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Jair Lapid (l), Ministerpräsident von Israel, wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor dem Bundeskanzleramt begrüßt.

© dpa / Bernd von Jutrczenka

Sorge vor iranischer Atombombe: Lieber ein schlechtes Abkommen als gar keines

Israels Premierminister Yair Lapid warnt bei seinem Besuch in Deutschland vor überhasteter Diplomatie. Eine Alternative hat er nicht.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Um eine Kontroverse zu verstehen, hilft es oft, auf Gemeinsamkeiten zu blicken. Also: Worüber gibt es keinen Streit beim Streit über das Atomabkommen mit dem Iran?

Erstens: Alle stimmen überein – mit Ausnahme des Mullah-Regimes –, dass das oberste Ziel sein muss, Teheran vom Bau einer Atombombe abzuhalten. Zweitens: Alle stimmen überein – mit Ausnahme des Mullah-Regimes –, dass der Iran ein Schurkenstaat ist, der Terrororganisationen unterstützt und Israel mit Vernichtung droht. Weil es diesen Konsens gibt, ist klar, dass keine Seite die Sicherheit Israels ignoriert.

Israels Premierminister Yair Lapid war am Montag in Deutschland. In Gesprächen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock warnte er davor, zu den Grundlagen des alten Iran-Abkommens zurückzukehren. Das war, nach zwölf Jahren Verhandlung, im Jahr 2015 unterzeichnet worden. Es begrenzte Nuklearaktivitäten des Iran für zehn bis 15 Jahre. Sowohl das US-Außenministerium als auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigten, dass sich Teheran an die Abmachungen gehalten hatte.

Donald Trump kündigte das Abkommen 2018 auf

Kritiker indes monierten, dass ein Atombombenbau nur verzögert, nicht verhindert werde, das Raketenbauprogramm nicht einbezogen worden sei und durch die Aufhebung von Sanktionen Einnahmen generiert würden, die zur weiteren Unterstützung von Terrorgruppen eingesetzt werden könnten.

Donald Trump kündigte das Abkommen 2018 auf und setzte stattdessen auf „massiven Druck“. Daraufhin nahm der Iran sein Atomprogramm wieder auf und verfügt inzwischen über sehr hohe Bestände an angereichertem Uran. Die Bilanz der Gegner der Diplomatie spricht eher für eine Neuauflage der Diplomatie.

Lässt sich das alte Atomabkommen revitalisieren? Seit August 2022 liegt ein Entwurf vor, der nun aber vom Iran an neue, für den Westen unzumutbare Bedingungen geknüpft wurde. Ohnehin wird US-Präsident Joe Biden die Midterms abwarten wollen, und auch Lapid käme eine Einigung vor den Neuwahlen Anfang November höchst ungelegen. Doch die Uhren ticken.

Lieber ein schlechtes Abkommen als gar kein Abkommen: Das meinen inzwischen selbst hohe israelische Generäle sowie der Militär-Geheimdienst. Die Armee brauche schlicht mehr Zeit, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.

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