zum Hauptinhalt
Aktivisten des Bündnisses der „Letzten Generation“ bringen Tempo-100-Schilder am Verkehrsministerium an.

© picture alliance / PIC ONE/Stefan Müller

Streit um Tempolimit: Warum reden wir nicht schon längst über Tempo 100?

In der Politik hat sich der Disput um das Tempolimit-Gutachten der FDP zugespitzt. Doch wird hier über ein Limit gestritten, das fürs Klimaziel ohnehin kaum noch ausreichen wird.

Ein Kommentar von Jan Kixmüller

Wer öfters mit dem Auto über den Brennerpass nach Süden fährt, kennt die Strecke. Zwischen der deutsch-österreichischen Grenze und Innsbruck gilt seit einigen Jahren striktes Tempolimit 100 – der Umwelt zuliebe. Nach einigen Stunden Raserei auf deutschen Autobahnen fühlt man sich erst einmal ausgebremst und ist besorgt, dass die Fahrt zu lange dauert.

Doch dann kommt man mit den anderen Fahrern in einen Flow, es läuft auch langsamer, dafür ist alles etwas geruhsamer. Kein Raser drängelt von hinten, man kann ein bisschen in die Berge schauen. Und stellt am Brenner fest, dass man doch ganz zügig vorangekommen ist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

900 Milliarden Euro Klimaschäden

In Deutschland hingegen streiten wir nun um ein Tempolimit 120. Die CO₂-Einsparung fürs Klima sei nicht so hoch wie bisher angenommen und die Verzögerung koste die Wirtschaft zu viel Geld, argumentieren die Gegner. Doch am Ende geht es allein in Deutschland um bis zu 900 Milliarden Euro Kosten für Klimaschäden bis 2050, wie eine aktuelle Berechnung zeigt. Weit mehr als die angenommenen wirtschaftlichen Kosten des Tempolimits.

Allein die Schäden durch die Überschwemmungen im Ahrtal und an der Erft im Juli 2021 wurden auf mehr als 40 Milliarden Euro beziffert.

© dpa/Boris Roessler

Die unbedingt nötigen Klimaziele bis 2050 zu erreichen, bedeutet eine enorme Anstrengung, gerade auch für die Industrie, aber auch was grünen Strom für Millionen von PKWs bedeutet. Wir hinken aktuell den Klimazielen hinterher.

Weltweit müssen jährlich 1,4 Gigatonnen CO₂ eingespart werden, um 2050 bei netto null Emissionen zu sein. Das heißt, dass jede Tonne eingespartes CO₂ zählt, egal ob es bei Tempo 120 6,7 Millionen Tonnen oder nur knapp über einer Million Tonnen jährlich wären, so die Spanne im aktuellen Disput.

Energiekrise nicht vergessen

Und das ist nicht nur fürs Klima wichtig. Fast schon vergessen ist, dass wir auch aufgrund der Energiekrise alles, was möglich ist, einsparen müssen. Da ist es doch egal, ob man für die Fahrt von Berlin nach Frankfurt am Main viereinhalb oder fünf Stunden braucht.

Und warum reden wir eigentlich immer noch von Tempo 120 und nicht schon längst über Tempo 100, was in jedem Fall noch mehr Emissionen einsparen würde? Ich zumindest freue mich mittlerweile immer schon auf die entspannte Tempo 100-Strecke in Österreich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false