demnächst nicht wieder aufnehmen sollte.

Von der Leyen dürfte gleichzeitig wissen, welche internen Risiken dieser Kurs birgt. Schon jetzt bekommen die Bürgerinnen und Bürger der EU die Kosten des Krieges in der Form gestiegener Gas- und Strompreise zu spüren. Im Winter dürfte sich die Lage noch verschärfen. Deshalb war es höchste Zeit, dass die Chefin der Brüsseler Behörde nach den inzwischen sieben Sanktionspaketen der EU nun gewissermaßen auch ein Paket zur Entlastung der Bürger auf den Weg bringt.

Die EU-Staaten, so lautet der Plan der Brüsseler Behörde, sollen übermäßige Gewinne von Stromerzeugern abschöpfen und zu Gunsten der Verbraucher abgeben. Auch Gas- und Ölkonzerne, die derzeit von den enormen Preissteigerungen profitieren, sollen einen Solidaritätsbeitrag leisten. Dem Ziel der Entlastung dient auch die von der Kommissionschefin geforderte Abkopplung der Strompreise vom teuren Gas.

Es liegt nun an den EU-Mitgliedstaaten, aus dem Bündel der Vorschläge der Kommissionschefin jene herauszugreifen, die sich möglichst schnell mit einem Mehrheitsbeschluss verwirklichen lassen. Spätestens Ende des Monats, wenn das nächste Treffen der EU-Energieminister ansteht, sollten die Bürgerinnen und Bürger wissen, welche Entlastungen sie konkret erwarten können. Anderenfalls würde Putin seinem Ziel einen Schritt näher kommen, mit den hohen Energiepreisen die EU von innen zu sprengen.

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