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Das AKW Emsland war im Fokus des Berliner Koalitionsstreits.

© INA FASSBENDER / AFP

Trotz Unkenrufen aus Berlin: Scholz’ Machtwort – kein Störfall für Rot-Grün in Hannover

Drei Atomkraftwerke laufen weiter, eines davon steht in Niedersachsen. Die Grünen werden versuchen, an entscheidender Stelle der neuen Koalition die Dauer mitzubestimmen.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

In einem hat der Altgrüne Jürgen Trittin recht: Das Machtwort auf Papier des Kanzlers zu den Atomkraftwerken ist ein Stresstest für die Ampel-Koalition. Aber ob der wirklich so extrem wird, wie Trittin meint, ist nicht sicher. Und ob Schockwellen Niedersachsen erreichen, auch nicht. Unkenrufe wie die von Trittin, ehedem rot-grüner Landes- und dann Bundesminister, werden vermutlich eher verhallen.

Warum? Weil bei den Grünen von heute eine völlig anders gepolte Generation das Sagen hat. Die will regieren, verändern im Bund und in diesem Flächenland. Diese Grünen sind ökologisch, keine Frage, aber machtbewusst und wollen gute Wahlergebnisse auf keinen Fall herschenken. Dogmatismus war gestern.

Wichtig ist der Kampf gegen Klimawandel, nicht untereinander oder gegen die SPD. Es spielt sich deshalb auch keiner mehr als besser- oder allwissend auf; das waren andere Zeiten, die von Joschka Fischer und Trittin.

Darin schenkten sich beide nichts. Die Grünen hat das nicht gestärkt. Den Nachfahren geht es jetzt um den Umgang mit der Entscheidung im Bund auf Landesebene, und was die für die Machtarithmetik bedeuten kann.

Immerhin haben die Grünen 5,8 Punkte hinzugewonnen und mit 14,5 Prozent ihr historisch bestes Ergebnis erzielt, weit über denen mit Trittin; während die SPD deutlich verloren hat, mehr als drei Prozentpunkte.

Klimapolitik soll auch in Hannover Grünen-Ressort sein

Das bedeutet für sich genommen schon etwas – und nun auch noch im Licht der Tatsache, dass eines von drei Atomkraftwerken, die weiterlaufen, in Niedersachsen steht. Dass es, wenn irgend möglich, nicht länger als bis April wird, könnte eine der Aufgaben sein, denen sich die Grünen verschreiben.

Was wiederum heißen könnte, dass sie für ihre Spitzenfrau Julia Willie Hamburg das Wirtschaftsministerium beanspruchen, daneben noch das Umweltressort, um mit Klimapolitik einen Schwerpunkt zu setzen. Alles im Blick auf Berlin und Robert Habeck, bloß in Hannover auf zwei Personen verteilt. Da wird Olaf Lies von der SPD, bisher Umweltminister, davor Wirtschaftsminister – was er zu gerne wieder werden wollte –, womöglich nicht zum Zuge kommen.

Aber die SPD muss auch schon etwas bieten für die gewünschte Neuauflage von Rot-Grün. Außerdem: Schon im Wahlkampf konnten sich alle darauf einrichten, dass das mit den Atomkraftwerken einen Kompromiss erfordern würde, einen schwierigen für die Grüne, wobei weniger für die neuen als für die alten.

Quasi vorausschauend haben beide Seiten darum die Gemeinsamkeiten betont. Vielleicht bietet ja das Thema Verkehr Spielraum, der Bau der Küstenautobahn A20. Die Grünen sind bisher dagegen. Nur können sie nicht überall dagegen sein. Das würde jede Koalition zu sehr stressen.

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